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Polizei nimmt "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg fest


Einsatz in Stuttgart
Polizei nimmt "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg fest

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 29.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Michael Ballweg: Er ist Gründer der Initiative "Querdenken".Vergrößern des Bildes
Michael Ballweg: Er ist Gründer der Initiative "Querdenken" (Quelle: Christoph Schmidt/dpa-bilder)

Er gründete die Bewegung "Querdenken". Zuletzt war es ruhig um Michael Ballweg geworden. Doch nun standen Ermittler vor seiner Haustür.

Großer Polizeieinsatz bei Michael Ballweg, dem Gründer der "Querdenken"-Bewegung, die während der Corona-Pandemie entstand. Nach Informationen von t-online wurde Ballweg am Mittwochmittag auch festgenommen. Am Abend hieß es von der Stuttgarter Polizei dann, dass ein Haftrichter einen Haftbefehl gegen einen 47-Jährigen erlassen hat – Ballweg muss in Untersuchungshaft.

Es geht um hohen sechsstelligen Betrag

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte den Namen des Festgenommenen nicht, teilte aber auf Anfrage mit, dass es eine Hausdurchsuchung und eine Festnahme gegeben habe. Dabei gehe es um den Verdacht des Betrugs und der Geldwäsche. In einer Pressemitteilung heißt es, der Mann werde verdächtigt, einen "höheren sechsstelligen Betrag" an eingeworbenen Zuwendungen zweckwidrig für sich verwendet zu haben. Bei seinen Aufrufen für Schenkungen soll er die Anhänger über die beabsichtigte Verwendung getäuscht haben.

Ballweg hatte erklärt, es gehe vor allem um die Finanzierung der Demonstrationen. Unterstützer hatten große Beträge gespendet, bei Demonstrationen sei Geld "kofferweise" zusammengekommen, behauptete ein Insider. Ballweg hatte das nicht kommentiert.

Wie kam die Nachricht an die Öffentlichkeit? Der nach Tansania ausgewanderte Arzt Bodo Schiffmann hatte im Messengerdienst Telegram zunächst geschrieben, dass es bei Ballweg eine Hausdurchsuchung gebe und dazu aufgefordert, Unterstützer sollten zu Ballwegs Anwesen in Stuttgart kommen. Nach einer Intervention des "Querdenken"-Anwalts Ralf Ludwig zog Schiffmann den Aufruf jedoch zurück.

"Querdenker"-Anwalt: Vorwürfe "konstruiert"

Ein weiterer Vertrauter aus dem engen Ballweg-Umfeld schrieb dann, Ballweg sei auch festgenommen worden. Ludwig erklärte auf Telegram, die Vorwürfe würden ausschließlich die politischen Aktivitäten Ballwegs betreffen und seien "konstruiert". Es gehe darum, die führenden Köpfe der Szene "mit staatlicher Gewalt verfolgen zu können".

Die Polizei berichtete von Durchsuchungen in zwei Wohnungen und Geschäftsräumen in Stuttgart, es gebe zwei Tatverdächtige. Bei der zweiten verdächtigen Person handelt es sich nach t-online-Informationen um Ballwegs Ehefrau, die auch mehrfach öffentlich auftrat. Die Polizei teilte mit, beschlagnahmtes Beweismaterial müsse nun ausgewertet werden. Es wurde allerdings schon wie von einem Gericht angeordnet Vermögen sichergestellt, das mit einer Straftat erzielt worden sein könnte. In den vergangenen Tagen hatten "Querdenker" auf Telegram auch über einen Hausverkauf und eine Auswanderung Ballwegs gesprochen.

Teile der "Querdenken"-Bewegung werden vom Verfassungsschutz beobachtet, wie das Bundesamt im April 2021 erklärte. Die Behörde hatte betont, dies habe nichts mit Kritik an den Maßnahmen zu tun, sondern mit "verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates", die von der Szene ausgehe. Sie hatte sich von Reichsbürgern und Neonazis nicht deutlich genug abgegrenzt.

Ballweg startete Bewegung im April 2020

Michael Ballweg hatte am 18. April 2020 in Stuttgart zur ersten angemeldeten Demo gegen die Corona-Politik eingeladen. Beim Auftakt waren nur zwei Dutzend Teilnehmer dabei. In der Folge bekam er auch Unterstützung von einem Scientology-Mitglied. Daraus erwuchs jedoch eine Bewegung mit Großdemos und vielen Abspaltungen und Unterorganisationen – und zeitweise enormem Aufkommen an finanzieller Unterstützung, über die offenbar Ballweg bestimmte.

Diskussionen auch innerhalb der Szene hatte es um geplante Stiftungen gegeben. Ballweg hatte eine "Querdenken"-Stiftung angekündigt und auch beim Regierungspräsidium Darmstadt im September 2020 einen Antrag auf Gründung einer Querdenken-Stiftung gestellt. Diesen hat er aber zurückgezogen, wie der "Faktenfuchs" des BR berichtete. Dafür wurde im Mai 2021 eine "Herzensmenschen Familienstiftung" mit Sitz Darmstadt als rechtsfähige Familienstiftung des bürgerlichen Rechts anerkannt. Zweck: die Förderung des Stifters, des Ehepartners und von Kindern des Stifters. Ein Zusammenhang mit der Querdenken-Bewegung war laut Regierungspräsidium nicht zu entnehmen.

Auf der Internetseite von Querdenken war ein deutsches Konto Ballwegs angegeben, bis dieses gesperrt wurde. Auch ein PayPal-Konto wurde gesperrt. Schenkungen waren weiterhin möglich an Adressen der vier Kryptowährungen Bitcoin, Cardano, Ethereum und Ripple, zudem auf ein Ballweg-Konto eines Dienstleisters in Belgien, der Online-Geldtransferservice für Fremdwährungen bietet.

Gegen Akteure der Szene hat es in den vergangenen Monaten bereits einige Hausdurchsuchungen gegeben. Dabei ging es aber vor allem um Ärzte, die mutmaßlich ohne berechtigten Grund Atteste zur Maskenbefreiung ausgestellt hatten.

Verwendete Quellen
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