Reichsbürger stellte 2.000 Gutachten für hessische Gerichte aus

Eine Führungsfigur der Reichsbürgerbewegung wurde von der hessischen Justiz als psychiatrischer Gutachter eingesetzt – trotz Warnungen.

Ein Reichsbürger hat im Auftrag hessischer und anderer Amtsgerichte Gutachten erstellt. Das ergab eine Kleine Anfrage der Linken im Landtag, beantwortet von Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU). Demnach wurde der psychiatrische Gutachter Klaus Maurer rund 2.000 Mal von Gerichten eingesetzt, insbesondere von den Amtsgerichten Offenbach und Frankfurt am Main. Dem Justizministerium zufolge erhielt er in Offenbach 1.236 und in Frankfurt 615 Aufträge.

Bereits im August 2022 hatte der "Spiegel" über die Einsetzung von Maurer als Gutachter berichtet. Aus der Recherche ergab sich, dass das Amtsgericht Offenbach bereits im Herbst 2020 auf den Gutachter aufmerksam geworden war. Im Oktober 2018 habe das Ministerium der Justiz bereits darauf hingewiesen, dass das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen und das zuständige Polizeipräsidium über Reichsbürgerverdachtsfälle in schriftlicher Form zu informieren sein, heißt es in der Antwort Posecks. Das Amtsgericht Offenbach habe den Verdacht nicht gemeldet.

Die Linke im hessischen Landtag forderte im August die Landesregierung dazu auf, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um die anfällige Gutachtenpraxis zu verbessern. Die Antwort auf ihre Kleine Anfrage wurde am Mittwoch veröffentlicht.

Klaus Maurer gilt ideologischer Kopf der verfassungsfeindlichen Reichsbürgerbewegung. Alleine auf Youtube finden sich mehrere Videos, in denen er Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennt – eine gängige Reichsbürger-Verschwörungstheorie. Laut Poseck warnt das Landesamt für Verfassungsschutz inzwischen vor Maurer, der drei Jahrzehnte als Gutachter tätig war. Für die Linken kommt diese Warnung zu spät. Der Verfassungsschutz in Hamburg hatte bereits im Sommer eine Warnung herausgegeben.

Die Frage, ob Maurer noch anderweitige Verknüpfungen zu öffentlich-rechtlichen Stellen habe, konnte laut hessischen Justizminister noch nicht geklärt werden. Das hessische Justizministerium sieht sich hier offenbar nicht in der Verantwortung. Die von der Verfassung garantierte richterliche Unabhängigkeit, ohne die Beteiligung der Landesjustizverwaltung, gelte auch bei der Bestellung von Sachverständigen, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage.