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Oktoberfest: Wie gefährlich ist ein Besuch der Wiesn für Frauen?


Übergriffe auf dem Oktoberfest
"Die Wiesn ist ein gefährlicher Ort für Frauen"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 20.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Festzelt beim Oktoberfest (Symbolfoto): Am Sonntag geriet hier ein FDP-Politiker in Streit mit einer Frau.Vergrößern des Bildes
Festzelt beim Oktoberfest (Symbolfoto): Frauen müssen vor Übergriffen geschützt werden. (Quelle: Brigitte Saar)

Die Stimmung ist blendend, der Alkohol fließt in Strömen: Die Wiesn ist für viele ein Ort, um ausgelassen zu feiern. Doch das bekannteste Volksfest der Welt hat auch gefährliche Seiten.

Vor einigen Jahren wurde eine Frau nach der Wiesn von fünf Männern überfallen und vergewaltigt. Da haben Kristina Gottlöber und ihre damligen Kolleginnen gemerkt, dass es so nicht weitergeht, dass es eine sichere Anlaufstelle für Frauen und Mädchen auf der Wiesn geben muss. Das war der Startschuss für das Projekt "Sichere Wiesn", ein Safe Space am Rande des Festgeländes. Seit 20 Jahren gibt es ihn bereits. Die 41-jährige Sozialpädagogin Gottlöber arbeitet seit 19 Jahren für das Projekt, ist auch als Beraterin im Safe Space eingesetzt. "Man kann einfach nicht mehr zuschauen."

"Zum einen versuchen wir, auf das Thema sexualisierte Gewalt auf der Wiesn aufmerksam zu machen." Zum anderen wollen sie und ihre Kolleginnen Frauen schützen, sie sicher nach Hause begleiten, sie beraten, wenn es einen Übergriff auf sie gab – oder sie etwa betrunken ihr Handy oder ihre Begleiter verloren haben.

In dem "Sicheren Raum" können Frauen sich ausruhen, etwas trinken und essen, sich beraten lassen und vor allem "ein bisschen runterkommen nach dem Gedränge und dem Trubel" auf der Wiesn, so Gottlöber. Männer sind in dem Raum nicht erlaubt, Fotos verboten. "Viele Frauen, die zu uns kommen, haben akute Gewalt durch Männer erlebt", erklärt die Sozialarbeiterin diese Regel. Männer im Safe Space könnten retraumatisierend wirken.

"Richtige Detektivarbeit": Im Safe Space wird allen Frauen geholfen

Insgesamt 14 Frauen sind jeden Abend in dem "Safe Space" im Einsatz, zwei Fachberaterinnen wie Gottlöber und 12 ehrenamtliche Helferinnen. Sie beraten die Frauen bei Anzeigen, bringen sie sogar bei schwierigen Fällen bis vor die Haustür oder suchen ihre Hotels für sie. "Dann rufen wir bei allen Hotels an, in denen die Frau möglicherweise gebucht haben könnte. Das ist manchmal richtige Detektivarbeit."

Die meisten Frauen, die das Angebot nutzen, hätten Probleme dieser Art. Doch auch immer wieder melden sich Betroffene von sexualisierter Gewalt. Das gehe von Grapschen bis hin zu Vergewaltigungen. "Oft sind sie sehr aufgelöst, auch manchmal in sehr schlechter körperlicher oder emotionaler Verfassung", so die Sozialarbeiterin. Insgesamt 49 Frauen haben das Angebot bis zum ersten Wiesnmontag bereits genutzt. Ähnlich viele wie im Vorjahr, doch besonders am Wochenende seien es mehr Fälle gewesen als üblich. "Darunter waren einige, die sexualisierte Gewalt erfahren haben." Eine Vergewaltigung sei ihnen bislang jedoch noch nicht zu Ohren gekommen. Auch habe es mehrere Verdachtsfälle auf K.-o.-Tropfen gegeben. Die Dunkelziffer sei jedoch wohl deutlich höher. "Viele Fälle kommen leider gar nicht bei uns an, werden nie angezeigt."

"Frauen wissen, was sie auf der Wiesn erwarten müssen"

Für Gottlöber ist es ganz klar, dass ihr Projekt einen wichtigen Zweck erfüllt. "Eigentlich sollte man meinen, dass mittlerweile klar ist, dass solche Vorfälle nicht mehr passieren dürfen. Leider passiert hier aber immer noch viel Gewalt. Die Wiesn ist ein sexuell aufgeladener Ort, es wird viel gefeiert, es wird viel getrunken. Und es gibt leider nach wie vor immer noch wahnsinnig viele Übergriffe gegen Frauen. Das gilt bei vielen immer noch als Kavaliersdelikt, aber wir erleben jeden Tag viele, viele Vorfälle."

"Dass Frauen wissen, was sie auf der Wiesn erwarten müssen, ist ein massives Problem." Das müsse sich ändern. Es gebe auch Männer, die gezielt auf die Wiesn gehen, weil sie jemanden vergewaltigen wollen, so Gottlöber. "Ich gehe selbst sehr gerne auf die Wiesn. Es ist ein schöner Ort. Man muss aber auch sagen: Die Wiesn ist ein gefährlicher Ort für Frauen."

Wenn Sie selbst Hilfe brauchen oder sich unsicher fühlen, können Sie den Safe-Space im Service-Zentrum auf dem Festgelände besuchen. Er ist täglich von 18 bis ein Uhr geöffnet. Freitags, samstags und sonntags sowie am zweiten und dritten Oktober öffnet der Safe-Space bereits um 15.30. Telefonische Hilfe bekommen Sie beim Frauennotruf München unter der Nummer 089 / 76 37 37 und beim Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen unter der Nummer 0800 / 11 60 16.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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