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Rammstein in Berlin: Deshalb schweigt die Staatsanwaltschaft zu Till Lindemann


Causa Rammstein
Ermittlungen gegen Lindemann? Deshalb schweigen die Behörden

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 31.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Lindemann (Archivbild): Der Rammstein-Sänger steht aktuell unter Druck.Vergrößern des Bildes
Till Lindemann (Archivbild): Der Rammstein-Sänger steht aktuell unter Druck. (Quelle: Dammark/imago images)

Treffen die Vorwürfe gegen Till Lindemann zu? Oder tun sie es nicht? Eine Expertin schätzt ein, warum die Staatsanwaltschaft nicht sagen will, ob sie ermittelt.

Gegen den Frontmann der Band Rammstein gibt es schwere Vorwürfe. Es geht um Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe. "Alles unwahr", lässt die Band über ihre Anwälte mitteilen. Ohnehin gilt die Unschuldsvermutung. Doch immer mehr Frauen schließen sich den Anschuldigungen an.*

Was nun wirklich in kleinen Räumen unter der Bühne im Berliner Olympiastadion und auf den Aftershowpartys der Band passiert ist, weiß man nicht. Das müssten Ermittlungen klären. Doch wird überhaupt ermittelt? Die Berliner Staatsanwaltschaft schweigt sich trotz Nachfrage beharrlich darüber aus. Darüber hat t-online mit einer Rechtsexpertin gesprochen.


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"Die Vorwürfe muss die Staatsanwaltschaft mitbekommen haben"


Renate Schmid


"Meiner Meinung nach müsste die Staatsanwaltschaft ermitteln", sagt Rechtsanwältin Renate Schmid. Wie die Kanzlei, die Lindemann vertritt, arbeitet auch sie mit Künstlern, auch bezüglich Presse- und Persönlichkeitsrechten. Warum die Staatsanwaltschaft ermitteln sollte, erklärt sie im Gespräch mit t-online.

"Was Lindemann vorgeworfen wird, beinhaltet potenziell Straftaten. Das sind keine Antragsdelikte." Das heißt: Niemand muss Anzeige erstatten – wenn die Staatsanwaltschaft erfährt, dass es belastbare Hinweise für die Straftaten gibt, muss sie "von Amts wegen" ermitteln. Eben auch ohne Anzeige. "Und die Vorwürfe muss die Staatsanwaltschaft schließlich mitbekommen haben." Seit Tagen berichten viele Medien über die Anschuldigungen gegen den Sänger.

Die Medien, die investigativ über die Vorwürfe berichtet hatten, geben an, eidesstattliche Versicherungen von Zeugen zu besitzen, veröffentlichten Screenshots. "Das müsste der Staatsanwaltschaft für Ermittlungen reichen, es sollte genug belastbare Hinweise geben. Ich gehe davon aus, dass sie bereits ermitteln."

Dennoch beharrt die Berliner Staatsanwaltschaft weiter darauf, keine Auskünfte über mögliche Ermittlungen zu geben. Man beruft sich darauf, dass die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen schwerer wögen als der presserechtliche Auskunftsanspruch. Zu groß sei die Gefahr einer öffentlichen Vorverurteilung. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Berliner Staatsanwaltschaft schweigt: "Könnte Politik sein"

Anwältin Schmid vermutet, dass die Staatsanwaltschaft einfach vorsichtig sein möchte, sich keine Fehler erlauben kann. Zu sehr schaue die Öffentlichkeit auf die Causa Lindemann. "Die Gefahr besteht, dass jemand eine Meldung wie 'Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Lindemann' als Vorverurteilung versteht. Und dann gibt es eine Unterlassungsklage. Das will keine Staatsanwaltschaft." Zuletzt sei das etwa im Zuge der Razzia gegen die "Letzte Generation" passiert. Die bayerische Generalstaatsanwaltschaft nannte die Aktivisten "kriminelle Vereinigung" – weit vor einer möglichen Verurteilung. Die Aktivisten bereiteten daraufhin eine Unterlassungsklage vor, wie t-online berichtete.

Auch könnte die Staatsanwaltschaft deshalb schweigen, um etwaige laufende Ermittlungen nicht zu behindern oder zu gefährden. "Vor allem aber wollen sie sich nicht angreifbar machen." Lindemann ließ über seine Anwälte ausrichten, die Vorwürfe seien "unwahr". Sollte das stimmen, wäre die aktuell laufende Verdachtsberichtserstattung über den Sänger wohl wegen Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht angreifbar. "Ich denke, das ist sicher auch ein Grund, warum die Staatsanwaltschaft in Berlin sich nicht äußert", sagt Schmid.

Dennoch kritisiert sie die Kommunikationsstrategie der Behörde. "Wenn man es ordentlich kommunizieren würde, dass man ermittelt, dann sehe ich da keine Vorverurteilung und auch kein Problem. Also beispielsweise: 'Wir müssen von Amts wegen die Vorwürfe untersuchen, es gilt die Unschuldsvermutung. Das Ergebnis der Ermittlung ist völlig offen'", so die Rechtsanwältin. "Aber vielleicht steckt auch Politik dahinter."

*Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen Till Lindemann am 29. August eingestellt. Es konnten keine Belege für ein strafbares Verhalten gefunden werden. Hier lesen Sie die Details zu der Entscheidung. Damit handelt es sich bei dem Sänger der Band Rammstein weder offiziell um einen Tatverdächtigen noch um einen Beschuldigten.

Verwendete Quellen
  • Anfrage bei der Berliner Generalstaatsanwaltschaft
  • Interview mit der Juristin Renate Schmid
  • Statement der Anwälte von Lindemann
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