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Scholz auf dem G7-Gipfel: Kann er, was Altkanzlerin Merkel konnte?


Scholz' G7-Prüfung
Kann er, was Merkel konnte?

Von Fabian Reinbold, Elmau

Aktualisiert am 26.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Scholz, berühmtes Gipfel-Foto mit Merkel und Obama: Kann der Kanzler führen?Vergrößern des Bildes
Scholz, berühmtes Gipfel-Foto mit Merkel und Obama: Kann der Kanzler führen? (Quelle: Montage: U.Frey/t-online/reuters)

Es ist sein größter Auftritt. Auf dem G7-Gipfel muss Olaf Scholz an internationalem Format gewinnen. Die Probleme sind enorm, doch er hat einen Plan.

Die Rolle als Gastgeber eines G7-Gipfels ist normalerweise eine der schönsten in der Politik. Man zeigt einigen der mächtigsten Männer auf Erden (nur selten sind es Frauen) eine bezaubernde Ecke der eigenen Heimat, sammelt ein nettes Bild mit den anderen Staatenlenkern nach dem anderen. Und während die Unterhändler Streitpunkte ausräumen, gilt man daheim schnell als großer Staatsmann (selten als Staatsfrau). Das eigene Land ist ja immerhin nur alle sieben Jahre an der Reihe.

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Wie gesagt: normalerweise. Aber was ist in diesen Zeiten schon normal?

Für Olaf Scholz jedenfalls geht es um außergewöhnlich viel bei diesem G7-Gipfel, den er bis zum Dienstag im oberbayerischen Elmau ausrichtet. Den Bundeskanzler erwartet nach noch nicht einmal sieben Monaten im Amt der größte Auftritt auf internationalem Parkett.

Und was für sieben Monate es waren! Damals suchte sich Scholz das Motto "Fortschritt für eine gerechte Welt" für seine G7-Präsidentschaft aus: Es sollte vor allem um Klima gehen und Scholz' Idee, einen Klub der Klimaretter zu gründen. Dann brach Wladimir Putin einen Krieg in der Ukraine vom Zaun, die Preise schossen auf der ganzen Welt in die Höhe, Deutschland geht das Gas aus und wegen des Krieges in der Kornkammer Ukraine droht der Welt eine Hungerkatastrophe.

Scholz braucht Erfolge an zwei Fronten

Die Herausforderungen sind also enorm, wie es in Gipfelsprache heißt. Was können das G7-Treffen und Gastgeber Scholz dagegen ausrichten?

Am Ende geht es bei solch einem Treffen um zweierlei: konkrete Ergebnisse und Bilder. Ergebnisse, die den Aufwand und die hohen Kosten (geschätzt mindestens 170 Millionen Euro in diesem Jahr) rechtfertigen. Und Bilder – weil sie es sind, die sich in das öffentliche Gedächtnis einprägen. So ist es mit Merkel, die in Elmau 2015 vor Barack Obama die Arme ausbreitet.

Unvergessen auch die Konfrontation mit Donald Trump 2018 beim Gipfel in Kanada, die augenblicklich als so wichtig empfunden wurde, dass jede Seite ihre eigene Perspektive verbreiten wollte.

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Da Scholz 2022 wie Merkel 2015 nach Elmau lädt, wird es unweigerlich einen Vergleich der Bilder geben. Das Merkel-Obama-Holzbank-Alpenpanorama-Foto zeigte nämlich eine deutsche Kanzlerin in einer Führungsrolle, eine Frau, der der amerikanische Präsident, der wichtigste aller Gäste, die vielleicht zwei wichtigsten Währungen entgegenbringt: Aufmerksamkeit und Vertrauen. Merkel stand da als wichtigste internationale Partnerin der US-Präsidenten.

Schon zwei Monate später wurde Merkel international gefeierte Flüchtlingskanzlerin, später dann auch "Person des Jahres" (Time) und galt nach der Wahl Donald Trumps zwischenzeitlich gar als Anführerin der freien Welt.

Olaf Scholz wird zeigen müssen, dass die Mächtigen auch ihm Aufmerksamkeit widmen und vertrauen.

Einen Vorwurf kann Scholz nicht abschütteln

In der deutschen Debatte und in Osteuropa klebt an ihm seit Kriegsausbruch der Vorwurf, er unterstütze die Ukraine und konfrontiere Russland zu zögerlich, zu halbherzig und mit unklarem Kompass. Auch im Tandem mit Frankreichs gerade wiedergewähltem Präsidenten Emmanuel Macron knirscht es, wenn es um die dringend benötigten Reformen Europas geht. In Washington galt Scholz Anfang des Jahres als unsicherer Kantonist.

Die rasche Aufgabe von Nord Stream 2 in der Woche des Kriegsbeginns und die beschlossene Aufrüstung der Bundeswehr, die Scholz seiner Ampelregierung mit aufdrückte, trug ihm bei den westlichen Partnern allerdings Respekt ein.

Zwei besonders umworbene Länder

Im Kanzleramt ist man jedenfalls unbeeindruckt von der Kritik. Scholz ist nach dortiger Sicht unverzichtbar dafür gewesen, dass der Westen so eng gegen Putin zusammensteht. Doch vereinnahmen lassen will sich der Kanzler auch nicht. "Eine Blockbildung zwischen Russland und China einerseits und dem Westen andererseits liegt nicht in unserem Interesse", heißt es vor dem G7-Gipfel aus Regierungskreisen.

Deshalb gilt es zum einen, Zusammenhalt gegen Russland glaubwürdig zu untermauern. Scholz verfolgt dabei aber eine Politik, die auch beim Gipfel in Elmau zutage treten wird. Er will sich aktiv um die Schwellenländer bemühen. So hat er Indien und Südafrika ebenfalls eingeladen – zwei Mitglieder des BRICS-Clubs, dem Russland und China angehören, und deren Politik deutlich Moskau-freundlicher ist. Um sie will er kämpfen.

Die Bedeutung der Schwellenländer im Wettbewerb zwischen Demokratien und Autokratien betont Scholz seit Langem. In Elmau kann er dies nun mit den passenden Bildern belegen. Er hat die Staats- und Regierungschefs aus Argentinien, dem aktuellen G-20-Vorsitzenden Indonesien und Senegal eingeladen. Der westafrikanische Staat hat derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union inne.

Putins Erzählung verfängt

Er will erreichen, dass die Demokratien gegen einen imperialistischen Krieg zusammenstehen. Keine leichte Aufgabe. Indien etwa bedient sich allzu gern des russischen Öls, das der Westen boykottiert. Das Werben um die afrikanischen Staaten ist ebenfalls schwierig.

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Scholz flog auch deshalb schon nach fünf Monaten im Amt nach Afrika, besuchte unter anderem den Präsidenten der Afrikanischen Union, Senegals Staatschef Macky Sall. Im Kanzleramt ist man zuversichtlich, dass das Werben erfolgreich war. Doch Sall flog kurz darauf nach Russland zu Putin und gab der EU eine Schuld an der Weizenkrise. Putins Erzählung, der Weizen aus der Ukraine könne wegen westlicher Sanktionen nicht nach Afrika geliefert werden, scheint zu verfangen.

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Wichtig für Scholz ist, dass der Westen konkrete Hebel findet, den Weizenexport über das Schwarze Meer oder zumindest kleine Mengen über Landwege zu ermöglichen.

Wie die Zeit doch vergeht ...

Auch beim letzten deutschen G7-Gipfel in Elmau war nicht alles Gold, was auf den Fotos so glänzte. In der schon vor sieben Jahren schwelenden Ukraine-Krise – im März 2014 hatte Russland die Krim annektiert –, konnten sich die Staats- und Regierungschefs auf keine klare Position gegen Russland einigen. Man ließ offen, ob man Strafmaßnahmen noch einmal verschärfen würde. Lob bekam Kanzlerin Merkel damals vor allem dafür, dass sie in der Klimafrage Druck auf ihre Gäste gemacht habe. Am Ende stand das Bekenntnis, dass die G7 bis zum Ende des Jahrhunderts aus fossilen Energien aussteigen wollten.

Wie die Zeit doch vergeht. Sieben Jahre später ist klar, dass dieser Ausstieg viele Jahrzehnte zu spät käme. Ein weiterer Hinweis auf die zugespitzte Lage, in der sich der Gipfelneuling Scholz wiederfindet.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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