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Neue Pflicht in Berliner Freibad: "Für mich ist das Kontrollwut”


Ortsbesuch in Problembad
"Dann geht in Neukölln der Deckel hoch"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 18.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Besucher skeptisch: Das sagen die Berliner zur Wiedereröffnung des Columbiabads. (Quelle: dpa)

Nur mit Ausweis kommt man in das Columbiabad in Berlin-Neukölln. Ob das sinnvoll ist, um Krawalle zu verhindern, darüber sind sich auch die Badegäste uneins.

Rund eine Woche lang war das Freibad am Neuköllner Columbiadamm geschlossen, zu viele Mitarbeiter hatten sich nach Massenschlägereien und Krawallen krankgemeldet und einen Brandbrief geschrieben. Seit dem heutigen Montag ist das Bad wieder geöffnet. Mit einer neuen Regel: Wer baden will, muss seinen Ausweis vorzeigen.

Diese Vorgabe wird tatsächlich streng eingehalten. Das zeigt ein Ortsbesuch im Columbiabad. Der Ausweis des t-online-Reporters wird penibel kontrolliert, das Lichtbild sogar eingehend mit dem Gesicht verglichen. Auch der Rucksack wird durchsucht und abgetastet, wohl, um versteckte Glasflaschen oder ähnliches zu finden. Ein Abtasten des Körpers gibt es hingegen nicht.

Direkt am Eingang des Bades steht für die Kontrollen ein Tisch, mehrere Securitymitarbeiter sind dahinter und daneben, zwei weitere am Drehkreuz hinter der mit Schutzglas gesicherten Kasse.

Rund anderthalb Stunden später steht nur noch ein Sicherheitsdienstmitarbeiter an dem Tisch. Die Securitys wirken entspannt, scherzen mit den Badegästen.

Columbiabad in Berlin-Neukölln: "Es ist herrlich ruhig"

Anders als so oft vor der Schließung ist am Montagvormittag jedoch nirgendwo Polizei zu sehen, weder im Bad noch davor. Nur ein einsames Kamerateam steht vor dem Eingang und versucht, die spärlich in das Bad strömenden Gäste zu befragen. Denn trotz Schulferien und strahlendem Sonnenschein ist im Freibad am Columbiadamm wenig los.

Es wirkt beinahe so, als käme auf jeden Badegast ein Bademeister oder Security-Mitarbeiter, die in Zweierteams an den Becken und Liegewiesen Streife gehen. Das sieht auch Burkhardt so. "Der Betreuungsschlüssel ist hier fast eins zu eins", witzelt der Columbiabad-Stammgast.

Tatsächlich sind am Montagmittag vor allem junge Familien und Einzelpersonen im Bad. Größere Gruppen gibt es nicht. "Es ist herrlich ruhig", so Burkhardt. Er und seine Freundin Susanne, beide wohl um die 40, kommen oft her, um "Bahnen zu ziehen". Sie freuen sich, dass wieder geöffnet ist. Das Columbiabad "ist ein tolles Bad", so der Badegast. Die Krawalle, wegen derer das Bad mehrmals geräumt werden musste, seien Ausnahmen.

Bei der Frage nach der Ausweiskontrolle sind die beiden jedoch grundsätzlich anderer Meinung. "Für mich ist das Kontrollwut", erklärt Susanne. "Mich freut die Maßnahme nicht. Die Leute, die sich hier in Rage bringen lassen, werden sich von einer Ausweispflicht nicht abhalten lassen."

"Lieber Jugendarbeiter ans Schwimmbecken stellen"

Außerdem ärgert es sie, dass sie nun den Ausweis zum Baden mitnehmen muss. "Außer Handtuch und Badesachen nehme sonst nie etwas mit, das ich nicht dringend brauche. Meinem Sohn sage ich auch immer: 'Nimm nichts zum Baden mit, das kannst du nur verlieren'. Und wenn man ihn aus Versehen zu Hause gelassen hat, kann man nicht baden."

Außerdem, so Susanne, würde die Ausweispflicht das Grundproblem nicht lösen. "Statt Securitymitarbeiter sollen sie lieber Jugendarbeiter ans Schwimmbecken stellen."

Anders sieht das ihr Freund Burkhardt. "Mich stört die Ausweispflicht absolut nicht. Hauptsache, ich kann in Ruhe schwimmen." Das könne er auch dann, wenn es wieder mal einen Zwischenfall im Bad gebe. "Nur wenn es geräumt wird, ist das blöd." Er könne dann schließlich nicht mehr "Bahnen ziehen". Die massiven Eskalationen der letzten Zeit schiebt er auch auf die Politik. "Wenn die Bezirke kein Geld mehr haben, dann kommt es eben zu solchen Auswirkungen."

Gast: "Klienteltrennung. Schwimmen hier, springen dort."

Es überrascht ein wenig, dass Burkhardt die Ausweispflicht so entspannt sieht. Denn beinahe wäre er deswegen nicht ins Columbiabad gekommen. "Ich wusste, dass ich einen Ausweis brauche, habe ihn aber trotzdem zu Hause vergessen."

Zum Glück habe er als Stammkunde im Freibad eine Monatskarte: Auf ihr seien, wie bei einem Ausweis, ein Foto und der Name des Besitzers abgedruckt. Mit ein wenig "Palaver", wie er sagt, hätten die Securitymitarbeiter ihn dann auch ohne den eigentlichen Ausweis reingelassen. "Die hätten sich aber sonst nicht erweichen lassen, ich wäre nicht reingekommen. Aber das wäre dann natürlich meine Schuld gewesen, ich wusste es ja vorher."

Beide würden sich statt Ausweispflicht lieber längere Öffnungszeiten des Columbiabads wünschen. "Dann entzerrt sich alles etwas", so der Stammgast. Außerdem würde das Paar es begrüßen, wenn auf die räumliche Trennung im Bad stärker geachtet würde. "Die Sprungtürme sind direkt am Hauptschwimmbecken. Wenn das in Zukunft anders wäre, könnten wir viel eher in Ruhe schwimmen und die Jugendlichen ihren Spaß haben", so Susanne. "Klienteltrennung. Schwimmen hier, springen dort."

Wichtig ist der Schwimmerin auch, dass das Bad in Zukunft offen bleibt. "Wenn hier bei den Temperaturen niemand eine Chance auf Wasser und Erholung hat, geht in Neukölln der Deckel hoch."

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen
  • Gespräche mit Badegästen
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