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Köln: PCR-Testpflicht im Bordell – das sagen Prostituierte


Neue Corona-Verordnung in NRW
Prostituierte verärgert über PCR-Testpflicht: "Das wird böse enden"

Von Tim Hildebrandt und Florian Eßer

Aktualisiert am 24.08.2021Lesedauer: 3 Min.
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Das "Eros Center", auch das "Rote Haus" genannt, an der Hornstraße: Seit Freitag kommen Freier, die nicht geimpft oder genesen sind, hier nur noch mit PCR-Test rein.Vergrößern des Bildes
Das "Eros Center", auch das "Rote Haus" genannt, an der Hornstraße: Seit Freitag kommen Freier, die nicht geimpft oder genesen sind, hier nur noch mit PCR-Test rein. (Quelle: Tim Hildebrandt)

In Nordrhein-Westfalen wird für sexuelle Dienstleistungen nun ein PCR-Test benötigt. Das bedrohe die Branche, fürchten Prostituierte und Bordell-Betreiber.

Am Freitag ist in Nordrhein-Westfalen die neue Corona-Schutzverordnung in Kraft getreten. Damit verstärkt die Landesregierung die sogenannte 3G-Regel, nach der zu bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens nur noch Menschen zugelassen sind, die entweder geimpft, genesen oder negativ getestet sind.

Ab einer Inzidenz von 35 – und darüber liegt derzeit das gesamte Land NRW – besteht nun in öffentlich zugänglichen Innenräumen eine Pflicht zum PCR-Test. Einer davon: Bordelle und Prostitutionsstätten. Betreiber und Prostituierte sind verärgert und fürchten jetzt einen Kundenschwund.

Eigene Corona-Maßnahmen über den Haufen geworfen

"Da rackerst du dich monatelang ab, sodass alles reibungslos funktioniert – und dann wirst du wieder vor den Kopf gestoßen", klagt etwa Dieter K., Betriebsleiter des Bordells "Eros Center Köln".

In den vergangenen Wochen hatte sich der Betrieb im besagten Freudenhaus in der Hornstraße eigentlich wieder normalisiert, die Besucherzahlen waren wieder gestiegen.

"Mit einem eigenen Schnelltestcenter hatten wir uns gut aufgestellt", sagt Dieter K. "Dadurch waren wir vor allem für spontane Besuche, wie es bei uns meist der Fall ist, perfekt vorbereitet und konnten den Besucherverkehr angemessen kontrollieren." Die meisten Kunden seien getestet und hatten bislang kein Problem, dies regelmäßig zu wiederholen, sagt der Betreiber.

PCR-Tests machen spontanen Bordellbesuch unmöglich – viele Frauen verweigern auch die Impfung

Das ist nun vorbei, denn Schnelltests reichen jetzt nicht mehr aus. Das stellt den Betriebsleiter vor Probleme, wie er berichtet. Da PCR-Testergebnisse normalerweise erst Stunden später mitgeteilt werden, kann das Etablissement auf den spontanen Besucher von nun an nicht mehr zählen. "Jetzt müssen unsere Besucher ja regelrecht planen, wann sie Sex haben wollen!", so Dieter K. "Wer macht das schon?"

Für seine Angestellten sei die neue Testpflicht eine finanzielle Belastung, sagt der Betreiber. "Jetzt müssen die Mädchen alle zwei Tage einen PCR-Test für 80 Euro machen." Einen Corona-Fall habe es seit Monaten nicht mehr gegeben. Den PCR-Test könnten sich viele der Angestellten nicht leisten. Impfen lassen wollen sich die Frauen jedoch auch nicht, "unter anderem, weil sie die Nebenwirkungen fürchten," sagt Dieter K.

Stadt Köln appelliert an das Hausrecht der Betreibenden

Die Stadt Köln hält die PCR-Testpflicht weiterhin für angemessen, wie sie auf Anfrage mitteilte. "Die Betreiber der entsprechenden Einrichtungen müssen zum Beispiel im Rahmen von Einlasskontrollen dafür sorgen, dass ein negativer PCR-Test vorgelegt wird. Diese haben als Betreiber Hausrecht und die Verantwortung, die Regeln der Corona-Schutzverordnung umzusetzen und bei ihren Kunden entsprechend der Vorgaben zu kontrollieren," so ein Sprecher der Stadt Köln.

Dass diese Vorgaben im Bordellbetrieb leichter aufrechtzuerhalten sind als im freiberuflichen Prostitutionsgewerbe, dürfte dabei auf der Hand liegen. In der Geestemünder Straße, Schauplatz eines sogenannten "behüteten" Straßenstrichs, sieht die Sache anders aus. Die freiberufliche Prostituierte Stephanie M.* hält die neuen Maßnahmen für katastrophal, auch weil sie nur schwer umzusetzen seien.

"Eine grenzwertige Angelegenheit"

"Unsere Kunden kommen zu uns, um kurz abschalten zu können. Das läuft alles anonymisiert", erklärt sie. "Jetzt sollen wir alle Personaldaten aufnehmen, bevor es zur Sache geht!" Sie fragt sich, ob sie das überhaupt darf: "Datenschutzrechtlich ist das schon eine äußerst grenzwertige Angelegenheit."

"Um durchweg getestet und safe zu sein, müssten wir jeden Tag einen PCR-Test machen," sagt ihre Kollegin Sarah S.* "Bei Kosten zwischen 65 bis 80 Euro pro Test – das kann sich niemand leisten."

Stephanie M. glaubt, dass durch die neuen Bestimmungen vieles unter der Hand laufen werde, vor allem bei Kolleginnen, die keinen anderen Job hätten und die darauf angewiesen seien. "Das illegale Treiben wird gepusht," sagt sie. Am Freitag, dem ersten Tag der neuen Verordnung, herrscht jedenfalls bedrückende Leere auf der Geestemünder Straße. "Schon jetzt zeigt sich, die Kunden bleiben aus," sagt Sarah S. "Das wird böse enden. Wieso fallen wir so krass durchs Raster?"

*Namen von der Redaktion geändert

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit dem Betreiber des "Eros-Center"
  • Gespräche mit Prostituierten
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