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Corona: Ein Land warnt vor der verkürzten Quarantäne


Strategie gegen Omikron-Variante
Warum ein "Musterland" vor der verkürzten Quarantäne warnt

Von Nils Kögler

Aktualisiert am 04.01.2022Lesedauer: 4 Min.
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Fußgänger in Taiwan: Der Inselstaat lehnt eine verkürzte Quarantäne strikt ab.Vergrößern des Bildes
Fußgänger in Taiwan: Der Inselstaat lehnt eine verkürzte Quarantäne strikt ab. (Quelle: Zuma Wire)

Am Freitag beraten Bund und Länder über neue Corona-Maßnahmen. Auch auf der Tagesordnung: eine verkürzte Quarantäne für geimpfte Infizierte. In einigen Ländern ist das bereits Praxis. Doch ein Land äußert Zweifel.

Neue Corona-Maßnahmen sind nötig: Schon bevor am Freitag die nächste Konferenz von Bund und Ländern tagt, steht vieles bereits fest. Es solle "auf jeden Fall neue Beschlüsse geben", kündigte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits am Sonntag an. Auf der Tagesordnung stehen bei den Beratungen unter anderem verkürzte Quarantäne- und Isolationszeiten für geimpfte Infizierte und deren Kontaktpersonen.

In Ländern wie den USA und England ist das bereits Praxis. Doch Daten aus Taiwan, das vielen als Vorbild in der Corona-Krise gilt, werfen Fragen auf. Ist das Vorgehen tatsächlich empfehlenswert?

Taiwan äußert Zweifel an Studie

Taiwan lehnt es jedenfalls strikt ab. Eine Studie der renommierten amerikanischen Medizin-Zeitschrift "New England Journal of Medicine", wonach Geimpfte eine Covid-Infektion schneller überstehen könnten als Ungeimpfte, zweifeln die Behörden des asiatischen Landes mit Blick auf die Omikron-Variante an.

Philip Lo, stellvertretender Leiter der medizinischen Abteilung der Zentralen Epidemie-Kommandozentrale (CECC), teilte laut dem Portal "Taiwannews" mit, dass die Studie der Fachzeitschrift mit Infizierten der Alpha- und Delta-Variante durchgeführt worden sei. Die Wirksamkeit der Impfungen im Hinblick auf die Omikron-Variante sei weiter offen.

Ansteckungsgefahr auch bei geimpften Infizierten

Lo berichtet darüber hinaus von mehreren geimpften Omikron-Infizierten, die erst mindestens acht Tage nach dem Auftreten von Symptomen oder einem positiven Test eine so niedrige Viruslast erreicht hätten, dass die Quarantäne beendet werden konnte. Bei einem Patienten habe der Wert sogar bis zu zwölf Tage nach der Diagnose noch über der Quarantänegrenze gelegen. Damit könne eine Ansteckungsgefahr für andere nicht ausgeschlossen werden.

Seine Schlussfolgerung: Eine Reduzierung der Quarantänezeit auf fünf Tage berge ein zu hohes Risiko. Er und sein Expertengremium hätten deshalb dazu geraten, den amerikanischen Empfehlungen nicht zu folgen.

Deutschland hat noch längere Quarantänezeiten

In Deutschland rät das Robert Koch-Institut aktuell: Wer engen Kontakt zu einer positiv auf Corona getesteten Person hatte, soll sich für zehn Tage in häusliche Quarantäne begeben. Diese kann mit einem negativen Antigen-Schnelltest auf sieben Tage verkürzt werden, mit einem negativen PCR-Test auf fünf Tage. Mindestens doppelt Geimpfte oder Genesene müssen grundsätzlich nicht in Quarantäne. Bei Kontakt zu einem bestätigten Omikron-Fall wird jedoch unabhängig vom Impfstatus eine 14-tägige Quarantäne empfohlen. Die Entscheidung liegt beim zuständigen Gesundheitsamt.

Zu unterscheiden ist davon die Isolation: Wer infiziert ist, soll 14 Tage nach Symptombeginn in Isolation– vollständig Geimpfte fünf Tage, wenn sie danach symptomfrei und negativ PCR-getestet sind.

Probleme für kritische Infrastruktur drohen

Aufgrund der hochinfektiösen Omikron-Variante werden jedoch stark explodierende Fallzahlen in Deutschland befürchtet. Das wiederum könnte zum Problem für die sogenannte kritische Infrastruktur werden. Gemeint sind damit alle Organisationen und Einrichtungen, die entscheidende Bedeutung für das Gemeinwesen haben. Darunter fallen neben Krankenhäusern, Feuerwehr und Polizei beispielsweise auch die Stromversorgung und Wasserwerke.

Zwar bereiten sich die Einrichtungen darauf vor, dass viele Beschäftigte durch Infektionen und Quarantänen ausfallen könnten. Im Extremfall könnte es dennoch zu Einschränkungen in einigen Bereichen kommen.

Erste Länder haben Quarantäne bereits verkürzt

Eine Ausnahme bei den Quarantäne- und Isolationsfristen könnte dabei helfen, den Ernstfall zu verhindern. Die Maßnahme hat mittlerweile einige Unterstützer. So sprach sich Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, jüngst dafür aus, infizierte Dreifach-Geimpfte ohne Krankheitssymptome künftig nicht mehr in Isolation zu schicken. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte zumindest für geboosterte Kontaktpersonen von Infizierten eine Befreiung von der Quarantäne vorgeschlagen.

Im Ausland ist man teilweise schon weiter. So verkürzten Spanien und Portugal die Quarantänedauer für symptomlose Infizierte von zehn auf sieben Tage. Mit rund 81 Prozent in Spanien und sogar fast 90 Prozent in Portugal haben die Länder allerdings auch eine hohe Impfquote. Entsprechend gibt es weniger Ungeimpfte, die sich bei Infizierten anstecken und schwer erkranken könnten.

England hat Quarantäne schon verkürzt

Anders sieht das in Großbritannien und den USA aus. Dort bleiben die Impfquoten mit rund 70 Prozent (Großbritannien) und nur knapp 62 Prozent (USA) sogar hinter Deutschland (gut 71 Prozent) zurück. Dennoch verkürzten die Länder ebenfalls ihre Quarantänezeiten.

In England gilt seit Ende Dezember eine verkürzte Isolation für positiv auf das Coronavirus Getestete von zehn auf sieben Tage. Wer am sechsten und am siebten Tag nach seiner Diagnose jeweils ein negatives Resultat bei einem Antigen-Selbsttest erhält, darf die Isolation beenden. Freigetestete werden aber weiterhin dazu aufgerufen, ihre Kontakte möglichst zu beschränken.

Für geimpfte Kontaktpersonen gilt dort trotz hoher Omikron-Verbreitung keine Pflicht zur Quarantäne. Wer aber mit einem positiv Getesteten in einem Haushalt lebt, wird aufgefordert, sich für mindestens sieben Tage täglich mit einem Selbsttest zu testen. Ungeimpfte Kontaktpersonen müssen zehn Tage in Quarantäne, sie können sich nicht freitesten.

Seuchenschutzbehörde gibt neue Empfehlungen

In den USA müssen sich Infizierte ohne Symptome nach den Richtlinien der Seuchenschutzbehörde CDC nur noch fünf Tage isolieren und anschließend weitere fünf Tage konsequent Maske tragen. Die Behörde begründet das damit, dass Infizierte nach aktuellem Wissensstand in den Tagen kurz vor und kurz nach Auftreten der ersten Symptome am ansteckendsten seien. Auch geimpfte Kontaktpersonen sollen nur noch fünf Tage in Quarantäne.

Die Empfehlungen der CDC werden jedoch nicht nur in Taiwan kritisch gesehen. Auch in Deutschland gibt es skeptische Stimmen wie den Vorstandvorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. "Hier darf nicht nach dem Opportunitätsprinzip dergestalt verfahren werden, dass man Menschen, auch wenn sie noch ansteckend sind, arbeiten lässt, weil wir sonst nicht genug Leute haben", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Wenn wissenschaftlich nachgewiesen würde, dass bestimmte Menschen nach vier oder fünf Tagen nicht mehr so ansteckend seien, dann hielte ich eine kürzere Quarantäne-Zeit für richtig – sonst nicht."

RKI will Empfehlung geben

Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie Carsten Watzl hält eine frühere Entlassung aus der Isolation nur begleitet von einem negativen Test für sinnvoll. "Einfach so zu verkürzen, weil man sagt, sonst fallen zu viele Leute aus, dann lassen wir lieber Leute nach sieben Tagen raus, mit oder ohne Test – das würde ich für fahrlässig erachten", sagte er der Deutschen Presse Agentur.

Für Bund und Länder gilt es also viele unterschiedliche Positionen zu beachten, bevor sie am Freitag ihre Entscheidung treffen. Das Robert Koch-Institut möchte bis dahin eine neue Empfehlung zu der Thematik ausgesprochen haben. Sie dürfte einen wesentlichen Eckpfeiler für die Entscheidung am Freitag darstellen.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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