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Reichsbürger in Hasselroth: Kein Platz für einen "Quatschkönig"


Reichsbürger planen Supermarkt
Proteste gegen "Quatschkönig" in Hasselroth

Von Roxana Frey

Aktualisiert am 08.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Schriftzug Königreich Deutschland auf einer Schaufensterscheibe (Symbolfoto): Auch in Hasselroth sollte am Wochenende ein Geschäft dieser Gruppierung eröffnen.Vergrößern des Bildes
Schriftzug Königreich Deutschland auf einer Schaufensterscheibe (Symbolfoto): Auch in Hasselroth sollte am Wochenende ein Geschäft dieser Gruppierung eröffnen. (Quelle: Klaus Martin Höfer/imago-images-bilder)

Anhänger der Gruppierung "Königreich Deutschland" wollen offenbar einen Supermarkt im Main-Kinzig-Kreis eröffnen, ein Treffpunkt für Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger. Nun wehrt sich die Gemeinde Hasselroth gegen "König" Peter Fitzek und sein Fantasieland.

Normalerweise ist die Welt in Hasselroth (Main-Kinzig-Kreis) in Ordnung. Vor allem um 10 Uhr morgens an einem Samstag: Männer mähen ihren Rasen vor dem Haus, Kinder spielen auf der Straße. Doch irgendwas scheint diesmal anders zu sein. Auf der Bahnhofstraße vor dem ehemaligen Metzger treffen sich rund 200 Menschen mit Plakaten, die Feuerwehr sperrt die Straße ab.

"Verschwindet von hier", ruft eine grauhaarige Rentnerin einem unscheinbaren Wohnhaus zu. Die Versammelten protestieren gegen einen Supermarkt, der bald eröffnen soll.

Verfassungsschutz warnt vor "König" Peter Fitzek

Anfang der Woche erfuhr die Gemeinde, dass inmitten ihres Heimatidylls ein neues "Königreich" entstehen soll: Ein Lebensmittelladen, geführt von Mitgliedern der Gruppierung "Königreich Deutschland" (KRD). Die Organisation wird vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft.

Bereits seit Juni vergangenen Jahres warnt das hessische Landesamt vor Ankaufversuchen der Anhänger. Ziel der Organisation sei es, "Gemeinwohldörfer" zu errichten, in denen sich rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Gruppierungen ausleben könnten. Eine Heimat für Selbstverwalter und Reichsbürger*, die sich bei veganer Rohkost und gefiltertem Wasser treffen, alles unter dem Regiment des selbsternannten "König" Peter Fitzek.

Hasselroth: Proteste gegen Reichsbürger

Dass sie nun in Hasselroth fündig geworden sind, überraschte auch Thorsten Stolz, Landrat des Main-Kinzig-Kreises: Er selbst hatte erst Anfang Mai von den Plänen der Gruppierung über Social Media erfahren. "Wir waren total überrascht davon", so Stolz. Die Stadt rief zum Protest gegen die ungeladenen Gäste auf, mehrere Medien berichteten. Daraufhin folgte gegen Mitte der Woche die zumindest vorläufige Absage der Eröffnung durch Initiatoren der KRD.

Trotzdem folgten an diesem Samstag viele Bürger und Bürgerinnen dem Facebook-Aufruf von Bürgermeister Matthias Pfeiffer und protestieren vor dem Reichsbürger-Supermarkt, der in einem unscheinbaren Wohnhaus liegt. Es werden Reden gehalten, viele politische Organisationen sind gekommen. "Wir haben keinen Platz für einen Quatschkönig", ruft ein Redner ins Mikrofon.

Auch Gina Mahlke, stellvertretende Vorsitzende der Jusos Main-Kinzig, ist heute dabei. "Hasselroth ist wachsam", sagt sie. Schon seit mehreren Jahren käme es diesem Gebiet zu Auseinandersetzungen mit Neonazis, wie beispielsweise bei sogenannten Ostermärschen. "Deswegen demonstrieren wir heute. Hier gibt es keinen Platz für Nazis", so Mahlke.

Die Eröffnung des Supermarktes wurde abgesagt

Langfristig scheint das "Königreich" seine Pläne jedoch nicht aufgegeben zu haben: Durch ein Fenster kann man durch das Wohnhaus schauen, mehrere Leute sitzen im Garten zusammen, man lässt sich offensichtlich nicht von dem Protest auf der Straße stören.

An dem Haus selbst gibt es keinen Hinweis auf einen Lebensmittelladen, einzig der abgeklebte Briefkasten lässt eine Verbindung zu dem Königreich ziehen: Der Schlitz ist mit einem Papier überklebt, welches die Aufschrift "Mr.Raw" ziert. Mr.Raw, heißt eigentlich David Ekwe Ebobisse und ist ein bekannter Youtube-Blogger, der ebenfalls in der Reichsbürgerszene bekannt ist.

Plötzlich hält ein DHL-Lieferwagen vor dem Gebäude: Mehrere Menschen kommen aus dem Haus. "Ach, da kommt ja das Superfood", freut sich ein Mann. Viele Pakete werden in das Haus getragen.

Verfassungsschutz warnt vor undurchsichtigen Anfragen

Der Gemeinde sind die Hände gebunden. Da das Haus privat vermietet wurde, müsse man vor allem an die Vermieter appellieren, genau zu prüfen, wem sie ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, so Stolz. Laut Verfassungsschutz sei die Anfrage nicht auf den ersten Blick dem "Königreich Deutschland" zuzuordnen, da als Anfrager der "Gemeinnützige Verein FairTeilen e.V." auftrat.

Der hessische Verfassungsschutz sieht beim "Königreich" auch den Versuch der Selbstbereicherung einzelner. Die Strukturen dienten der Selbstbereicherung von "König" Peter Fitzek und einigen Funktionäre. Sie gehen zulasten derer, die in die Strukturen investieren, so die Behörde. Der beworbene "Gemeinwohlsinn" bei der Expansion sei daher eher eine Fassade.

Der Protest endet mit einem gemeinsamen Gebet der Gemeinde. Es wird vermutlich nicht der letzte Protest gegen das Fantasieköngreich sein.

*Unter der Bezeichnung Reichsbürger und Selbstverwalter fasst der Verfassungsschutz Gruppierungen und Einzelpersonen zusammen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen das Grundgesetz, die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem, die Staatsorgane und die demokratisch gewählten Repräsentanten nicht anerkennen und ihnen die Legitimation absprechen.

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
  • Eigene Recherchen
  • Hessischer Verfassungsschutz
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