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Ägyptens Terror-Krieg: Zwei Generäle bombardieren Libyen


Ägyptens Terror-Krieg
Zwei Generäle bombardieren Libyen

Von dpa, pdi

31.05.2017Lesedauer: 3 Min.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi.Vergrößern des BildesÄgyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi. (Quelle: dpa-bilder)
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Die Terrormiliz IS tötet reihenweise Christen in Ägypten. Der Präsident lässt deshalb Al-Kaida-nahe Extremisten in Libyen bombardieren. Passt nicht zusammen? Aus Sicht Kairos schon.

Es dauerte nur ein paar Stunden, bis der Reflex einsetzte: Das ägyptische Militär veröffentlichte - unterlegt mit heroischer Musik - Bilder startender F-16-Kampfflugzeuge, die "Tag und Nacht" Angriffe auf Terror-Trainingscamps im Nachbarland Libyen flögen. Dort sei angeblich der jüngste Anschlag auf Christen in Ägypten geplant worden. Das Ende der Operation ist dabei genauso unbekannt, wie die Absicht des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah Al-Sisi.

Anschlag auf Christen

Auslöser war das, was am Freitagmorgen bei Al-Minja, einer ägyptischen Stadt südlich von Kairo passierte: Während über Al-Minja wie jeden Tag der Ortsname in großen weißen Lettern auf einem Felsmassiv thront, stoppen wenige Kilometer entfernt maskierte Männer einen Bus. Er ist mit koptischen Christen besetzt, die auf dem Weg zum nahen St. Samuel Kloster sind. Die Männer eröffnen das Feuer. 30 Menschen sterben, viele weitere werden verletzt.

Es war der jüngste Überfall auf die christliche Minderheit in dem Land. Schon im Dezember und im April waren bei Bombenanschlägen auf drei koptische Kirchen Dutzende Menschen getötet worden. Zu den Taten bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). So auch an diesem Freitag.

IS oder Al-Kaida?

Es folgten die Luftangriffe: "Ägypten wird niemals zögern, Terrorcamps anzugreifen", sagte Präsident Al-Sisi in einer Fernsehansprache. Doch etwas scheint nicht richtig zusammenzupassen. Zwar verriet das Staatsoberhaupt nicht, wo genau seine Luftwaffe bombardierte, doch aus Sicherheitskreisen sickerte schnell durch, dass es sich um den ostlibyschen Ort Derna handelte.

Der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zufolge wurde dort das Hauptquartier des Schura-Rats der Mudschaheddin bombardiert. Dieser steht jedoch dem Terrornetzwerk Al-Kaida nah und hat - soweit bekannt - keine Verbindungen zum IS.

"Angesichts der politischen Situation in Ägypten mussten die Behörden etwas unternehmen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen und die Menschen zu überzeugen, dass die Regierung handlungsfähig ist", sagt ein politischer Analyst und Libyen-Experte. Der Ägypter möchte nicht mit Namen genannt werden. Kritik an der autoritären Regierung ist in Ägypten nicht gerne gesehen.

Ziel ist die Destabilisierung

Diese Luftangriffe, meint er, führten zu nichts. Ägypten übe seit drei Jahren Einfluss in Libyen aus und habe 2015 schon einmal Ziele in Derna bombardiert. Noch immer seien dort Extremisten zu Hause.

Auch, ob die Regierung die Anschläge auf Christen so beenden kann, scheint mehr als fraglich. Die ägyptische Armee kämpft im Norden der Sinai-Halbinsel seit Jahren gegen einen Ableger der Terrormiliz IS. Die Terroristen töteten viele Ägypter und beanspruchen auch einen Bombenanschlag auf einen russischen Ferienflieger 2015 über dem Sinai für sich.

Seit Dezember nahmen Dschihadisten aber gezielt Christen ins Visier, die etwa zehn Prozent der mehr als 90 Millionen Ägypter ausmachen. Ihr Ziel ist die Destabilisierung der Regierung. Denn die Millionen Kopten sind eine wichtige Stütze Al-Sisis, der sich nach dem Sturz der islamistischen Muslimbrüder 2013 als ihr Beschützer inszenierte.

Neue Generation von Extremisten

Die Muslimbrüder - egal ob moderat oder radikal - lässt der Präsident heute als Terroristen verfolgen und rigoros wegsperren. Kritiker halten Al-Sisi vor, er züchte sich damit eine neue Generation von Extremisten selbst heran. Neben diesem Problem hat der Ex-General mit einer tiefen Wirtschaftskrise und schwindenden Beliebtheitswerten zu kämpfen. Eine Abkehr der Kopten kann Al-Sisi sich vor den Wahlen 2018 nicht auch noch leisten.

Nicht nur die Regierung in Kairo wünscht sich eine Stabilisierung im chaotischen Libyen, um dem Terrorhort und der Drehscheibe für Flüchtlinge endlich Herr zu werden. Immer wieder versuchen Dschihadisten, Ägypten über die Wüstengrenze zu erreichen: Nach Angaben der Präsidentschaft fing die Regierung alleine in den letzten drei Monaten 300 Geländewagen ab.

"Es gibt eine Menge Operationen"

Es ist dabei kein Geheimnis, dass Al-Sisi den einflussreichen libyschen General Chalifa Haftar als neuen starken Mann in Libyen bevorzugen würde. Der exzentrische Militärführer gilt als Schlüsselperson im Osten des Landes und ringt vor allem mit der international anerkannten Einheitsregierung im westlichen Tripolis um die Macht.

"Die Operation ist auch ein Weg, um Haftar in seinem Kampf zu unterstützen", erklärt der Libyen-Experte. Schließlich sei Derna als einziger Ort im Osten des Landes nicht unter dessen Kontrolle. Längst fordern ägyptische Würdenträger lokalen Medien zufolge aber, auch mit Tripolis verbündete Teile des Landes zu bombardieren.

Was genau der ägyptische und der libysche General vorhaben, bleibt abzuwarten. Ein Sprecher von Haftars Truppen teilte mit, nichts über Zeit und Ort von den mit Ägypten gemeinsam durchgeführten Luftangriffen sagen zu wollen. Aber: "Es gibt eine Menge Operationen".

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