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Schiedsrichtermangel im Amateurfußball: Bayern zahlt jetzt mehr Geld


Bayern zahlt Schiedsrichtern jetzt viel mehr Geld
Und wenn keiner mehr pfeifen will?

Von Christof Paulus

21.05.2023Lesedauer: 4 Min.
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Ein Schiedsrichter bei einem Kreisliga-Spiel (Symbolbild): Nicht nur in Bayern stehen immer weniger Schiedsrichter zur Verfügung.Vergrößern des Bildes
Ein Schiedsrichter bei einem Kreisliga-Spiel (Symbolbild): Nicht nur in Bayern stehen immer weniger Schiedsrichter zur Verfügung. (Quelle: Marcel Lorenz/imago images)

Seit Jahren gibt es immer weniger Schiedsrichter. Angriffe auf Unparteiische tun ihr Übriges. Bayerns Schiri-Chef tadelt die Vereine – und verlangt nun mehr Geld von ihnen.

So schlecht kann man gar nicht pfeifen, dass ein Angriff wie dieser gerechtfertigt sein könnte: Im Fußballkreis Frankfurt drohte der Vater eines Spielers dem Schiedsrichter kürzlich, ihn zu köpfen. Es war eine von bundesweit mehreren Angriffen auf Schiedsrichter in den vergangenen Wochen. Und das in einer Zeit, in der vor allem unterklassige Ligen damit kämpfen, überhaupt noch Schiedsrichter für ihre Spiele zu finden. Auch in Bayern ist das ein Problem. Und zwar eines, das man nun unter anderem mit Geld zu lösen versucht.

Viele Gespräche habe man in den vergangenen Jahren geführt, sagt Sven Laumer, Verbandsschiedsrichterobmann und damit oberster Unparteiischer in Bayern im Gespräch mit t-online. Die Gewalt auf Plätzen sei ein Problem für viele, wenn sie an das Hobby denken. Auch in Sachen Kommunikation gebe es Schwierigkeiten an mehreren Stellen. Aber die Finanzen seien ebenfalls "ein Baustein", weshalb es aktuell zu wenige Schiedsrichter gibt, sagt er.

Mehr Spesen für Schiedsrichter in Bayern

"Für das Geld würde ich es auch nicht machen", habe er etwa aus den Vereinen gehört. Ab der neuen Saison soll sich das nun ändern. In Bayern gibt es dann deutlich höhere Spesen für Amateurschiedsrichter. In der höchsten bayerischen Spielklasse, der Regionalliga, erhält ein Schiedsrichter dann 250 statt 200 Euro. Und vor allem in den niedrigeren Klassen macht sich die Erhöhung bemerkbar: In der Kreisliga steigt der Spesensatz von 30 auf 50 Euro, in der D-Jugend von 15 auf 30 Euro.

"Das ist ein deutliches Signal an die Schiedsrichter", sagt Laumer. Auch Geld sei eine Form von Wertschätzung und Respekt, die Verband und Vereinen den Schiedsrichtern entgegenbringen können. Er erinnert daran, dass der Fußball eine Solidargemeinschaft sei – in der einige Vereine sich in der Vergangenheit über Gebühr zurückgehalten haben. Das liege sicher auch daran, dass in den Vereinen viele Ehrenamtliche fehlen, nicht nur Schiedsrichter.

Dennoch: Auch wenn viele Vereine personell wie finanziell knapp aufgestellt sind, großen Widerstand gegen die Spesenerhöhung habe es nicht gegeben. "Die Vereine haben verstanden, dass es mehr Geld braucht. Das Bewusstsein ist vorhanden", sagt Laumer. Die Entscheidung sei in Absprache mit Vereinen, aber auch Schiedsrichtern und der Arbeitsgemeinschaft Finanzen, die ausschließlich aus Vereinsverantwortlichen besteht, im Bayerischen Fußball-Verband gefallen. Probleme weist der Amateurfußball in Bayern ohnehin auf.

Wo in Bayern Schiedsrichter fehlen

In vielen unteren Ligen, wie etwa in den meisten B- und C-Klassen oder in Schongau gar der A-Klasse, kommt schon heute kein neutraler Schiedsrichter mehr. Sollte die Zahl der Schiedsrichter in den kommenden Jahren weiter schrumpfen – und das zudem schneller, als es die Zahl der Mannschaften tut – werden weitere unbesetzte Spiele hinzukommen, kündigt Laumer an. Das ist nicht nur für die Schiedsrichtergruppen ein Problem. Sondern auch für die Spieler.

Der Eindruck auf den Sportplätzen in Bayern ist einhellig: Immer wieder gibt es Ausraster und Spielabbrüche in Partien, in denen kein neutraler Schiedsrichter auf dem Platz steht. Allzu häufig werfen vor allem Gastmannschaften dem Schiedsrichter vor, der dann vom Heimverein gestellt wird, parteiisch zu sein. Der Wunsch nach neutralen Schiedsrichtern ist groß. Doch wo sollen die herkommen?

Schiedsrichter auch in Bayern "keine Selbstverständlichkeit"

"Die Schiedsrichtergruppen sind eigentlich für die Aus- und Weiterbildung der Schiedsrichter zuständig, nicht fürs Anwerben", sagt Laumer. Das liege vor allem an den Vereinen. Was ankommen müsse, ist, dass "Schiedsrichter keine Selbstverständlichkeit sind". Wertschätzung drücke sich auch in anderen Dingen als den Finanzen aus, etwa dem Umgang vor und während des Spiels, oder darin, dem Schiedsrichter eine angemessene Kabine zur Verfügung zu stellen.

Sven Rössner freut sich über die Spesenerhöhung – und das, obwohl er als zweiter Vorsitzender des TSV Indersdorf im Landkreis Dachau auch die Finanzen seines Vereins im Blick behalten muss. Was Rössner in seiner Betrachtung hilft: Er ist selbst als Schiedsrichter aktiv und überzeugt, dass das Hobby damit attraktiver wird.

Dennoch rechnet er vor: Bei rund 60 Jugendspielen im Jahr fallen damit rund 1.000 Euro zusätzliche Spesen an, die der Verein zahlen müsse. Auf etwa die gleiche Summe kommt er bei den Spielen der Aktivenmannschaften. Laumer verweist hingegen darauf, dass etwa eine D-Jugend pro Saison neun Heimspiele habe – der Verein also für diese Mannschaft nur 135 Euro mehr zahlen müsse. Rössner hat jedoch zugleich festgestellt, dass viele junge Schiedsrichter im Verein nicht aufgehört haben, weil ihnen das Geld zu wenig war, sondern weil sie keine Zeit mehr hatten.

Warum Fußballfans Schiedsrichter bei den Amateuren werden

Auch viele Schiedsrichter geben im Gespräch an, dass die Spiele für sie ein Hobby sind, sie aus Spaß am Wochenende auf dem Platz stehen, das Geld nur eine untergeordnete Rolle spielt. Laumer weiß das, aber sagt auch: "Die Motivation, Schiedsrichter zu sein, ist für viele unterschiedlich."

Da gebe es auch die Schüler und Studenten, für die es einen großen Unterschied mache, ob sie 15 oder 30 Euro für ein D-Jugend-Spiel am Wochenende bekommen. "Das ist ein gutes Taschengeld, das einem erlaubt, beim Sport zu bleiben", sagt Laumer. Und ein wenig mehr Druck auf die Vereine gibt es zudem über die Strafen, die sie zu zahlen haben, wenn zu ihrem Verein nicht genug Schiedsrichter gehören.

Von 250.000 Spielen in Bayern seien im vergangenen Jahr 68 abgebrochen worden, dabei gab es 20 Angriffe auf Schiedsrichter. Auch wenn diese Zahlen anders als im bundesweiten Trend im Vergleich zu den Vorjahren nicht angestiegen sind, ist für Laumer jeder dieser Angriffe "einer zu viel". Den Eindruck, dass in den letzten Wochen der Saison, wenn es um besonders viel geht, die Zahl der Übergriffe steigt, teilt er jedoch nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Gespräch mit Sven Laumer und Sven Rössner
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