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Korea-Gipfel: Kim geht den chinesischen Weg


Korea-Gipfel
Kim geht den chinesischen Weg

MeinungVon Asien-Korrespondent Finn Mayer-Kuckuk

Aktualisiert am 27.04.2018Lesedauer: 3 Min.
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Kim Jong Un und Moon Jae-in umarmen sich: Plant Kim die schrittweise Öffnung nach chinesischem Vorbild?Vergrößern des Bildes
Kim Jong Un und Moon Jae-in umarmen sich: Plant Kim die schrittweise Öffnung nach chinesischem Vorbild? (Quelle: Korea Summit Press Pool/ap)

Das Treffen von Kim Jon Un mit Südkoreas Präsidenten entschärft einen Weltkonflikt. Kim scheint einem historischen chinesischen Staatsmann nachzueifern. Eine Vision wird allerdings schöne Fantasie bleiben.

China hatte in den vergangenen dreißig Jahren vor allem eine Botschaft für Nordkorea: Öffnung und Reformen seien das richtige Rezept, um seine Herrschaftsform zu sichern und weltweiten Einfluss zu erlangen.

Ein armes, abgeschottetes Land nimmt letztlich keiner ernst – selbst wenn es mit Atombomben droht.

Bei Diktator Kim Jong Un schien die Botschaft zunächst nur zum Teil angekommen zu sein. Nachdem er 2012 die Macht übernommen hat, drangen Meldungen über Wirtschaftsreformen nach draußen. Fabriken und Bauernhöfe können ihre Produkte zum Teil auf Märkten anbieten und die Einnahmen nach eigenem Ermessen verwalten. Das hat Versorgungsengpässe beispielsweise bei Klopapier und Gemüse beseitigt. Aber nach außen blieb Nordkorea so abgeschottet wie zuvor. Kim riskierte durch seine Atomtests sogar immer strengere Handelssanktionen.

Das galt jahrelang. Es galt aber nur bis zu diesem Freitag.

Beobachter rieben sich die Augen

Das Treffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in hat so konkrete Ergebnisse gebracht, dass sich die Pessimisten unter den Beobachtern die Augen reiben. Ein konkretes Versprechen zur atomaren Abrüstung, vorgetragen vor der Weltpresse, war nur der Anfang. Die echte Sensation war der Entschluss, einen Friedensvertrag zu verhandeln. Sogar eine Wiedervereinigung war die Rede, irgendwann einmal, und davon, gemeinsam Wohlstand zu schaffen.

Das alles ist neu. Beobachter verweisen zwar darauf, dass es seit Anfang der Neunzigerjahre drei Runden der Annäherung und wohlklingende Absichtserklärungen gab, dass aber Nordkorea immer wieder in alte Muster zurückfiel. Doch der alte Herrscher und der neue Herrscher scheinen anders vorzugehen. Kims Vater Kim Jong Il hätte den Status quo nie ernsthaft angetastet. Er wollte sich alle Möglichkeiten offenhalten. Sein Sohn geht nun Verpflichtungen ein, die er kaum zurücknehmen kann, ohne das Gesicht zu verlieren.

Möglicherweise will er nun tatsächlich den chinesischen Weg gehen. Der Reformer Deng Xiaoping hat für das kommunistische China ein Modell entworfen hat, das auch für Kim attraktiv ist.

Kim könnte die Wirtschaft öffnen, ohne Macht zu verlieren

Deng hat zunächst in isolierten Teilen der Volkswirtschaft mit freien Märkten und Außenhandel experimentiert, aber Einreisen und Ausreisen nur langsam freigegeben. Diesem Vorbild könnte auch Kim folgen, ohne Macht zu verlieren.

Vielleicht war das von Anfang an seine Strategie: Erst mit allen Mitteln das Waffenprogramm vorantreiben, um zur Atommacht zu werden. Dann die Öffnungspolitik aus einer Position der Stärke heraus beginnen und so die Annäherung an den Süden unter eigener Regie betreiben.

Genau danach sieht es gerade aus.

Zugleich kann als ausgeschlossen gelten, dass Kim echte politische Reformen verfolgt, wie China sie seit Ende der 70er-Jahre geleistet hat. Das dortige System hatte nach dem Tod von Diktator Mao Zedong auf eine Herrschaft der Fähigsten umgeschaltet, in dem kein Einzelner mehr absolute Macht haben sollte.

Sollte Kim einen Sohn haben, soll er einmal herrschen

Den Kims dagegen haben im eigenen Land eine kommunistische Dynastie geschaffen, die sich schamlos an absolutistischen Monarchien orientiert. Es ist klar: Wenn Jong Un einen Sohn hat, dann soll dieser einmal als der vierte Kim auf den Thron. Aus China wird er weniger Kritik an dieser dynastischen Herrschaft hören als früher, schließlich läuft auch dort die Rückkehr zur Herrschaft des Einzelnen.

Wenn Kim aber wirklich abrüstet und die Wirtschaftsreformen vorantreibt, dann kann nach Aufhebung der Sanktionen sofort mit hohen Investitionen aus den Nachbarländern und dem Westen rechnen. Er wäre dann der Herrscher über ein deutlich reicheres Land – und könnte sich im Inland für den neuen Wohlstand feiern lassen.

Eine echte Wiedervereinigung ist dagegen praktisch undenkbar. „Wir sind ein Volk“, sagt Kim – aber das stimmt nicht. Die beiden Koreas haben sich geistig und materiell viel weiter auseinandergelebt als etwa Ost- und Westdeutschland. Eine Vereinigung unter der Führung Südkoreas wird Kim niemals akzeptieren. Eine Vereinigung unter Führung Kims wird Südkorea nie akzeptieren.

Dieser Teil der Erklärungen bleibt also schöne Fantasie.

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