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Friedhelm Funkel im Interview: Kritik an BVB und Schalke – Lob für Bochum


Friedhelm Funkel zur Lage der West-Clubs
"Der BVB ist verdammt, zu gewinnen"

InterviewVon Dietmar Nolte

18.01.2024Lesedauer: 7 Min.
Interview
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Friedhelm Funkel in der Merkur Spiel-Arena in Düsseldorf: Den 70-Jährigen zieht es zurück auf die Trainerbank.Vergrößern des Bildes
Friedhelm Funkel in der Merkur Spiel-Arena in Düsseldorf (Archivbild): Der 70-Jährige wohnt in Krefeld. (Quelle: IMAGO/Revierfoto/imago-images-bilder)

Trainer-Legende Friedhelm Funkel tadelt im Interview den BVB und Schalke, lobt aber seinen Ex-Klub VfL Bochum. Ihn selbst zieht es zurück auf die Bank.

Den BVB sieht er unter brutalem Druck, beim VfL Bochum läuft dagegen vieles richtig gut – und bei Schalke 04 steht er vor einem großen Rätsel: Zum Auftakt der Rückrunde spricht Trainer-Legende Friedhelm Funkel im Interview mit t-online über die Klubs aus dem Ruhrgebiet und bewertet deren Entwicklung. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass es ihn selbst auch mit 70 Jahren wieder zurück auf die Bundesliga-Bank zieht.

t-online: Herr Funkel, war der BVB für Sie die größte Enttäuschung der Hinrunde?

Friedhelm Funkel: Der BVB ist neben Union Berlin aktuell die Mannschaft, die am meisten von ihren eigenen Ansprüchen entfernt ist. In der Bundesliga und im DFB-Pokal ist es alles andere als optimal gelaufen. Es gab in der Liga nur zwei Siege aus den letzten neun Spielen – das sind nicht die Ansprüche von Borussia Dortmund. 15 Punkte hinter dem Tabellenführer – damit kann niemand zufrieden sein!

Trauen Sie der Borussia in der Rückrunde die Trendwende zu?

Der BVB ist in den nächsten Wochen verdammt, zu gewinnen. Man spielt gegen Mannschaften, die eher aus dem zweistelligen Tabellenbereich kommen – nach Darmstadt jetzt Köln und Bochum, dann Heidenheim. Diese Spiele muss der BVB gewinnen. Kommt man nicht in die Champions League, wird es in Dortmund sehr unruhig. Ich traue ihnen das zu, aber sie müssen jetzt Ruhe hineinbekommen. Und sie müssen Ergebnisse liefern.

Der BVB hat sein Trainerteam mit Nuri Sahin und Sven Bender aufgerüstet. Holt sich Edin Terzić damit nicht Konkurrenz ins eigene Haus?

Das ist für mich eine absolut verständliche Aktion. Wenn du als Cheftrainer selbst stark genug und selbstbewusst bist, dann ist dieser Schritt nachvollziehbar. Man sollte die Ex-Spieler auch nicht als Konkurrenz sehen, das ist mir zu negativ. Ich habe auch immer starke Trainer an meiner Seite gehabt, ob Peter Herrmann oder Armin Reuterhahn. Und ich sage bewusst nicht Co-Trainer, weil sie – wie auch Sahin und Bender in Dortmund – bei mir zumeist das Kommando auf dem Platz gehabt und das Training geleitet haben.

Auch am Kader gab es im Winter Korrekturen – ein notwendiger Schritt?

Man hat wohl gemerkt, dass auf der linken Abwehrseite Nachholbedarf besteht und Ian Maatsen verpflichtet. Bensebaini war defensiv nicht konstant genug, von ihm hat man sich sicher mehr versprochen. Offensiv ist Jadon Sancho eine enorme Verstärkung. Zu diesem Preis-Leistungs-Verhältnis musste man ihn holen. Zumal man mit Adeyemi auf der Außenposition einen Spieler hat, der sehr oft verletzt ist. Die jungen Spieler wie Bynoe-Gittens sind hochtalentiert und machen es richtig gut. Aber ein Sancho ist ein anderer Typ und kann noch mal ganz andere Impulse setzen.

Sie trauen Sancho zu, dass er an seine Glanzzeiten in Dortmund anknüpft?

Die Verpflichtung von Jadon Sancho war ein besonderer Coup. Man sieht ihn direkt wieder lachen und ich bin sicher, dass er sehr stark einschlagen wird. Er kennt den Trainer, er kennt einen Großteil der Mitspieler, er kennt das Umfeld – das bewirkt viel bei einem Spieler, der ein Weltklasse-Potenzial hat und das zuletzt nicht abrufen konnte. Er wird in Dortmund mit offenen Armen empfangen, das tut ihm gut. Man kann sich vorstellen, was im Stadion los ist, wenn er wieder vor der Südtribüne spielt. Da blüht so ein Spieler auf.

Ein paar Kilometer weiter schreibt Ihr Ex-Verein deutlich positivere Schlagzeilen als der BVB. Welchen Eindruck hat der VfL Bochum bislang bei Ihnen hinterlassen?

Der VfL wirkt in sich sehr stabil und wird die Liga halten, da bin ich mir ganz sicher. Die Bochumer haben einen ausgezeichneten Trainer, eine gute Mannschaft und im Verein herrscht Ruhe. Dazu ist das Stadion einfach eine Wucht. Wenn es sehr gut läuft, kann der VfL um Platz zehn mitspielen. Wenn es nicht so gut läuft, wird es Platz 13, 14 oder 15. Aber ein Abstieg ist aus meiner Sicht kein Thema.

Sollte der Anspruch nicht sein, perspektivisch weiter oben in der Tabelle zu landen?

Du musst dich über jede Minute Bundesliga freuen. Du darfst es auch als VfL Bochum nie als selbstverständlich hinnehmen, dass du Erstligist bist. Und du musst den Weg der kleinen Schritte weitergehen. Jedes Jahr Bundesliga ist für den VfL ein Schritt nach vorne, um sich auch wirtschaftlich zu stabilisieren.

Sie haben Thomas Letsch gelobt. Was zeichnet den Trainer aus Ihrer Sicht aus?

Vor der Kamera wirkt er sehr ruhig und sehr klar, das wird er so auch vor der Mannschaft sein. Er hat klare Vorstellungen, lässt sich nicht nervös machen und behält mit seinem Trainerteam die Ruhe. Wenn es mal nicht läuft, haut er nicht alles in Schutt und Asche, sondern analysiert sehr klar und prägnant, auch mit viel Respekt den Spielern gegenüber.

In der Hinrunde hat der VfL nur sechs Spiele verloren, aber auch nur drei gewonnen. Belohnt sich die Mannschaft zu selten mit einem Sieg?

Es besteht auf jeden Fall Verbesserungspotenzial, wenn ich allein an die Partie gegen Köln denke, die ich selbst im Stadion verfolgt habe. Da hätte der VfL gewinnen müssen. Aber das ist eine Frage der Zeit. Manche Dinge funktionieren nicht so schnell, wie man es sich wünscht. Wichtig ist, dass der VfL nicht zu viele Partien verliert, und das war in der Hinrunde nicht der Fall. An guten Tagen ist der VfL in der Lage, nahezu jeder Mannschaft Schwierigkeiten zu bereiten.

Lassen Sie uns noch einen Blick auf den dritten großen Klub im Ruhrpott werfen. Beim FC Schalke 04 lagen Sie mit Ihrer Prognose vor der Saison komplett daneben.

Man sieht an Schalke, dass ich überhaupt keine Ahnung vom Fußball habe. (lacht) Vor der Saison habe ich es selbst so formuliert: Wenn Schalke nicht aufsteigt, habe ich keine Ahnung vom Fußball. So sicher war ich damals, dass es für sie direkt wieder nach oben geht.

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Was hat Sie so sicher gemacht? Und was ist schiefgegangen?

Thomas Reis ist erhobenen Hauptes mit der Mannschaft abgestiegen. Aus einer aussichtslosen Situation hat man das Allerbeste gemacht, trotz des Abstiegs Euphorie geweckt und die Mannschaft mit erfahrenen Spielern zusammengestellt, was für mich bei meinen Aufstiegen immer ein wichtiger Faktor war. Aber dann muss etwas passiert sein zwischen Trainer und Mannschaft, auf einmal waren die Spieler nicht mehr einverstanden mit Taktik, Training oder sonst was. Für mich waren das Ausflüchte, aber offenbar hat es in der Kabine nicht mehr gepasst.

Für Sie war die Krise eher ein Problem der Mannschaft?

Wenn die Harmonie in der Mannschaft da gewesen wäre, hättest du mit diesem Kader erfolgreich sein müssen. Kaminski, den ich selbst trainiert habe in der Bundesliga, dazu Terodde, der in der 2. Liga immer für mindestens 20 Tore gut ist – das sind Top-Spieler. Für mich war es völlig unverständlich, dass Schalke so instabil geworden ist. Inzwischen scheint das Innenverhältnis besser geworden zu sein, der neue Trainer scheint Einfluss genommen zu haben. Am Ende wird man irgendwo im einstelligen Bereich landen, aber sicher nicht aufsteigen. Dass diese Mannschaft mit diesem Potenzial und diesen Zuschauern im Rücken so weit unten in der Tabelle steht, ärgert mich einfach. Das ist nicht normal!

Klingt so, als könnte Schalke für Sie als Trainer eine reizvolle Aufgabe sein.

Ich würde mich mit jedem Verein, der anfragt, auseinandersetzen. Das ist doch ganz klar. Dann muss man die jeweilige Situation bewerten: Ist das, was der Verein braucht und erwartet, auch umzusetzen? Das ist entscheidend. Als der 1. FC Köln mich vor zweieinhalb Jahren angefragt hat, habe ich mir das Restprogramm angesehen. Nach meiner Rechnung mussten wir als damals Vorletzter aus den letzten sechs Spielen mindestens zehn Punkte holen. Es gab keine Garantie, aber es schien mir möglich – sonst hätte ich es nie gemacht. Es muss einfach passen und eine reelle Chance bestehen, mit der Aufgabe erfolgreich zu sein. Dann ist es letztlich egal, welcher Verein es ist.

Sie wollen also definitiv gerne zurück auf die Trainerbank?

Es kribbelt – die Lust ist einfach wieder da! Ich war oft im Stadion, war auch unten am Rasen. Dann sagt Steffen Baumgart zu Dir: "Mensch Friedhelm, das wäre doch was für Dich, wieder am Spielfeldrand zu stehen." Oder Kevin Stöger kommt zu Dir und sagt: "Trainer, Sie dürfen doch noch nicht in den Ruhestand gehen." Der eine oder andere hat mir gesagt, ich müsste wieder auf die Trainerbank zurück. Und dann habe ich gedacht, das ist gar kein so schlechter Gedanke. Das hat sich gefestigt. Jetzt denke mir jetzt: Wenn alles passt, warum soll ich es nicht machen? Die Lust ist auf jeden Fall da! Ich bin gespannt, wohin der Weg mich führt.

Was reizt Sie mehr – eine Mannschaft vor dem Abstieg zu retten oder zum Aufstieg zu führen?

Für mich hat beides seinen Reiz. Ich habe ja sechsmal eine Mannschaft in die Bundesliga führen können. Aber die Wahrscheinlichkeit, dort kurzfristig einzuspringen, ist eher gering, weil diese Teams in der Schlussphase selten den Trainer wechseln. Das ist mir nur einmal beim MSV Duisburg passiert, der wenige Spieltage vor Saisonende aus der Spitzengruppe gefallen war. Da hat mich mit Hannes Bongartz der damalige Trainer selbst angerufen und mich gebeten, seinen Job zu übernehmen. Das hat es in der Bundesliga wahrscheinlich auch noch nicht gegeben. Am Ende sind wir aufgestiegen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Friedhelm Funkel
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