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Markus Lanz vom 4. Oktober 2022: Kevin Kühnert im Kreuzfeuer der Kritik


Russland-Talk bei "Lanz"
SPD-General Kühnert gerät ins Kreuzfeuer der Kritik

Von Markus Brandstetter

Aktualisiert am 05.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Kevin Kühnert (Archivbild): Der SPD-Generalsekretär sieht seinen Parteivorstand bei Entscheidungen zu Waffenlieferungen an die Ukraine nicht in der Verpflichtung.Vergrößern des Bildes
Kevin Kühnert (Archivbild): Der SPD-Generalsekretär sieht seinen Parteivorstand bei Entscheidungen zu Waffenlieferungen an die Ukraine nicht in der Verpflichtung. (Quelle: M. Popow/imago images)

Ist Deutschland mehr als andere Länder gelähmt von der Angst vor einem Nuklearschlag? SPD-Generalsekretär Kühnert gerät ins Kreuzfeuer der Kritik.

Deutschland scheint gelähmt zu sein von der Angst vor einem Nuklearangriff Russlands. Wird es seiner angestrebten Führungsrolle deswegen nicht gerecht? Diese Frage wurde Dienstagabend bei "Markus Lanz" diskutiert. Dabei stand SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik.

Die Gäste

  • Kevin Kühnert, Politiker (SPD)
  • Claudia Kade, Journalistin
  • Christian Mölling, Sicherheitsexperte
  • Dmitry Glukhovsky, Schriftsteller

Die Angst vor einem atomaren Schlag Russlands ist in Deutschland besonders ausgeprägt — darüber schienen sich an jenem Abend alle weitgehend einig zu sein. Die Gründe dafür wurden jedoch unterschiedlich hergeleitet.

Die Angst habe damit zu tun, dass Kreml-Chef Wladimir Putin derzeit ein heikles politisches Momentum habe, erklärte die Journalistin Claudia Kade etwa. "Putin hatte jahrelang mit seinem Volk die Abmachung: 'Ich trage mein Machtstreben nach außen, aber ich lasse euch in Ruhe'. Jetzt braucht er sie aber doch", argumentierte sie. "Es ist ein Moment, in dem es für Putin in der Defensive sehr schwierig ist. Viele fragen sich: Was bedeutet dieser Defensivmoment?"

"Wenn man die NATO spalten will, braucht man Deutschland"

Sicherheitsexperte Christian Mölling sieht den Grund woanders. "Wir haben uns über 30 Jahre verteidigungspolitisch komplett entmündigt. Der Kalte Krieg war vorbei. Gleichzeitig war es seit den 2000er-Jahren für Russland klar: Wenn man die NATO spalten will, dann braucht man Deutschland".

Dies habe mit parteipolitischen Gründen zu tun, aber auch die geografische Lage Deutschlands sowie eine gefühlte geschichtliche Verpflichtung gegenüber Russland seien ausschlaggebende Faktoren. Mit diesen Gefühlen habe es Russland immer wieder geschafft, Verunsicherung innerhalb der deutschen Bevölkerung zu erzeugen.

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Warum Deutschland besonders anfällig für Atomangst sei, erklärte er damit, dass bislang nukleare Szenarien nicht wirklich präsent waren. "Das kam nicht vor. Wir sind noch nicht geübt, in dem Durchdenken und Entscheidungen treffen unter den Androhungen eines Nuklearschlags", meinte er — und verwies auch auf die von Kanzler Olaf Scholz angekündigte "Zeitenwende".

Aber wie wahrscheinlich ist ein Atomschlag tatsächlich? Geht es nach Mölling, spielen einige Faktoren eine Rolle, die einen nuklearen Schlag Russlands eher unrealistisch machen. "Die Frage, die sich alle an [Putins] Tisch stellen müssen: Wenn wir auf diesen Knopf drücken, was wird dann aus mir? Wenn ich das überlebe, sitze ich dann in Den Haag vor dem Kriegstribunal?"

Kühnert: SPD-Parteivorstand entscheidet nicht, welche Waffen geliefert werden

Dass sich Deutschlands Politik von der Atomangst lähmen lässt und seiner angestrebten Führungsrolle nicht gerecht wird, findet SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert keineswegs. "Sich die atomare Drohung bewusst zu machen, heißt nicht, vor Erschrecken zu erstarren und nichts mehr zu tun.

Es kann ja nicht die Rede davon sein, dass wir aus Angst vor der eigenen Courage zurückschrecken würden", argumentierte er. Mit seiner Einschätzung stand er an diesem Abend allerdings eher alleine da, denn von allen Seiten hagelte es Kritik für die zögerlichen Waffenlieferungen Deutschlands.

Dabei betonte Kühnert: "Wir entscheiden nicht im SPD-Parteivorstand darüber, welche Waffen geliefert werden. Ich habe keinen militärischen Rang und ich habe nichts mit den Lieferungen zu tun". Der SPD-Mann weiter: "Es ist kontinuierlich mehr geworden in der Gewichtsklasse der Waffen".

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Mölling unterbrach ihn: "Es konnte ja kaum weniger werden. Jetzt daraus Führung abzuleiten, dass Volumina steigen … Die Bundesregierung hat gesagt, sie will die Ukraine dabei unterstützen, Land zurückzugewinnen. Für so etwas brauchen Sie Offensivmaterial, das sind Schützenpanzer und Kampfpanzer. Wenn die Maßgabe ist, wir liefern das, was militärisch notwendig ist, dann fehlt mir die Erklärung der Bundesregierung, warum Schützenpanzer und Kampfpanzer keinen Unterschied machen.

"Ich habe das Gefühl, Führung ist es erst dann, wenn der Leo geliefert ist", wandte Kühnert in Hinblick auf den Leopard-2-Panzer ein. "Wir liefern auch Dinge, die kein anderer geliefert hat. Die ganze Diskussion ist auf die Leos verkürzt in Deutschland."

Einer, der Panzerlieferungen Deutschlands kritischer sieht, ist der russische Autor Dmitry Glukhovsky. Deutsche Panzer mit dem Eisernen Kreuz wären ein gefundenes Fressen für russische Propaganda, meinte er — gerade, weil Russland von einem Krieg gegen den Nazismus spricht.

Als Kühnert im Anschluss die von CDU-Chef Friedrich Merz losgetretene Debatte über einen vermeintlichen "Sozialtourismus" ukrainischer Migranten und den sogenannten "Pullfaktor" ins Spiel brachte, wurde ihm schließlich mehrfach Themenverfehlung vorgeworfen.

Glukosvky: "Kein echter Patriotismus" in Russland

Zuvor hatte Glukhovsky Einblicke in die Propagandamaschine Putins gegeben. Geht es nach dem Schriftsteller, so hat in Russland in erster Linie einer die Macht — nämlich das Fernsehen. Er berichtete von extremen Sicherheitsvorkehrungen beim russischen Staatsfernsehen — und ging später detailliert auf die Annexionsfeierlichkeiten Russlands vor wenigen Tagen ein. Diese seien ein durch und durch inszeniertes Spektakel gewesen.

"Die Leute, die da waren, wurden von Unis und Gewerkschaften mit Bussen hingebracht. Sie waren nicht freiwillig da. Das war kein aufrichtiger, ernster Patriotismus. Die Leute klatschten nicht, keiner schrie. Dass trotz mangelnder Begeisterung die russische Bevölkerung immer noch auf Linie mit Putins Politik zu sein scheint, hat einen Grund: "Weil sie Angst vor dem Staat haben."

In 20 Jahren Putin-Regime habe die Bevölkerung gelernt, dass jeder Widerstand und Protest rigoros bestraft wird. Er selbst stehe auf der Fahndungsliste, weil er den Krieg als solchen bezeichnet und in Meinungsstücken Putin für den Krieg verantwortlich gemacht habe. In Russland würden ihm dafür zehn bis 15 Jahre Straflager drohen.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Markus Lanz" vom 4.10.2022
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