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Vor Küsten Libanons und Tunesiens: Dutzende Tote bei Bootsunglücken im Mittelmeer


Vor den Küsten Libanons und Tunesiens
Dutzende Tote bei Bootsunglücken im Mittelmeer

Von dpa, afp, t-online
Aktualisiert am 24.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Tripoli, Libanon: Die libanesische Marine konnte nach einem Bootsunglück mit 60 Insassen nach eigenen Angaben 50 Menschen retten.Vergrößern des BildesTripoli, Libanon: Die libanesische Marine konnte nach einem Bootsunglück mit 60 Insassen nach eigenen Angaben 50 Menschen retten. (Quelle: Omar Ibrahim/Reuters-bilder)
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Auf den Fluchtrouten im Mittelmeer haben sich in kurzer Zeit mehrere Bootsunglücke ereignet, Dutzende Menschen starben. Ein Überlebender erhebt schwere Vorwürfe gegen die libanesische Marine.

Bei dem Versuch das Mittelmeer in Richtung Europa zu überqueren sind vor den Küsten Tunesiens und des Libanon am Wochenende mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen.

Nahe der nordlibanesischen Küstenstadt Tripoli kamen mindestens neun Menschen ums Leben, als ihr Boot sank. Vor der tunesischen Küste wurden mindestens 17 Leichen von Schiffbrüchigen geborgen. Die private Hilfsorganisation "SOS Méditerrannée" rettete unterdessen vor Libyens Küste 70 Menschen aus einem sinkenden Schlauchboot.

Schwere Vorwürfe gegen libanesische Marine

Ein stark überlastetes Boot, das mit 60 Personen an Bord aus der Hafenstadt Tripoli im Libanon gestartet war, sank bei hohem Wellengang, wie die Armee der staatlichen Nachrichtenagentur NNA zufolge am Sonntag mitteilte.

Einsatzkräfte zogen nach dem Unglück mindestens neun Leichen aus dem Wasser, darunter die eines kleinen Mädchens. Die Armee habe rund 50 Menschen gerettet.

Ein Überlebender warf der Marine vor, das Boot gerammt und es so zum Sinken gebracht zu haben. Der Chef der libanesischen Marine, Haissam Dannaoui wies dies zurück und erklärte, das Boot sei nur auf zehn Passagiere ausgelegt gewesen und deshalb gesunken. Zudem habe es keine Schwimmwesten an Bord gegeben.

Zwei Patrouillenboote hätten das überladene Boot demnach verfolgt, um es zur Rückkehr aufzufordern. "Leider hat der Kapitän (des Schiffes) entschieden, mit Manövern zu entwischen", sagte Dannaoui. Dabei habe der Kapitän die Marineschiffe gerammt, und das Schiff sei schnell gesunken. "Binnen fünf Sekunden war das Boot unter Wasser", sagte der Marinechef.

Vier weitere Schiffsunglücke vor Tunesien

Vor der Küste von Sfax in Tunesien wurden die Leichen von mindestens 17 weiteren Personen entdeckt. Gerichtssprecher Murad al-Turki zufolge waren sie an Bord von insgesamt vier Booten, die in den vergangenen Tagen sanken. Vor der tunesischen Küste rettete die Küstenwache demnach rund 100 Menschen. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge waren die vier Boote auf dem Weg nach Italien.

Die Mehrzahl der Menschen, die in der Nacht zum Samstag in den vier Booten aufgebrochen seien, stammten aus afrikanischen Staaten südlich der Sahara, sagte der Sprecher. Die behelfsmäßig für die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer hergerichteten Boote waren nach Angaben des Gerichtssprechers in einem "schlechten Zustand".

Al-Turki sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag, der Platz auf den Friedhöfen in Sfax reiche kaum noch aus. Zudem fehle es an öffentlichen Geldern. Die Leichen der Schiffsbrüchigen würden inzwischen auf Friedhöfe anderer Kommunen verteilt. Aus Quellen im örtlichen Krankenhaus hieß es, rund 50 Leichen von vergangenen Bootsunglücken seien noch in Leichenhallen und nicht beerdigt.

"Ocean Viking" rettet 70 Menschen

Unterdessen rettete die "Ocean Viking" der Hilfsorganisation SOS Méditerrannée am Sonntag 70 Migranten aus einem Schlauchboot, das vor der libyschen Küste die Luft verlor. Als sich ein libysches Patrouillenschiff genähert habe, sei auf dem Boot kurz "Panik" ausgebrochen, erklärte die NGO. Alle 70 Insassen, unter ihnen 17 unbegleitete Minderjährige, hätten dann von der "Ocean Viking" aufgenommen werden können.

Auch die libysche Küstenwache holt im zentralen Mittelmeer immer wieder Menschen aus Seenot an Bord und bringt sie dann in das nordafrikanische Land zurück. Private Hilfsorganisationen kritisieren das, da den Menschen in dem Bürgerkriegsland etwa Gewalt drohe.

Laut Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ertranken im vergangenen Jahr insgesamt fast 2.000 Menschen beim Versuch der Überfahrt über das Mittelmeer oder wurden offiziell für vermisst erklärt. Dies war eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 2020, als es noch rund 1.400 waren.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP



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