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Anti-Mafia-Gesetz gegen Donald Trump: Er machte ihnen das Leben zur Hölle


Sensations-Anklage gegen Trump
Er machte ihnen das Leben zur Hölle

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns

Aktualisiert am 15.08.2023Lesedauer: 5 Min.
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Sensations-Anklage: Bei der vierten Anklage aus Georgia gegen Donald Trump ist einiges anders. (Quelle: Glomex)

Bei der vierten Anklage gegen Donald Trump ist einiges anders: Sollte er in Georgia verurteilt werden, könnte er sich nicht selbst begnadigen. Der Prozess könnte erstmals auch live übertragen werden.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

RICO. So lautet die Abkürzung, die Donald Trump viele Jahre Gefängnis einbringen könnte. Sie steht für "Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act", ein Gesetz, das sich eigentlich gegen kriminelle Organisationen wie die Mafia oder Drogenkartelle richten soll. Sie erlaubt es Staatsanwälten, ganze Gruppen in einer Art Sammelanklage vor Gericht zu bringen und verschiedene Delikte in einen großen Gesamtzusammenhang zu stellen. Im Bundesstaat Georgia soll es nun gegen den ehemaligen US-Präsidenten angewandt werden.

Denn nicht weniger als mafiös soll das konspirative Verhalten von Donald Trump und zahlreichen seiner Unterstützer nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 gewesen sein. Als damaliger US-Präsident soll Trump Anführer einer kriminellen Vereinigung gewesen sein, bestehend aus 18 weiteren Mitgliedern, die planmäßig versucht haben sollen, die Wahlergebnisse im Bundesstaat Georgia zu manipulieren.

"Trump und die anderen in dieser Anklageschrift Angeklagten haben sich geweigert zu akzeptieren, dass Trump verloren hatte, und sie schlossen sich wissentlich und vorsätzlich einer Verschwörung an, um das Ergebnis der Wahl rechtswidrig zugunsten von Trump zu ändern."

So ist es zu lesen in der 98 Seiten langen Anklageschrift der Staatsanwältin Fani Willis, die sie Montagnacht in Atlanta veröffentlichte, nachdem eine Jury die Anklage zugelassen hatte. Insgesamt 41 Anklagepunkte werden den insgesamt 19 Personen vorgeworfen. Wegen 14 Vergehen muss sich alleine Donald Trump verantworten. Dazu gehören Beeinflussung von Zeugen, Verschwörung, Anstiftung zur Dokumentenfälschung, Falschbehauptungen und eben die Bildung einer kriminellen Vereinigung.

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Mögliche Dynamik gegen Trump

Mit dieser inzwischen vierten, aber wohl umfassendsten Anklage in Georgia könnte sich für Trump vieles zum Schlechten wenden. Weite Teile seines Systems werden diesmal gemeinsam mit ihm auf der Anklagebank in Atlanta sitzen. Darunter Trumps ehemaliger Anwalt, der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, Mark Meadows, sein Ex-Stabschef im Weißen Haus, sowie die Anwälte Sidney Powell und John Eastman.

In dem kommenden Gerichtsverfahren sind dadurch Dynamiken vorstellbar, bei denen sich die 19 Angeklagten gegenseitig belasten werden, um ihre eigene Haut zu retten. Das könnte Trump schließlich in echte Bedrängnis bringen.

Schlechte Presse wegen Liveübertragung

Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten könnte die amerikanische Bevölkerung außerdem live mit ansehen, wie ihr einstiger Präsident als Angeklagter in einem Verfahren unter anderem wegen Verschwörung, Falschaussagen und Erpressung auftreten muss. Denn ein Richter im zuständigen Verwaltungsbezirk Fulton County hatte noch vor Bekanntmachung der Anklage entschieden, Kameras bei einem kommenden Prozess gegen Trump im Gerichtssaal zuzulassen.

Bei keiner der drei bereits gegen Trump laufenden Anklagen waren diese bislang im Gerichtssaal erlaubt – nicht in New York, nicht in Miami und nicht in Washington. Es existieren lediglich Gerichtszeichnungen oder Fotos von seiner Ankunft oder Abfahrt. Das war ein echter Vorteil für Trump. Denn so konnte er eigene Bilder von seinen Verteidigungsreden aus seinem Golfklub oder aus Mar-a-Lago liefern.

Zwar beherrscht Donald Trump das Spiel mit den Medien. Ein Gerichtssaal ist aber keine Bühne. Dort gelten nicht die Regeln des Showbusiness. Die Regie führen dort Richter, Ankläger und Anwälte mit juristischen Formalien. Kurz: Für den ehemaligen US-Präsidenten gibt es auf der Anklagebank vor den Augen der Weltöffentlichkeit wenig zu gewinnen. Auch deshalb könnte Georgia für Trump zu einem harten Test werden und seine Beliebtheitswerte empfindlich beeinflussen.

So viele Einblicke ins System Trump wie nie

Diese vierte Anklage gegen Donald Trump aber dürfte längst nicht nur deshalb ein nie da gewesenes Spektakel werden. In keinem der anderen Verfahren treten die mutmaßlichen Vergehen von Trump und dessen Team aus der Zeit nach der Präsidentschaftswahl von 2020 so deutlich zutage wie in diesem. Mit der Anklage in Georgia wird der Öffentlichkeit besonders deutlich, wie ausgeklügelt das System war, mit dem die Wahlergebnisse manipuliert werden sollten.

Der beispiellose Höhepunkt ist dabei ein rund einstündiges mitgeschnittenes Telefonat, das der damalige Präsident mit dem für die Auszählung der Stimmen verantwortlichen Innenminister Georgias, Brad Raffensperger, führte. Es ist laut Staatsanwaltschaft der Gipfel einer über Wochen andauernden Operation von Trump und dessen Getreuen, um den Wahlsieg des Konkurrenten Joe Biden auf illegale Weise zu vereiteln.

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Einschüchterung und Diffamierung als Druckmittel

Von Raffensperger wollte der Ex-Präsident exakt 11.780 Stimmen haben, die dieser einfach "finden" sollte. Trump drohte Raffensperger mit rechtlichen Konsequenzen, sollte er nicht gegen den vermeintlichen Wahlbetrug vorgehen. "Sie wissen, was die getan haben, und Sie melden das nicht", schüchterte ihn Trump am Telefon ein. Er wisse doch sicher, dass das ein Verbrechen und eine Straftat sei. "Sie wissen, dass Sie das nicht zulassen dürfen. Das wäre ein großes Risiko für Sie", versuchte Trump Raffensperger offenkundig einzuschüchtern. Der Republikaner blieb, so wie manche andere, jedoch standhaft und wollte die Stimmen nicht neu auszählen und manipulieren.

Solche Telefonate waren ein beliebtes Druckmittel von Donald Trump, seinem damaligen Anwalt Rudy Giuliani und den anderen Mitangeklagten. Sie sprachen Mailboxen voll, riefen immer wieder an, versuchten, die eigenen Parteikollegen in Georgia und weiteren Bundesstaaten auf diese Weise mürbezumachen. Brad Raffensperger und andere bezahlten es mit Morddrohungen von aufgehetzten Trump-Unterstützern, auch gegen ihre Familien. Seine Frau sei "widerlich sexuell" belästigt worden, sagte Raffensperger vor dem Untersuchungsausschuss im US-Kongress in Washington aus. Ins Haus seiner Schwiegertochter sei sogar eingebrochen worden.

Weitere Opfer, die in Todesangst waren

Trump und sein Anwalt Rudy Giuliani aber machten nicht nur hochrangigen Republikanern das Leben zur Hölle. Die unbescholtene Wahlhelferin Shaye Moss und deren Mutter wurden ebenfalls Opfer von öffentlichen Diffamierungen, die für sie lebensbedrohlich wurden. Rudy Giuliani wollte damals auf einem Video gesehen haben, wie Moss und ihre Mutter einander USB-Sticks zuschoben. "Als wären es Fläschchen mit Heroin oder Kokain", unterstellte Giuliani damals.

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Für ihn und Trump diente dieses Video als einer der vielen erlogenen Beweise für angeblich massenhaften Wahlbetrug. So wurde aus einem Ingwerbonbon, das sich Mutter und Tochter zusteckten, ein USB-Stick und aus Shaye Moss eine Wahlbetrügerin, die vom amtierenden amerikanischen Präsidenten und dessen Helfern an den Pranger gestellt wurde. Auch sie lebt seither mit Morddrohungen.

Verliert Trump Georgia erneut, wird es schwer für ihn

Schließlich dürfte diese Anklage auch politisch die heikelste für Trump werden. Denn sie könnte unmittelbaren Einfluss auf den Ausgang der kommenden Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 nehmen. Zumindest dann, wenn Trump die Vorwahlen seiner Partei wirklich gewinnen sollte.

Schon bei der Wahl im Jahr 2020 war das Ergebnis im Bundesstaat Georgia schließlich so knapp wie in sonst keinem Bundesstaat. Der so geringe Abstand zwischen Joe Biden und Donald Trump war darum einer der Gründe, weshalb dort so intensiv nach Unregelmäßigkeiten gesucht und sodann auch welche erfunden wurden.

Im Jahr 2024 wird Georgia laut Umfragen diverser politischer Institute ebenfalls einer von vier Schlüsselbundesstaaten. In den sogenannten Swing States Arizona, Wisconsin, Nevada und Georgia gilt der Wahlausgang als besonders ungewiss. Das bedeutet, dass die Wahlkampfteams von Republikanern und Demokraten ihre Kampagnen ganz besonders auf diese Staaten konzentrieren, um die Wählerinnern und Wähler zu überzeugen.

Ein andauerndes Gerichtsverfahren, noch dazu öffentlich übertragen im Fernsehen, im Swing State könnte für Donald Trump darum auch ohne ein gesprochenes Urteil bereits eine schwere Hypothek bedeuten. Wie dramatisch die Lage für Trump in Georgia ist, machte zuletzt die Stichwahl vom November 2022 um einen wichtigen Sitz im US-Senat deutlich. Der von Donald Trump unterstützte Ex-Footballstar Herschel Walker unterlag dem Kandidaten der Demokraten, Raphael Warnock.

Eine Selbstbegnadigung fällt weg

Außerdem hätte ein möglicher Schuldspruch in Georgia für Donald Trump einen besonderen Nachteil. Sollte er im Jahr 2024 trotz allem die Präsidentschaftswahlen gewinnen, könnte er den Prozess, anders als die beiden laufenden Verfahren des Bundesjustizministeriums, nicht stoppen.

Als Präsident könnte sich Trump im Falle eines Schuldspruchs in einem Verfahren eines Bundesstaats überdies nicht selbst begnadigen. Diese Möglichkeit wurde immer wieder für die Anklagen auf Bundesebene diskutiert. Für die Anklagepunkte gegen ihn in Georgia gelten fünf Jahre Gefängnis als Minimum. Es könnten auch 20 oder mehr werden.

Verwendete Quellen
  • mediaite.com: "Georgia Judge Rules Cameras Will Be Allowed in Courtroom if Trump Indicted" (Englisch)
  • fultoncountyga.gov: Anklageschrift auf der Webseite der Bezirksstaatsanwaltschaft des Fulton County (Englisch)
  • Pressekonferenz der Bezirksstaatsanwältin Fani Willis
  • Anhörungen des Untersuchungsausschusses zum 6. Januar 2021 im US-Kongress
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