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Tödliche Fahrt in Berlin: "Dunkler Tag in Stadtgeschichte"


32 Verletzte und eine Tote bei Amokfahrt
"Ein dunkler Tag in der Berliner Stadtgeschichte"

Von afp, dpa, pdi, fas

Aktualisiert am 08.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Berlin: Innensenatorin Iris Spranger und Bürgermeisterin Franziska Giffey gaben jetzt Details zur Todesfahrt bekannt. (Quelle: reuters)
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Schreiende Menschen, Schwerverletzte, Sirenen: Nahe der Berliner Gedächtniskirche rast ein Auto in eine Schülergruppe, eine Lehrerin stirbt, 32 weitere Menschen werden verletzt. Die Politik spricht von einer Amoktat. Der Fahrer gilt als psychisch auffällig.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat die Todesfahrt eines 29-Jährigen in der Hauptstadt am Mittwoch als einen "dunklen Tag in der Berliner Stadtgeschichte" bezeichnet. Es kämen Bilder aus dem Jahr 2016 vom Anschlag am Breitscheidplatz zurück, sagte Giffey am Donnerstag im RBB.

Bei dem Vorfall in der Nähe vom Breitscheidplatz waren eine Frau getötet und weitere 32 Menschen verletzt worden. Die Gesamtzahl der Verletzten war zuvor noch unklar gewesen.

Eine Schülergruppe aus Hessen war in der Nähe der Berliner Gedächtniskirche von einem Autofahrer erfasst worden, ihre Lehrerin wurde in den Tod gerissen. Unter den Verletzten waren 14 Schülerinnen und Schüler der hessischen Schule, sagte ein Polizeisprecher. Ein schwer verletzter Lehrer kämpfe noch ums Überleben, hieß es am Donnerstagnachmittag von der Berliner Staatsanwaltschaft. Die schwer verletzten Schüler seien inzwischen jedoch wieder außer Lebensgefahr. Zudem wurden 17 Passanten unterschiedlich schwer verletzt. 50 weitere Personen mussten nach Polizeiangaben psychologisch betreut werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Mittwochabend von einer Amoktat gesprochen. "Die grausame Amoktat an der Tauentzienstraße macht mich tief betroffen", schrieb der SPD-Politiker bei Twitter. "Die Reise einer hessischen Schulklasse nach Berlin endet im Alptraum. Wir denken an die Angehörigen der Toten und an die Verletzten, darunter viele Kinder. Ihnen allen wünsche ich eine schnelle Genesung."

Auch Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat die Todesfahrt eines 29-Jährigen in der Hauptstadt am Mittwoch als "Amoktat" bezeichnet. "Nach neuesten Informationen stellt sich das heutige Geschehen in der Tauentzienstraße als eine Amoktat eines psychisch beeinträchtigten Menschen dar", erklärte Spranger am Abend bei Twitter.

Psychisch auffälliger Fahrer

Ein Verdächtiger – ein 29 Jahre alter, in Berlin lebender Deutsch-Armenier – wurde am Mittwoch gefasst und in ein Krankenhaus gebracht. Inzwischen hat er das Krankenhaus wieder verlassen und befindet sich in Polizeigewahrsam. Es spreche vieles dafür, dass der 29-Jährige an einer paranoiden Schizophrenie leide, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Daher werde seine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik beantragt.

Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund gebe es derzeit nicht, so die Staatsanwaltschaft. Die Taten werden rechtlich als Mord oder versuchter Mord gewertet. Es sei wahrscheinlich, dass der Mann in schuldunfähigem Zustand gehandelt habe.

Amokfahrt in Berlin: "Kein richtiges Bekennerschreiben"

Im Wagen wurden neben Schriftstücken auch Plakate mit Aufschriften gefunden. "Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht", sagte Innensenatorin Spranger. Zuvor hatte es aus Polizeikreisen geheißen, es sei ein Bekennerschreiben gefunden worden. Spranger sprach von "Plakaten", auf denen Äußerungen zur Türkei stünden.

Der Fahrer war nach dpa-Informationen mit einem Auto unterwegs, das seiner älteren Schwester gehört. Der jetzt 29-jährige Mann armenischer Herkunft wurde Sprangers Angaben nach 2015 in Deutschland eingebürgert. Bei der Polizei sei er mehrfach aufgefallen, es habe Ermittlungen gegeben wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung gegeben. Die Schwester des Verdächtigen sagte einem "Bild"-Reporter: "Er hat schwerwiegende Probleme." Nachbarn äußerten sich der Zeitung zufolge erstaunt, "dass er zu so einer Tat fähig ist." Was bisher zu dem 29-Jährigen bekannt ist, lesen Sie hier.

"Es verschlägt uns die Sprache"

Am Abend gedachten unterdessen zahlreiche Menschen in der Gedächtniskirche der getöteten Frau und der Verletzten. Vor Ort waren unter anderem Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (beide SPD), aber auch Einsatzkräfte der Feuerwehr und Polizei. Auch viele Bürgerinnen und Bürger drückten bei der Andacht ihre tiefe Anteilnahme aus.

Über arglose Menschen sei bei dem Vorfall am Mittwoch "brutale Gewalt" eingebrochen, sagte die Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein bei der Andacht. "Eine solche Situation verschlägt uns die Sprache." Viele Zeugen und Betroffene hätten noch die Schreie der Menschen in den Ohren. Die Polizei richtete eine Telefonhotline für Angehörige ein, vor Ort waren Seelsorgerinnen und Seelsorger im Einsatz.

Der Vorfall am Mittwoch spielte sich nach bisherigem Stand so ab: Der Mann fuhr den Renault-Kleinwagen am späten Vormittag an der Straßenecke Ku'damm und Rankestraße auf den Bürgersteig des Ku'damms und in die Menschengruppe. Dann fuhr er auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauentzienstraße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marburger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürgersteig, touchierte ein anderes Auto, überquerte die Marburger Straße und landete im Schaufenster einer Parfümerie.

Erinnerungen an Terroranschlag 2016 und Amokfahrt 2020

Die betroffenen Schüler sollen eine Anlaufstelle in ihrer Schule finden. An diesem Donnerstag werde die Schule ihren Regelbetrieb aufnehmen und zugleich die Schüler in Empfang nehmen, die aus Berlin mit Bussen zurückgebracht würden, sagte der Bürgermeister von Bad Arolsen, Marko Lambion (unabhängig). Betroffen sei eine Abschlussklasse mit 24 Schülern einer Realschule in Bad Arolsen. Sie sollten betreut und aufgefangen werden.

Der Unfallort befindet sich unweit der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg. Dort war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. Dabei und an den Spätfolgen starben insgesamt 13 Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.

Die Gegend, in der sich der tödliche Vorfall am Mittwoch ereignete, ist wegen der vielen Geschäfte, Cafés und Sehenswürdigkeiten oft sehr belebt. Sie ist ein Anziehungspunkt für Touristen aus dem In- und Ausland.

Der Fall weckte in Berlin auch Erinnerung an eine Amokfahrt auf der Stadtautobahn A100 im August 2020, als ein Autofahrer gezielt drei Motorradfahrer rammte. Er wurde vom Gericht in die Psychiatrie eingewiesen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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