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Fußball als Herrschaftsinstrument: Was treibt Ronaldo in Saudi-Arabien?


Scharfe Kritik an Ronaldo und Co.
"Wir gewöhnen uns ja an alles"


21.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Einst sportliches Vorbild, jetzt in Saudi-Arabien: Cristiano Ronaldo spielt neuerdings für den Klub Al-Nassr.Vergrößern des Bildes
Einst sportliches Vorbild, jetzt in Saudi-Arabien: Cristiano Ronaldo spielt neuerdings für den Klub Al-Nassr. (Quelle: Hossein / Middle East Images via AFP)

Was ist von Sportlern zu halten, die für hohe Summen nach Saudi-Arabien wechseln? Bei "Lanz" gab es viel Kritik an der Sport-Offensive der Scheichs.

Geht es im Fußball nur noch um Geld? Das versuchte Markus Lanz in der Nacht zum Donnerstag mit seinen beiden Gästen zu ergründen: Sportjournalist Philipp Köster und Islamwissenschaftler Sebastian Sons. Dabei stand vor allem ein Land im Fokus: Saudi-Arabien.

Die Gäste

  • Philipp Köster, Sportjournalist
  • Sebastian Sons, Islamwissenschaftler

Saudi-Arabien hatte zuletzt immer mehr europäische Fußballstars mit Multimillionen-Summen gelockt. Außerdem versucht das ultrareligiöse Wahhabiten-Reich seit geraumer Zeit mit schillernden Sportevents, etwa durch die Austragung von Box-Weltmeisterschaften oder Golf-Turnieren, sein Image aufzupolieren. In der vergangenen Transferperiode waren zahlreiche Fußballer in den von Kronprinz Mohammed bin Salman autoritär regierten Staat gewechselt.

"Was da gerade läuft, ist große Fußball-Kirmes", analysierte Köster kritisch. Saudi-Arabien habe zwar durchaus eine gewisse Fußballtradition, mit dem Niveau der europäischen sei die aber nicht zu vergleichen, so der Sportjournalist.

Köster nennt "tragisches Beispiel"

Es widere ihn an, wenn Spieler, die bereits "unendlich viel Geld" verdient hätten, für hohe Millionensummen als nach Saudi-Arabien gingen, wo sie dann "Zugpferde für die Liga" seien. "Wahrscheinlich würde jeder erstmal zögern", angesichts eines finanziell lukrativen Angebots, räumte er ein. Nichtsdestotrotz sei es bedauerlich, wenn Sportler allein dem Ruf des Geldes folgten und dann plötzlich politisch still würden.

Als ein "tragisches Beispiel" für den sportlichen Opportunismus im Fußball nannte Köster den englischen Fußballer Jordan Henderson, der seit kurzem für den saudi-arabischen Verein Al-Ettifaq spielt. Früher habe sich Henderson für LGBTQ+-Rechte stark gemacht. Seit seinem Wechsel zu Al-Ettifaq habe er toleriert, dass ein Foto von ihm in schwarz-weiß eingeblendet wurde, damit die Regenbogen-Binde an seinem Arm nicht erkennbar ist, so Köster.

Saudi-Arabien werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Im Jahr 2022 hat Saudi-Arabien 196 Menschen hingerichtet zum Teil wurden sie mit dem Schwert enthauptet. Faire Gerichtsverfahren erhalten in dem Land, in dem vor allem das islamische Scharia-Recht herrscht, die wenigsten Verurteilten. Auch in 2023 wurden laut Amnesty International bis zur Jahresmitte bereits 54 Menschen hingerichtet.

Islamwissenschaftler ordnet Saudi-Arabiens Verhalten ein

Auch Cristiano Ronaldo, der seit einigen Monaten für den saudi-arabischen Verein al-Nassr FC kickt, kritisierte Köster. Ronaldos Erklärung, er habe nach einer neuen Herausforderung gesucht, konnte der Experte nicht ernst nehmen.

"Ich behaupte mal, dass er von dem Club vorher noch nie gehört hat", so der Journalist. Er stand auf dem Standpunkt, dass Geld zwar eine große Rolle spielt, es im Kern aber immer zuerst um Fußball als Kulturgut gehen müsse.

Einen anderen Blickwinkel auf Saudi-Arabiens Anwerben großer Fußballstars liefere Sons. Der Islamwissenschaftler gab zu bedenken, dass der Wüstenstaat mit seinem Engagement im Fußball gleich mehrere Ziele verfolge.

Innen- und außenpolitische Ziele

Zum einen wolle Saudi-Arabien "Glamour erzeugen" und sein "sehr schlechtes Image" aufpolieren, das nicht nur durch fortgesetzte Menschenrechtsverletzungen, sondern auch die Ermordung des Journalisten Jamal Ahmad Khashoggi entstanden sei.

Zum anderen gehe es darum, bekannter zu werden. Darüber hinaus gebe es auch innenpolitische Ziele: Das "neue Saudi-Arabien" wolle durch Fußball seine Bevölkerung ansprechen und ihr signalisieren, dass sie teilhaben könne, so Sons.

Darüber hinaus solle der Sport die Macht des Herrschers sichern und Jugendliche durch Vorbilder zu mehr Sport motivieren. Immerhin litten 20 Prozent der Bevölkerung unter Diabetes und 15 Prozent seien übergewichtig, so Sons.

"Wir gewöhnen uns ja an alles"

Saudi-Arabien wolle auch eine Alternative zum "Fußballmonopol Europas" schaffen, indem man die Mechanismen kopiere. Dass ein solches Monopol existiert, nehme man in dem Wüstenstaat so wahr, erklärte der Islamwissenschaftler auf Nachfrage Kösters.

Der Journalist stellte daraufhin klar: Das System Fußball "wird nicht so einfach kopiert." Dass ein saudi-arabisches Team in fünf Jahren in der europäischen Champions League mitkickt, wollte er derweil nicht ausschließen.

"Wir gewöhnen uns ja an alles", so der Journalist.

Verwendete Quellen
  • ZDF: "Sendung Markus Lanz vom 20. September 2023"
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