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Dieter Hallervorden mit "Gaza Gaza"-Song: So geht das nicht!


Dieter Hallervordens Song "Gaza Gaza"
So nicht!

MeinungVon Simone Rafael

Aktualisiert am 17.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Dieter Hallervorden (88) ist in Berlin Intendant des privaten Schlosspark-Theaters: Trotzdem schreibt er noch Songs.Vergrößern des Bildes
Dieter Hallervorden (Archivbild): Er ist Intendant des privaten Schlosspark-Theaters in Berlin. (Quelle: Jens Kalaene/dpa)

Dieter Hallervorden wollte seine Sympathie mit der Zivilbevölkerung in Gaza ausdrücken. Doch was dabei herauskam, ist Antisemitismus.

Der Komödiant Dieter Hallervorden ist 88 Jahre alt. Er hat die Tage der größten Aufmerksamkeit hinter sich – wenn er die Aufmerksamkeit nicht immer wieder aktiv sucht. Aber es soll an dieser Stelle nicht um die vielen Provokationen Hallervordens der vergangenen Jahre gehen. Es geht um Hallervordens neuestes, musikalisch untermaltes Gedicht, das er über Facebook und YouTube verbreitet hat. Es heißt "Gaza Gaza" und greift die komplizierte Lage im Nahen Osten auf, die gerade viele Menschen umtreibt.

Der Terror der Hamas gegen Israel traf unschuldige Menschen. Immer noch werden mehr als 130 Israelis in Gaza als Geiseln festgehalten. Die militärische Antwort Israels trifft in Palästina nicht nur Hamas-Terroristen, sondern auch Tausende unschuldige Zivilisten, deren Leid sehr groß ist.

Ist es ein Anti-Kriegs-Song?

Es könnte die Emotionen vieler Menschen ansprechen, wenn Künstler Lieder über das Leid schreiben, Lieder der Empathie mit den Opfern des Terrorismus. Im Falle des Kriegs in Nahost sind etwa die Menschen in Israel ebenso wie die in Palästina Opfer der Terrororganisation Hamas. Die einen werden von den Terroristen angegriffen, die anderen als menschliche Schutzschilde missbraucht. Um das Wohl der Menschen in Palästina geht es der Hamas nämlich nicht, das hat sie immer wieder offen betont.

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In "Gaza Gaza", so moderiert es Dieter Hallervorden auf YouTube an, gehe es um Frieden und um den Wunsch nach einer Zweistaatenlösung in Israel. Wünschen muss ja erlaubt sein. Leider folgen dann nicht drei Minuten Empathie mit den Opfern des Konfliktes, sondern drei Minuten antisemitisches Raunen.

Ein Lied voller antisemitischer Versatzstücke

Es geht los mit der Präsentation des antisemitischen Klischees, das seit dem Mittelalter verwendet wird: dass Juden, jetzt benannt als Israel, Kindermörder seien. Das kommt zweimal im Song vor, wird als Klammer verwendet. Aber das ließe sich noch verargumentieren: Die Hälfte der Bevölkerung Palästinas ist unter 18 Jahre alt. Insofern sterben in Palästina in diesem Krieg viele Kinder. Eltern können nachvollziehen, wie schrecklich das ist. Alle Welt versteht, wie unschuldig Kinder sind. In Palästina werden schon Jugendliche durch die Hamas instrumentalisiert und zu Terroristen erzogen. Trotzdem: Um Kinder als Kriegsopfer trauern – ja, das können viele nachvollziehen.

Aber dann legt Hallervorden mit Interpretationen los: Die Eltern toter Kinder, die müssten sich ja wohl auch einmal antisemitisch äußern dürfen. Hier präsentiert er seine Meinung als die der Eltern. Denn erstens wollen die sich gar nicht alle antisemitisch äußern – in Palästina wissen viele Menschen, dass die Hamas nicht ihr Bestes im Sinn hat. Zweitens werden sie sich verständlich emotional äußern – das muss aber nicht zwingend Vernichtungsaufrufe gegen Israel beinhalten.

Die Rhetorik vom "Apartheidsstaat"

Hallervorden bekommt die Differenzierung weniger gut hin: Er spricht vom "Apartheidstaat" Israel – dabei gibt es in Israel keine "Apartheid" gegenüber arabischen Israelis, die vor dem Gesetz die gleichen Rechte und Pflichten haben wie alle in Israel. Sie haben Mitspracherechte, stellen sogar Minister und Verfassungsrichter. Deshalb fliehen auch viele Menschen aus Palästina nach Israel, die von der islamistischen Hamas verfolgt und mit dem Tod bedroht werden. Aber, auch das gehört zur Wahrheit: Obwohl viele es vorziehen, in Israel zu leben, gibt es nicht wenige, die über Ungleichbehandlung klagen. Israel ist kein perfekter Staat.

Doch Hallervorden geht es nicht darum, zu differenzieren. Es geht ihm um Schwarz und Weiß. Er fragt rhetorisch – nach verschwörungsideologischem Raunen über "die Macht, die die Bestien erschaffen", unterlegt mit Bildern der Unternehmen "Rheinmetall" und "Blackrock": "Und das soll kein Völkermord sein?"

Nein, das ist kein Völkermord

Die Zuhörerin denkt: Dieter Hallervorden, danke für diese Frage! Nein, das ist kein Völkermord. Ein Völkermord, auch Genozid genannt, ist ein grausames Verbrechen mit einem besonderen Merkmal: Es geht im Kern darum, die Angehörigen einer ganzen Gruppe von Menschen mit Absicht auslöschen zu wollen. Diese Absicht hat Israel nicht. Israel will die Rückkehr aller Geiseln, die die Terroristen der Hamas nach Palästina verschleppt haben. Und der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will die Hamas ein für alle Mal vernichten, um einen Terrorangriff wie den vom Oktober nie wieder zu erleben.

Aber die Hamas gibt die Geiseln nicht zurück. Sie könnte aktiv zur Entspannung der Situation beitragen. Sie könnte einen wichtigen Schritt gehen und erkennen: Hier sterben zu viele Menschen aufgrund eines terroristischen Verbrechens, das wir begangen haben, deshalb lassen wir die Geiseln frei und schaffen damit die Voraussetzung für einen Waffenstillstand oder auch Friedensverhandlungen. Aber den Islamisten der Hamas ist Palästina egal.

 
 
 
 
 
 
 

Leider hat Dieter Hallervorden keinen Song gegen Terror geschrieben. Stattdessen sagt er zu Beginn seines Liedes: "Kein Mensch wird als Terrorist geboren." Besser kann er wohl kaum ausdrücken, dass er in der Existenz Israels den Start der Probleme im Nahen Osten sieht. Die weitere Interpretation dieser Aussage überlasse ich vertrauensvoll den Lesern und Leserinnen.

Dieter Hallervorden hätte sich jedenfalls einen Gefallen getan, diesen Song nicht zu schreiben. Er ist kein zielführender Beitrag zu dem, was er vermeintlich ausdrücken möchte: dem Wunsch nach Frieden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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