Wiesn auf Rügen: Hier findet das nördlichste Oktoberfest Deutschlands statt

Oktoberfest im hohen Norden? Das kann ja nicht gut sein. Oder? t-online hat sich bei der Wiesn auf Rügen umgeschaut. Und überraschende Erkenntnisse gewonnen.

Seit über einer Woche läuft dieses Jahr schon das legendäre Oktoberfest auf der Münchner Theresienwiese. Das Volksfest gilt als das bekannteste der Welt, Hunderttausende internationale Gäste untermauern diesen Ruf. In 38 Festzelten wird 18 Tage lang getrunken, gegessen und gefeiert. Doch nicht nur in München gibt es die Wiesn. Auch auf der anderen Seite Deutschlands, auf Rügen, wird zünftig gefeiert. t-online ist vor Ort gewesen und hat herauszufinden versucht: Wie schneidet das wohl nördlichste Oktoberfest Deutschlands im Vergleich zum Original ab?

Es ist Samstagabend, die Straßen von Bergen auf Rügen sind beinahe leer. Doch stumm sind sie nicht. Bässe sind zu hören, sie beherrschen die auf einem Hügel gelegene Stadtmitte. Schnell lässt sich die Quelle ausmachen: das Oktoberfest der Rügener Hauptstadt. Bereits im zweiten Jahr wird hier anlässlich des Schützenfestes auch die Wiesn gefeiert, wie Veranstalter Brian Mehlberg erzählt.

400 statt Millionen Besucher: Auf Rügen gilt ein kleinerer Maßstab

Wie bei der Münchner Wiesn wird auf der Ostseeinsel ebenfalls im Bierzelt gefeiert. Doch statt 38 gibt es eben nur ein einziges. Zudem pilgern nicht Millionen von Besuchern auf das Fest, es ist für die Bergener selbst gedacht. Knapp 14.000 Einwohner hat die Kleinstadt, Touristen sind zu dieser Jahreszeit kaum noch da.

Zwei Tage lang wird auf Rügen zünftig gefeiert, pro Abend kommen rund zweihundert Gäste, schätzt Mehlberg. Um die fünfhundert Liter Bier werden sie bis zum frühen Sonntagmorgen wohl getrunken haben. Zwar werde im Norden traditionell auch gerne Bier getrunken, so Mehlberg. "Aber irgendwann gehen die Leute zu Schnäpsen oder Longdrinks über."

Am Eingang folgt dann jedoch gleich die Ernüchterung. Anders als beim Original muss man auf Rügen zahlen, um ins Bierzelt zu kommen. Fünf Euro kostet der Eintritt. Komme man in Tracht, gehe es allerdings gratis rein, erklärt der Veranstalter. Ein Angebot, das offenbar einige Rügener genutzt haben. Überraschenderweise sind an vielen Tischen Dirndl und Lederhosen zu sehen. Trotz der stolzen 700 Kilometer Luftlinie bis zur Theresienwiese.

"Auf der Reeperbahn nachts um halb eins": Wiesn-Originale fehlen

Es bleibt auf Rügen auch beim Programm recht nah am Original. Selbst die traditionellen Böllerschützen fehlten nicht und hüllten das Städtchen am Samstagvormittag in dichten Rauch. Am Abend heizt dann ein Sänger mit Band den Gästen ein, das kennt man aus dem Freistaat ebenfalls. Wobei sich die Liedauswahl wohl eher nicht auf der Münchner Wiesn finden dürfte. Statt zu der Spider Murphy Gang oder wenigstens Hulapalu wird auf Rügen zu "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" geschunkelt – und pärchenweise getanzt. Ein auf dem originalen Oktoberfest eher seltenes Phänomen.

Dennoch muss man eine Lanze für die Rügener Wiesn brechen. Statt lokalen Bieren wie Lübzer oder Stralsunder kommt hier tatsächlich das echte Paulaner Oktoberfestbier in die Maßkrüge. Auch preislich wird sich fast am Original orientiert: Zwölf Euro müssen Gäste für den Liter berappen, sechs Euro für die Hoibe.

Trotzdem sind – selbst um neun Uhr abends – noch keine Bierleichen zu sehen. Für die Münchner Wiesn absolut untypisch. Allerdings geht das Fest auf Rügen auch noch etwas länger. "Bis eins werden wir schon noch feiern heute", sagt Mehlberg grinsend.

Klar, das Oktoberfest auf Rügen kann mit der Münchner Wiesn schwerlich mithalten. Doch überraschenderweise gibt es viele Punkte, bei denen man sich am Original orientiert. Und allein dass auf der Ostseeinsel originales Wiesn-Bier ausgeschenkt wird, adelt das Bergener Oktoberfest schon beinahe. In dem Sinne: "Ein Prosit der Gemütlichkeit."