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Prigoschin, Mazepin und Co: So entkommen russische Oligarchen EU-Sanktionen


Schwarze Liste der EU
So entkommen russische Oligarchen den Sanktionen


02.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Formel-1-Fahrer Nikita Mazepin (Archivbild): Der Sportler ist nicht länger auf der EU-Sanktionsliste. (Quelle: IMAGO/imago)

Mehr als 2.000 Russinnen und Russen stehen auf der schwarzen Liste der EU, weil sie den Krieg finanzieren oder unterstützen. Doch einige von ihnen entkommen den Sanktionen – mit europäischer Hilfe.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine verhängt die Europäische Union Sanktionen gegen Unterstützerinnen und Unterstützer Putins. Politiker, Militärangehörige oder Unternehmerinnen zählen dazu. Etwa 2.177 Personen und russische Einrichtungen stehen in diesem Zusammenhang auf der EU-Liste.

Acht von ihnen haben es geschafft, wieder von den Sanktionen befreit zu werden. Allerdings hatten die betroffenen Russen oft Hilfe von Freunden in hohen Positionen, genug Geld und gekaufte EU-Pässe. Das berichtet das Medium "EUObserver".

115 Gerichtsprozesse im Zusammenhang mit den Kriegssanktionen bearbeiteten EU-Gerichte in Luxemburg bis März. Allein im November sollen es 97 Fälle gewesen sein. Zuletzt entschied ein Gericht am 20. März, dass die Sanktionen gegen den russischen Formel-1-Rennfahrer und Oligarchen Nikita Mazepin aufgehoben werden sollen.

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Hilfe von EU-Anwälten

Seine italienischen Anwälte erklärten "EUobserver": "Unser Mandant und wir selbst sind natürlich sehr zufrieden mit diesem Urteil, das wir für eine korrekte Ausübung der Justiz halten". Trotz der "Annullierung" seiner Sanktionen kann Mazepin weiter nicht in die EU einreisen. Auch Finanztransaktionen sind vorerst nicht möglich.

Der EU-Rat könnte gegen das Urteil allerdings Berufung einlegen oder ihn aus anderen Gründen erneut auf die schwarze Liste setzen, um ein neues Verfahren einzufordern. Für eine Berufung hat der Rat zwei Monate und zehn Tage Zeit.

Ein EU-Beamter sagte dem Medium: "Der [EU-]Rat prüft das [Mazepin-]Urteil und seine Auswirkungen und wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen." Und ein Sprecher der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sagte: "Jede neue Entscheidung in Bezug auf Herrn Mazepin wäre von dem Urteil vom Dienstag [20. März] nicht betroffen, da sich das Urteil auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser speziellen Entscheidung beschränkt."

Vor dem Gericht konnten bislang zwei Russen einen Gewinn verzeichnen: Tech-Mogul Alexander Shulgin und Unternehmer Sergey Mnoyants. Zwei weitere bleiben trotz Gerichtserfolg auf der Liste: Violetta Prigoschina, die Mutter des verstorbenen Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin und Alexander Pumpyansky, Sohn eines russischen Milliardärs.

Orbán legte in zwei Fällen ein gutes Wort ein

Sechs weitere Oligarchen mussten gar nicht erst vor Gericht. Ihre Sanktionen wurden in außergerichtlichen EU-Ratsbeschlüssen aufgehoben. Wie sie das schaffen konnten, ist nicht ganz klar. Die EU sagte dazu: "Die Mitgliedstaaten waren sich einig, dass die Gründe, sie auf der Liste zu belassen, nicht mehr gegeben sind. Dies beruht auf den Beratungen und Bewertungen in den zuständigen Ratsgremien, die vertraulich sind."

Jede der sechs Personen gehört zu einer einflussreichen Familie, die sich teure europäische Anwälte leisten konnte, beispielsweise aus Frankreich oder Belgien. Diese Kanzleien durften sich nach einer Klage vor dem EuGH in Briefen an Beamte und Diplomaten im EU-Rat wenden und die Unschuld ihrer Klienten beteuern. Die Briefe sind vertraulich. Laut "EUObserver" enthalten sie längliche juristische Ausführungen und lobende Worte für den Charakter ihres Mandanten. Teilweise zahlen die Oligarchen mehrere Millionen für Anwälte, Lobbyisten und Berater.

In einigen Fällen reicht es wohl, wenn sich die Betroffenen vom russischen Regime distanzieren. Allerdings nicht nur mit einem kurzen Statement, sondern indem sie "mit Russland brechen", erklärte der französische Rechtsanwalt William Julié von Wj Avocats. Dazu gehört beispielsweise auch der wirtschaftliche Rückzug aus Russland für Unternehmer.

Abseits davon, helfen den Oligarchen auch Verbindungen zu hohen Tieren in der Politik. So half der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán in zwei Fällen zum Erfolg. Auch der slowakische Premierminister Robert Fico sorgte dafür, dass ein russischer Oligarch nicht länger von Sanktionen betroffen ist. Welche Argumente und eventuelle Druckmittel die beiden Staatsoberhäupter nutzten, ist nicht bekannt.

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Lobbyarbeit wurde eingeschränkt

Um solche Fälle zu verhindern, unterbindet die EU Lobbyarbeit für Russland: "Im Rahmen der EU-Sanktionen ist es Wirtschaftsbeteiligten aus der EU (oder aus Nicht-EU-Staaten, die in der EU Geschäfte machen) untersagt, der russischen Regierung oder russischen Einrichtungen Lobbydienste zu leisten. Lobbying-Aktivitäten für Personen, die auf einer EU-Sanktionsliste stehen, sind ebenfalls verboten", erklärte die EU-Kommission. "Dieses Verbot gilt für EU-Personen, auf EU-Gebiet oder für Geschäfte, die ganz oder teilweise in der EU getätigt werden."

Allerdings gibt es noch eine andere Lösung: Einige der Oligarchen haben EU-Pässe, die sie entweder gekauft hatten oder verliehen bekommen haben.

Hunderte Russen kaufen beispielsweise einen maltesischen Pass für etwa eine Million Euro, Zypern verlangte zwei Millionen Euro für ihre Staatsbürgerschaft. Andere hatten das Glück, dass sie in der EU geboren wurden. Und Kroatien verleiht die Staatsbürgerschaft an "Ausländer, deren Annahme der kroatischen Staatsbürgerschaft für die Republik Kroatien von Interesse wäre". Bislang war allein die zusätzliche EU-Staatsbürgerschaft allerdings kein ausreichender Faktor.

Im besten Falle führen die Sanktionen dazu, dass sich die Betroffenen von Putins Regime abwenden. Für sie ist das nicht ungefährlich – auch, wenn sie im Ausland leben. Denn schon in der Vergangenheit starben Kremlkritiker unter mysteriösen Umständen.

Verwendete Quellen
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