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Berliner Kältebus: Und dann liegt da ein Mann mit blutverschmiertem Gesicht


Im Kältebus durch die Nacht
Und dann kippt plötzlich die Stimmung

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 29.01.2022Lesedauer: 10 Min.
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Erich kämpft mit dem Gurt im Kältebus, Olli sucht nach einer Maske für den Mann: Bald wird Erich zumindest in dieser Nacht ein Dach über dem Kopf haben – im Hausflur konnte er nicht bleiben.Vergrößern des Bildes
Erich kämpft mit dem Gurt im Kältebus, Olli sucht nach einer Maske für den Mann: Bald wird Erich zumindest in dieser Nacht ein Dach über dem Kopf haben – im Hausflur konnte er nicht bleiben. (Quelle: Mario Firyn)

Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kreuzt der Kältebus durch die Stadt. Die Helfer treffen jede Nacht auf schlimme Schicksale. Nicht immer ist ihre Hilfe willkommen. Einmal droht die Lage sogar zu eskalieren.

Obwohl er hier nicht sein darf und in seinem eigenen Blut liegt, ist Erich ihnen sehr dankbar. Lallend drückt er seine Freude über die Hilfe aus, die er gerade bekommen hat. Hilfe aufzustehen. Hilfe, die Treppe runterzutaumeln, statt zu fallen.

Geholfen wird Erich von Olli und Karla. Die beiden fahren ehrenamtlich einen der Kältebusse der Berliner Stadtmission. Insgesamt 2.000 Obdachlose zählte der Senat Anfang 2020 in Berlin. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass es viel mehr sind. Sie prägen das Stadtbild, gehören fast schon dazu. Beachtet werden sie meist nur, wenn sie laut oder im Weg sind, stören. Kaum jemand bleibt stehen, hilft oder unterhält sich. Ganz anders Oliver Stemmann, 62, und Karla Kopernik, 27.

Die beiden Ehrenamtlichen helfen, wo es geht. Mit warmem Kaffee, etwas zu essen oder einer Fahrt in eine der Berliner Notunterkünfte. Oliver, genannt Olli, ist der "Methusalix" im Team, wie er sagt. Wenn er nicht nach Feierabend ehrenamtlich im Kältebus sitzt. Seit elf Jahren ist er Fahrer. Er hat das "Privileg", stets freitags im Bus zu sitzen. "So kann ich samstags ausschlafen." Die Schicht im Bus geht gerne mal bis vier Uhr morgens, wenn viel los ist.

Karla arbeitet auch Vollzeit, in einem Start-up, das Lebensmittel rettet. Sie ist den zweiten Winter dabei. Eigentlich wollte sie soziale Arbeit studieren, stattdessen engagiert sie sich jetzt sozial. "Ich kriege aus einer Schicht viel mehr zurück, als ich gebe. Dankbarkeit, Gespräche", sagt die 27-Jährige.

Winter in Berlin: Keine Nacht im Kältebus ist wie die andere

Es ist früh dunkel an diesem Freitagabend. Und kalt. Das Thermometer wird unter null Grad fallen, dazu wird es Schnee geben.

Bevor es losgeht, wird der Bus eingeräumt. Ganz wichtig: das Orga-Tablet. Hier werden bald die Einsätze angezeigt, die der Bus abfahren soll. Aus dem Lager werden Schlafsäcke, Decken, Isomatten, 5-Minuten Terrinen, Kannen mit heißem Wasser, Tee und Instant-Kaffe geholt.

Zusammen überlegen die beiden, was wichtig ist. Was wird diese Nacht gebraucht? Welche Dinge, die noch den ganzen Winter reichen müssen, haben sie zu wenig im Lager? Sie rauchen noch eine Zigarette, dann geht es um Punkt 21 Uhr los.

"Jede Nacht ist anders. Nur das Einräumen vom Bus und das Abstellen auf dem Parkplatz am Ende sind gleich", erklärt Karla. Was heute wohl passiert? Im Schnitt gibt es zehn Aufträge pro Nacht, verteilt auf die ganze Stadt, drei Busse sind in Berlin unterwegs. Bis zu 130 Kilometer legen sie dabei jedes Mal zurück. Offiziell soll die Nacht bis 2.30 Uhr morgens gehen. Oft dauert es länger. Wie auch an diesem Freitag.

Corona, Inzidenz, Impfung – auch auf der Straße wichtige Themen

Thomas ist der erste Kunde des Kältebusses. Er sitzt mitten auf dem Ku’damm auf einem Stück Karton. Vor sich einen Pappbecher, auf spendable Passanten an der Nobelstraße hoffend. Olli hat ihn aus dem Augenwinkel ausfindig gemacht. Er fährt ran, sie nähern sich dem Mann. Ruhig und freundlich sind sie, knien sich vor ihm hin. Ihm scheint es gut zu gehen, er braucht nichts, sagt Thomas. Selbst eine Suppe oder einen warmen Kaffee lehnt er ab.

Schnell kommen die aktuell omnipräsenten Themen auf: Corona, die Impfungen. Smalltalk, manchmal "wertvoll wie eine warme Decke", meint Olli. Thomas ist schon dreimal geimpft. Im Impfzentrum, wie er stolz erzählt. Thomas ist mit dem zufrieden, was er hat. Er lächelt dem Bus noch hinterher. Dann konzentriert er sich wieder auf die Passanten.

Nur wenige Fahrminuten weiter entdecken Olli und Karla den zweiten Obdachlosen dieser Nacht. Er liegt ebenfalls am Ku’damm, direkt neben einem teuren Steakhaus. Er spricht gebrochenes Deutsch und ist viel zu schlecht ausgestattet für diese kalte Nacht. Kein Schlafsack, nur auf einer dünnen Decke liegt er in einer Ecke. Bloß ein wenig geschützt vor dem Wind – und den Passanten, die, ohne ihn anzuschauen, an ihm vorübergehen. Sebastian heißt er, ist 38 und lebt seit 20 Jahren auf der Straße.

Zwei Grad über null: Für Sebastian "nicht kalt"

Seine Familie sei tot. Und auch sonst niemand da, der ihm helfen konnte. Seine Sachen sind ihm gestohlen worden: Klamotten und Schlafsack weg, Papiere und das bisschen Geld auch. Nicht weit entfernt von der Stelle, an der er heute übernachten möchte.

Trotzdem will er lieber auf der Straße bleiben. In eine der Unterkünfte möchte er nicht, es seien ihm dort zu viele Leute. Eigentlich ist die Aufgabe des Busses der Berliner Stadtmission, Obdachlose in die Notunterkünfte der Stadt zu bringen. Geholfen wird trotzdem, auch wenn eine Überführung nicht nötig oder nicht gewollt ist.

Sebastian bekommt das volle Programm vom Kältebus. Eine warme Suppe, Kaffee, eine neue FFP2-Maske. Dazu noch einen Schlafsack und eine Isomatte. Er freut sich, lässt sich gerne bei der Errichtung seines Schlafplatzes fotografieren. "Das hilft mir heute Nacht. Gut, dass es euch gibt", strahlt Sebastian. Obwohl es nur noch zwei Grad hat, "ist es heute nicht so kalt", wie er sagt. "Noch friere ich nicht, ich bin Kälte gewöhnt."

Dennoch sticht die kalte Nacht in jedes freie Stück Haut. Die Passanten verkriechen sich tief in ihren Jacken. Karla kniet sich zu dem Mann herunter, gibt ihm eine Tüte Süßigkeiten. Leider kann sie ihm nicht noch mehr helfen. Eine Winterjacke hätte er gerne. Wie seine Decke und seine Jeans ist auch seine Sportjacke viel zu dünn. Und eine Wohnung. Beides kann Karla ihm nicht geben.

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Immer wieder werden die Helfer von ihren "Kunden" auch beleidigt. Oft von den gleichen. Über eine solche Kandidatin stolpern sie gegen 22 Uhr abends. Eine alte Frau mit einem Einkaufswagen. Sie will sich nicht helfen lassen, wird gerne ausfallend. Trotzdem halten Olli und Karla jedes Mal an, wenn sie sie sehen. Unterstützung möchte die Frau auch diesmal nicht. Immerhin bleibt sie friedlich.

Inzwischen hat Olli sich der Musikanlage des Busses bemächtigt. Mit lautem Techno wummert der Kältebus durch die Nacht. Immer wieder machen die Freiwilligen kurze Stippvisiten bei ihnen bekannten Obdachlosen.

Diebstahl, Verlust, pure Armut – nicht alle haben einen Schlafsack

Dann kommt ein Auftrag rein, den die beiden abarbeiten wollen. Eine wohnungslose Person wurde aus dem Warteraum eines Krankenhauses geschmissen, der Bus soll den Mann abholen. Kurz ist die Fahrt. Auch weil die Freiwilligen, wie Olli sagt, "im Auftrage des Herrn unterwegs sind". Also Vorfahrt haben. Am Krankenhaus angekommen, weiß niemand Bescheid. Nach kurzer Suche finden sie den Mann. Einen jungen Flüchtling, völlig ohne Gepäck. Er spricht kaum Deutsch.

Karla telefoniert die Notunterkünfte durch. Ob noch ein Platz da ist für den Mann? Glück gehabt, ein paar wenige sind noch frei. Yud heißt der Rausgeschmissene. Er kommt aus Damaskus, der Hauptstadt Syriens. Er wirkt zurückhaltend und eingeschüchtert, spricht kaum. Yud gibt zu verstehen, dass er kein Geld hat. Ob sie ihn trotzdem mitnehmen? Als er merkt, dass die Fahrt umsonst ist, wirkt er erleichtert. Zumindest für eine Nacht hat er jetzt ein Dach über dem Kopf. Auf der Fahrt zu der Unterkunft darf er die Musik aussuchen. Mit Rock 'n' Roll auf höchster Lautstärke geht es zur Unterkunft. Statt Kälte – für kurze Zeit ein Partybus.

Nachdem Yud sicher in seiner Übernachtungsmöglichkeit angekommen ist, geht es gleich wieder weiter. Olli möchte Tanja besuchen, eine alte Bekannte. Seit zwei, drei Jahren kommt er regelmäßig zu ihr.

Ihre letzte Anschrift wiederholt sie wie das Vaterunser

Tanja, 44, hat ihr Lager hinter einer großen, hässlichen Schwimmhalle. Als würde sie sich in den Windschatten des Gebäudes kauern, liegt ihre Schlafstätte wie geduckt an dem Beton. Ein löchriges Zelt, drei Einkaufswagen. Überall liegt etwas rum. Flaschen, Tüten, Aufgelesenes von der Straße. Tanja freut sich, als sie den Kältebus sieht. Auch wenn der sie beim Toilettengang an einem nahen Grünstreifen stört und die Scheinwerfer sie mit heruntergelassenen Hosen streifen.

Erst mal einen Kaffee und eine Kippe, Olli dreht ihr zwei für später. Tanja erzählt viel, hört kaum auf zu reden. Immer wieder springt ihr Wortfluss hin und her, kreist um die Stationen ihres Lebens. Kinderheim, Erbstreitigkeiten, Beziehungskrisen. Ein Überfall, Krankenhaus, die Adresse ihrer letzten Wohnung. Die ehemalige Anschrift erwähnt sie im Gespräch Dutzende Male. Wie eine Salve aus einem MG, wie ein Vaterunser. Ihr Leben dreht sich noch immer um diese Adresse.

Den Platz an der Schwimmhalle hat sie sich nur deshalb ausgesucht, weil er so nah dran ist. Noch immer träumt sie davon, einfach in ihre Wohnung zurückzukehren. Warum sie sie verloren hat, wird nicht richtig klar, zu sprunghaft sind ihre Ausführungen.

Selbst gehäutet: "Ich bin kein Schmerzpatient"

Ansonsten gehe es ihr aber gut, sagt sie. Auch die Kälte mache ihr nichts aus. "Zwei Grad sind doch noch warm." Außer an den Füßen, da friert sie, hat sie sich doch vor Kurzem die Haut dort abgekratzt. Wegen eines Ausschlags, es habe eben gejuckt. "Selbst gehäutet", nennt Tanja das. "War aber nicht so schlimm, ich bin kein Schmerzpatient." Dann muss der Bus auch schon weiter.

Es geht zum Ostbahnhof. Eine Frau hat angerufen, möchte in eine Notunterkunft gebracht werden. Der Ostbahnhof gilt als Hotspot, ein Treffpunkt für Obdachlose. Drinnen schlafen darf man zwar nicht, das verhindert das DB-Wachpersonal. Sich immer wieder in der Eingangshalle aufwärmen, das geht allerdings. Demensprechend viel ist auch los, als der Bus um halb eins direkt vor dem Bahnhof hält.

Während Olli und Karla die gesuchte Frau nicht finden können, erregt der Bus Aufmerksamkeit. Erst die von einer Gruppe Polen, die lautstark lachend und streitend um eine Kiste "Pivo" sitzen. Dann von immer mehr Obdachlosen, teilweise nur mit ausgetretenen Badelatschen an den Füßen. Nüchtern wirkt keiner.

Tee und Kaffee werden ausgegeben, 5-Minuten-Terrinen, warme Socken. Mitfahren möchte niemand. Erst mal. Auch die gesuchte Frau taucht schließlich auf. Karla spricht lange und eindringlich mit ihr, helfen kann sie ihr trotzdem nicht. Der einzige freie Platz für eine Frau ist in einer Unterkunft, in die sie partout nicht gehen will. Karla redet ihr gut zu, überlegt, wo die Frau hinkann. Die Wohnungslose hat wohl Bekannte in der Stadt. Ob sie da nicht hinfahren und um Obdach bitten könnte? Das könnte klappen, sie macht sich auf den Weg. An den Füßen trägt sie nur Socken und Flipflops, ihre gesamte Habe ist in einer Einkaufstüte.

Zwei Frauen, sechs Kinder – ihnen kann nicht geholfen werden

Während die Frau sich auf den Weg macht, strömen junge Partygänger aus dem Bahnhof. Fröhlich, angetrunken, den Auflauf um den Kältebus nicht beachtend. Plötzlich kippt dann die Stimmung. Einer der Polen möchte doch mit in eine Unterkunft fahren. Oder etwas Bestimmtes haben. So klar wird das nicht aus seinem babylonischen Redeschwall, den er auf Olli ablädt.

Immer aggressiver wird der Mann, steigert sich selbst in Rage. Zwischendrin immer wieder Beleidigungen, auf Polnisch und Deutsch. Olli bleibt zwar äußerlich entspannt, dennoch dauert es nicht lange und der Bus fährt weiter. Die Speisung der Armen ist beendet. Inzwischen hat es angefangen zu schneien.

Die Aufträge häufen sich, nicht allen kann geholfen werden. Einmal meldet sich die Polizei, zwei Frauen mit insgesamt sechs Kindern bräuchten dringend eine Unterkunft. Aber keine Chance, die Familienplätze sind alle längst belegt, auch bei den anderen wird es knapp. Ab jetzt muss priorisiert werden. Die Notunterkünfte sind voll, besonders jetzt, weil sie wegen Corona nur zur Hälfte belegt werden dürfen. Wer braucht die Hilfe am meisten? Das ist am Telefon schwer zu sagen, erklärt Karla. "Man kann sich ja nur auf das verlassen, was einem erzählt wird." Manchmal werde das auch ausgenutzt, fügt Olli hinzu.

"Es gibt Nächte, da fährt man nur eine Person, und das war genau richtig. Manchmal hat man fünf, sechs, sieben Fahrten, aber hat eigentlich nur Taxifahrer gespielt", erklärt Olli. "Manche kennen das System gut. Sprechen Passanten an, die bei uns anrufen sollen. So müssen sie nicht Bahn fahren oder bekommen umsonst etwas Warmes."

"Schlaue Füchse" versuchen zu tricksen

Auch das erleben Karla und Olli in dieser Nacht. Kurz nach eins, es schneit schon, werden sie zu zwei Obdachlosen gerufen, die angeblich in ein Notquartier gebracht werden wollen. Vor Ort sieht die Lage ganz anders aus. Die beiden Polen, sie sprechen kaum Deutsch, haben es sich anders überlegt. Einer möchte nur mit, wenn er ein Einzelzimmer bekommt, er habe eine psychische Erkrankung. Das geht nicht. "Wir sind ja kein Hotel", erklärt ihm Olli.

Der andere möchte auf einmal nicht mehr mit. Zum ersten Mal in dieser Nacht wirkt Olli genervt. "Mal hin, mal her." Suppe bekommen die beiden trotzdem, Tee auch. Zwar bedanken sie sich überschwänglich, wollen aber offensichtlich noch mehr. Am liebsten neue Schlafsäcke. Sie werden aufdringlicher, sehen aus, als würden sie sich einfach welche aus dem Bus schnappen wollen. Trotz Olis lautstarkem "finish" lassen sie nicht locker, bekommen am Ende doch welche. "Das sind schlaue Typen. Die haben diese Woche schon Schlafsäcke bekommen und wollen immer mehr", sagt Olli. "Bei so kleinen Füchsen kommt das öfter vor, so ein Trick, um an Sachen zu kommen."

Einen Auftrag wollen die Helfer auf jeden Fall noch bearbeiten. Es ist inzwischen kurz vor zwei Uhr. Ein Mann liegt auf der Treppe im zweiten Stock eines Wohnhauses. Der Anrufer will Blut gesehen haben. Es könnte ernst sein. Vor Ort findet sich ein verwahrloster älterer Mann. Um ihn herum leere Bierflaschen mit Schraubverschluss, Zigarettenkippen. Und Blut.

Leben auf der Straße: "Berlin fetzt!"

Kaum ansprechbar ist der Mann, möchte weiterschlafen. Das geht allerdings nicht. In ein Krankenhaus möchte er auch nicht, er habe nur plötzliches Nasenbluten bekommen. Einfach so. Diese Geschichte müssen die Helfer glauben. Allmählich spricht er doch. Erich heißt er, komme ursprünglich aus Gummersbach in der Nähe von Köln. 54 ist er, sieht jedoch viel älter aus. Was er von der Stadt hält, die ihn so schlecht behandelt hat? "Berlin fetzt", lallt er.

Erst mal will er eine rauchen, noch im Treppenhaus liegend. Auch in eine Unterkunft will er nicht, lieber hierbleiben. Olli spricht ihm gut zu, will ihn überreden. Draußen zu rauchen und doch mit in eine Unterkunft zu kommen. Nach längerem Hin und Her gelingt es. Zumindest theoretisch. Die Treppe steht noch als Hindernis zwischen Erich und dem Kältebus.

Hinauf kam er sie wohl, die andere Richtung bereitet Probleme. Immer wieder droht Erich zu stürzen, Olli muss auf ihn aufpassen. Damit er nicht fällt, soll Erich sich die offenen Schuhe binden. Das dauert mehrere Minuten, sieht mühselig aus. Dann kann der Abstieg weitergehen, danach durch den Schnee zum Bus.

Doch zuerst muss Erich "aufs WC", wie er sagt. Bevor ihn jemand aufhalten kann, zieht er sich die Hose runter und macht vor das Haus. Die Helfer ignorieren das. So etwas sind sie gewohnt. Politiklehrer sei Erich gewesen, erzählt er. Dann habe ihn die Frau verlassen, da nahm seine Abwärtsspirale ihren Anfang. Irgendwann ist er endlich sicher im Bus, das Gesicht noch blutverschmiert.

Es ist weit nach zwei Uhr – und das Telefon steht nicht still. Das Abendessen muss hintenanstehen. Es soll noch eine lange Nacht werden für Olli und Karla. Nachdem sie Erich ein Dach über dem Kopf verschafft haben, geht es direkt weiter. Erst um zwanzig nach vier rollt der Bus wieder auf den Hof der Berliner Stadtmission. Erst mal Feierabend. Bis zum nächsten Einsatz in einer bitterkalten Nacht.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Gespräch mit der Pressestelle der Berliner Stadtmission
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