t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalMünchen

Hubert Aiwanger | Sondersitzung: "Das ist das gleiche, was Trump macht"


Opposition attackiert Aiwanger
"Das ist das Gleiche, was Trump macht"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 07.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Hubert Aiwanger: Der Druck steigt.Vergrößern des Bildes
Hubert Aiwanger: Aus der Affäre politisches Kapital zu schlagen, sei "schäbig". (Quelle: IMAGO/Stephan Goerlich)

Es war ein Sieg für Hubert Aiwanger. Die Anträge zu seiner Entlassung sowie zur Befragung von ihm und Söder sind gescheitert. t-online hat direkt nach der Sondersitzung mit der Opposition gesprochen.

Insgesamt 73 Minuten hatten alle Parteien Zeit, um zur Causa Aiwanger Stellung zu beziehen. Eine eigens einberufene Sondersitzung im bayerischen Landtag sollte Klarheit in die Flugblatt-Affäre rund um den stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bringen.

Am Ende scheiterte die Opposition mit ihrem Antrag auf Entlassung des Ministers. Bereits zu Beginn der Sitzung hatten CSU, Freie Wähler und die AfD den von Grünen, SPD und FDP vorgebrachten Antrag zur Befragung von Aiwanger sowie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) abgelehnt. Aiwanger und Söder äußerten sich nicht. t-online hat mit allen drei Oppositionsparteien direkt nach der Sondersitzung gesprochen.

Katharina Schulze, Bündnis 90/Die Grünen: "Das haben die Menschen in Bayern verdient"

"Ich hatte gehofft, dass Aiwanger die Sitzung nutzt, um Fragen zu beantworten, Zweifel auszuräumen und für Klarheit zu sorgen", so Katharina Schulze, Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen. "Das haben die Menschen in Bayern verdient." Allein der Anschein von Antisemitismus in der Bayerischen Staatsregierung schade dem Ansehen des Freistaats, so die Oppositionspolitikerin.

Besonders die Tatsache, dass sich weder Aiwanger noch Ministerpräsident Söder zur Sache äußerten, stößt ihr auf. "Heute haben sie die Chance, sich im Landtag zu erklären, nicht genutzt, sie haben geschwiegen." Es gehe ihr auch darum, die deutsche Erinnerungskultur hochzuhalten. "Diesen demokratischen Konsens haben Markus Söder und Hubert Aiwanger mit ihrem Verhalten beschädigt."

Indes steht auch Ministerpräsident Söder in der Kritik der Grünen. "Der Ministerpräsident hat die Aufgabe, Schaden vom Land fernzuhalten." Das habe er nicht getan. "Markus Söder und Hubert Aiwanger reden immer gerne über Bürgerlichkeit. Für mich bedeutet das Mut, Anstand, Respekt, gute Fehlerkultur und Bekenntnis zur Demokratie und zur Bekämpfung jeglicher Form des Antisemitismus."

Auch sieht Schulze in Aiwangers Verhalten gegenüber der Presse ein großes Problem. "Die Freien Wähler stellen sich als Opfer einer Hetzkampagne dar. Damit muss Schluss sein. Die freie Presse ist ein elementarer Teil unserer Demokratie. Aufgabe von Parteien ist es, die Pressefreiheit zu verteidigen."

Florian von Brunn, Vorsitzender der Bayern-SPD: "Probleme lösen, statt zu spalten"

"Aiwangers spalterische Reden im Bierzelt sind eine Gefahr", so Florian von Brunn, Vorsitzender der Bayern-SPD. "Bei diesen Reden überschreitet er rote Linien, er verschiebt Grenzen. Das ist das Gleiche, was Trump macht." Daher gibt für ihn auch einen Zusammenhang zwischen der Affäre rund um das antisemitische Flugblatt, das in Aiwangers Schultasche gefunden wurde, und seinem umstrittenen Auftritt in Erding, in dem er die "Mehrheit" dazu aufrief, sich "die Demokratie zurückzuholen".

Auch von Brunn bedauert, dass sich der umstrittene Politiker im Sonderausschuss nicht selbst zu Wort meldete. "Aiwanger hat heute eine Gelegenheit verstreichen lassen, sich von rechtspopulistischen Auftritten zu distanzieren. In einer Zeit der Krisen wie jetzt ist es wichtig, Probleme zu lösen und verantwortungsvoll zu handeln, statt zu spalten."

Außerdem befürchte er, der Spitzenkandidat der Freien Wähler wolle aus dem Skandal politisch Kapital schlagen. Im Gespräch mit t-online betonte er jedoch, dass sich seine Kritik nicht an die Freien Wähler, sondern an Aiwanger richte. "Was er macht, ist typischer Rechtspopulismus." Durch das Verhalten Aiwangers würden rechtspopulistische Positionen gestärkt. "Die SPD hat einen klaren Standpunkt. Wir waren und bleiben das Bollwerk gegen rechts. Das ist keine Wahlkampftaktik, sondern eine Frage der Haltung."

Das Votum der AfD zusammen mit den Freien Wählern und der CSU gegen die Anträge der Opposition sieht der SPD-Politiker kritisch, aber nicht als Zeichen für eine Verbrüderung der Parteien. "Die AfD versucht mit der Abstimmung ihr eigenes, rechtsradikales Süppchen zu kochen", so von Brunn.

Auch die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten, an Aiwanger festzuhalten, missfällt dem Oppositionspolitiker. "Söder befürchtet, dass Aiwanger zu entlassen ihm mehr schaden würde, als ihn zu behalten." Trotz der verlorenen Abstimmung gibt er sich kämpferisch. "Über ein Drittel der Wähler hat sich noch nicht entschieden. Noch ist alles offen."

Martin Hagen, Landesvorsitzender der FDP Bayern: "Alles andere als rühmlich"

"Ich bin enttäuscht aus dieser Debatte gegangen", erklärt Martin Hagen, Landesvorsitzender der FDP Bayern im Gespräch mit t-online. Er habe gehofft, dass Aiwanger sich dem Parlament zur Befragung stellt, Antworten gibt. Diese Chance habe er nicht genutzt. "Mit der Sondersitzung wollten wir ihm eine Brücke bauen, Zweifel auszuräumen. Ich bin enttäuscht, dass er nicht über diese gegangen ist. Ich bedauere, dass eine Regierungspartei nicht mehr Willen zur Aufklärung beweist." Dass Aiwanger selbst nicht gesprochen habe, sei "kein Zeichen des Respekts" gegenüber dem Parlament.

Das zeige sich auch daran, wie Aiwanger von Beginn an mit der Affäre umgegangen sei. "Seine Strategie ist totschweigen." Entscheidend sei aber nicht sein Verhalten mit 16, sondern wie er sich jetzt gebe. "Und das ist leider ebenfalls alles andere als rühmlich." Er hätte genug Zeit gehabt, die Affäre aufzuklären, so Hagen. "Mein Vertrauen hat er nicht mehr als Wirtschaftsminister, auch nicht das der restlichen FDP."

Durch das Verhalten Aiwangers sieht Hagen das Verhältnis der bayerischen Regierung zur jüdischen Gemeinde bedroht. "Es wird durch Aiwanger beschädigt." Die Affäre werfe auch international kein gutes Licht auf den Freistaat. Als Wirtschaftsminister ist Aiwanger auch im Ausland tätig. "Die Affäre erschwert die Arbeit, das schadet der bayerischen Wirtschaft. Aiwanger hat als Wirtschaftsminister nicht überzeugt. Er hat den Freistaat nicht vorangebracht." Und dazu komme nun noch dieser Skandal. Dass Aiwangers versuche, aus der Flugblattaffäre auch noch politisches Kapital zu schlagen, sei "schäbig".

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Interview mit Katharian Schulze
  • Interview mit Florian von Brunn
  • Interview mit Martin Hagen
  • Livestream der Sondersitzung im bayerischen Parlament
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website