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Frankfurt: "Zombiestadt" – Bahnhofsviertel-Bewohner reagieren auf "The Sun"


"Gefährlichster Slum Deutschlands"
Anwohner im Bahnhofsviertel reagieren auf Boulevardblatt


10.04.2024Lesedauer: 3 Min.
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Nachdem ein englisches Boulevardblatt das Bahnhofsviertel als "gefährlichsten Slum Deutschlands" bezeichnet hat, melden sich nun Anwohner und die Stadt zu Wort. (Quelle: IMAGO/rheinmainfoto)

Ein englisches Boulevardblatt hat das Frankfurter Bahnhofsviertel als den "gefährlichsten Slum Deutschlands" bezeichnet. Anwohner sehen das anders.

Der Bericht der englischen Boulevardzeitung "The Sun" über das Frankfurter Bahnhofsviertel hat reichlich Aufsehen erregt. Die Zeitung hat den Stadtteil als "gefährlichsten Slum Deutschland" bezeichnet, in dem "Zombie-Drogensüchtige" ihr Unwesen treiben und bei Tageslicht Menschen erschossen würden. Das Boulevardblatt ist bekannt für seine überspitzte und drastische Berichterstattung.

Englische Fußballfans werden davor gewarnt, ein Hotel im Bahnhofsviertel während der EM 2024 zu buchen. Die englische Nationalmannschaft spielt nämlich am 20. Juni in Frankfurt gegen Dänemark. t-online hat nun mit den Menschen gesprochen, die im Bahnhofsviertel leben und den Artikel des Boulevardblatts gelesen haben.

"Menschen als Zombies zu bezeichnen, ist herablassend"

"Zuallererst sei gesagt, dass suchtkranke Menschen nicht immer gewalttätig sind – Gewalt gegenüber Menschen, die auch noch milieufremd sind, ist meinen Beobachtungen zufolge eher die Ausnahme", sagt eine langjährige Anwohnerin. "Menschen als Zombies zu bezeichnen, ist entmenschlichend, herablassend und diskriminierend", fügt sie hinzu.

Dass es im Bahnhofsviertel zu mehr Straftaten im Vergleich mit anderen Stadtteilen kommt, sei klar – schließlich würden dort Partymeile, Rotlicht und offene Drogenszene aufeinanderprallen, und das auf doch eher engem Raum. "Dass Menschen hier jedoch auf offener Straße erschossen werden, bleibt eher die Ausnahme. In den vielen Jahren, in denen ich hier bereits wohne, wurde ich kein einziges Mal Zeugin einer solchen Straftat", sagt sie.

Fußballfans sind gewalttätiger als suchtkranke Menschen

Sowohl das Gastgewerbe als auch die Hotellerie im Bahnhofsviertel würden sich bemühen, dass Gäste zufrieden und sicher sind, sagt die Anwohnerin. Ein solcher Artikel rücke den Stadtteil in ein schlechtes und unzutreffendes Licht und dämonisiere Menschen, die suchtkrank sind. Als gewalttätig empfinde sie eher Fußballfans, die das Bahnhofsviertel als Partymeile sehen.

Auch ein weiterer Anwohner, der seit fast zehn Jahren im Bahnhofsviertel zu Hause ist, äußert sich kritisch zu dem Artikel von "The Sun". Dieser skizziere seiner Meinung nach extreme Einzelfälle. "Hier wird nicht jede Woche auf offener Straße jemand erschossen", sagt er. Die Polizei werde während der EM im Sommer ohnehin präsenter im Bahnhofsviertel sein – dadurch dürften sich die englischen Fans sicher fühlen.

Das Bahnhofsviertel als offene Wunde der Stadt Frankfurt

"Die Darstellung des Bahnhofsviertels als offene Wunde der Stadt Frankfurt stimmt so nicht – die Berichterstattung ist sehr einseitig", so der Anwohner. Er wünscht sich eine realistischere Berichterstattung über das Bahnhofsviertel: "Warum wird nie mit Leuten gesprochen, die hier leben und das seit vielen Jahren?", fragt er.

Auch Ordnungs- und Sicherheitsdezernentin Annette Rinn (FDP) äußert sich auf Anfrage von t-online zur Sicherheit im Bahnhofsviertel im Hinblick auf die bevorstehende Europameisterschaft. So habe der Magistrat in den vergangenen Monaten vermehrte Anstrengungen zur Befriedung und Ordnung der Situation unternommen.

Stadt erwartet von Gästen ebenfalls friedliches Verhalten

Die Zahl der Streifen von Landes- und Stadtpolizei habe man nahezu verdoppelt, mehrere Videoschutzanlagen an den Brennpunkten wurden instand gesetzt und zwei Anlagen zusätzlich neu in Betrieb genommen. Auch die Zahl der Sozialarbeiter, die die drogenkranken Menschen direkt ansprechen, habe man erhöht – genauso wie die Zahl möglicher Betreuungsplätze.

Da man während der EM 2024 viele Gäste erwarte, habe die Stadt zusätzliche temporäre Toilettenanlagen aufgebaut und weitere mobile Videokameras in Betrieb genommen. "Wir werden alles dafür tun, dass sich unsere Gäste in Frankfurt wohlfühlen und ohne Belästigungen ihren Besuch erleben werden", so Rinn. "Natürlich erwarten wir von unseren Gästen ebenfalls ein gebührliches und friedliches Verhalten, damit wir alle gemeinsam ein schönes, friedliches Fußballfest, ein "Sommermärchen" erleben können.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Anwohnern
  • E-Mail-Verkehr mit Sprecher des Ordnungs- und Sicherheitsdezernats Frankfurt
  • Recherche der Redaktion
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