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FC Bayern | Katar-Kritiker Michael Ott kritisiert Katar-Sponsoring erneut scharf


Kritik an Bayern-Sponsoring
"Wir verkaufen unsere Werte für ein paar Millionen"

InterviewVon Julian Buhl

Aktualisiert am 13.10.2022Lesedauer: 7 Min.
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Herbert Hainer: Nach der turbulenten Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr wird sich Präsident Herbert Hainer nun zur Wiederwahl stellen.Vergrößern des Bildes
Herbert Hainer: Nach der turbulenten Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr wird sich Präsident Herbert Hainer nun zur Wiederwahl stellen. (Quelle: via www.imago-images.de)

Per Antrag gegen das Katar-Sponsoring sorgte Michael Ott 2021 für Tumulte auf der Bayern-Versammlung. Bei t-online erklärt er die Brisanz vor der Nächsten.

Im vergangenen Jahr hat Michael Ott für großen Wirbel auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern gesorgt. Der Fan des Klubs, der in Straßburg wohnt und als Rechtsanwalt in Baden-Baden arbeitet, wollte dabei einen Antrag stellen, um die Mitglieder über die Beendigung des Sponsoringvertrags mit Qatar Airways abstimmen zu lassen.

Die Verantwortlichen um Präsident Herbert Hainer ließen den nicht zu und die Veranstaltung endete im Chaos.

Am Samstag steht nun die nächste Mitgliederversammlung an. Im Interview mit t-online spricht Ott darüber, was in der Zwischenzeit passiert ist und was er jetzt von der Veranstaltung und dem FC Bayern erwartet.

t-online: Herr Ott, Sie haben im vergangenen Jahr bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern mit Ihrem Antrag gegen das Qatar-Airways-Sponsoring für ziemlichen Wirbel gesorgt. Was waren Ihre Beweggründe dafür?

Michael Ott (29): Der Stein des Anstoßes war eine Podiumsdiskussion zum Thema Katar Anfang 2020, zu der neben Menschenrechtlern und Gastarbeitern aus Katar auch der FC Bayern eingeladen war, sich dort aber nicht blicken ließ. Ich dachte: Ein Armutszeugnis, mein Verein verhält sich hier so grundsätzlich falsch. Da sehe ich es als meine Aufgabe als Mitglied alle Mittel zu ergreifen, die mir zustehen, um das zu ändern. Und das habe ich versucht.

Wie ist dieser Versuch aus Ihrer Sicht verlaufen?

Der FC Bayern hatte meinen Antrag nicht zugelassen. Deswegen habe ich sie mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren verklagt, um sie dazu zu verpflichten, den Antrag zur Abstimmung zu stellen. Das ist an einer Auslegung einer Satzungsbestimmung gescheitert. Ich wollte ihn als Spontanantrag in der Versammlung trotzdem stellen. Dazu ist es dann nicht gekommen, weil dieses Thema abgewürgt wurde. Bei den Wortmeldungen am Ende wurde die Veranstaltung vorzeitig abgebrochen, was im Saal für großen Unmut sorgte.

Warum genau sehen Sie das Qatar-Airways-Sponsoring so kritisch?

Qatar Airways ist ein Staatsunternehmen von Katar. Dort ist vor allem die Menschenrechtssituation sehr problematisch, zum Beispiel, was die Lage von Gastarbeitern, sexuellen Minderheiten und Frauen angeht. Es existiert quasi keine wirkliche demokratische Teilhabe. Darüber hinaus gibt es schwere Vorwürfe von Terrorismusfinanzierung und die seit Langem im Raum stehenden Vorwürfe von Korruption im Sport. Das alles passt nicht zu einem Fußballverein. Der FC Bayern sagt, man würde mit Katar im Dialog stehen, um Dinge zu verbessern. Den kann man vielleicht im Rahmen eines Trainingslagers führen, wenn man vor Ort auch mit allen Seiten spricht. Aber das Werbebadge auf dem Ärmel ist kein Dialog, sondern die einseitige Verbreitung einer Marketingbotschaft, die dazu dient, Katar ein positives Image zu verschaffen.

Am Tag nach der Versammlung bekamen Sie einen Anruf von Präsident Herbert Hainer.

Ja, wir haben uns dann Anfang Dezember persönlich getroffen und unsere Sichtweisen ausgetauscht. Es gab auch ein paar größere Gesprächsrunden an der Säbener Straße, unter anderem mit Herbert Hainer und Oliver Kahn sowie mehreren Fanvertretern. Ich selber bin in keinem Fanklub Mitglied und hatte ja keinerlei Mandat, für eine Vielzahl von Fans zu sprechen. Daraus ist unter anderem der Round Table hervorgegangen, der dann am 4. Juli stattfand.

Daran nahmen unter anderem Hassan Al-Thawadi, der OK-Chef der WM 2022, Stephen Cockburn von Amnesty International sowie der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel teil. War die Debatte ein Teilerfolg für Sie?

Dass sich der FC Bayern dieser Diskussion entzogen hat, war ja der Anlass, warum ich überhaupt tätig geworden bin. Deshalb ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung und schon ein Teilerfolg. Wichtig ist aber, dass man sich nicht nur austauscht, sondern das auch in Entscheidungen berücksichtigt wird. Und da habe ich noch meine Zweifel.

Sie übergaben bei dem Round Table einen Fragenkatalog, den der FC Bayern nun beantwortet hat. Zufrieden damit?

Grundsätzlich finde ich es gut, dass der FC Bayern sämtliche Fragen beantwortet hat. Allerdings liegt der Teufel im Detail und viele Antworten sind nur heiße Luft. Zahlreiche Fragen bleiben im Kern völlig unbeantwortet. Generell schwingt der Eindruck mit, dass faktisch die Entscheidung zur Fortsetzung des Sponsorings schon getroffen wurde. Das ist dann schon frustrierend, wenn man sieht, wie unsere ganzen Sachargumente da gar nicht berücksichtigt werden.

Was sagen Sie zu dem Argument des FC Bayern, dass man mit dem Engagement in Katar zu positiven Veränderungen beitragen könne?

Es gibt in Katar erste zaghafte Schritte in die richtige Richtung. Aber es ist fragwürdig, wenn das der FC Bayern für sich in Anspruch nimmt. Experten bestätigen immer wieder, dass sich die Verhältnisse in den Golfstaaten nur durch öffentlichen Druck ändern. Und zu dem trägt der Klub gerade nicht bei. Er begeht im Ausgangspunkt den Fehler, kritiklos der Imagepflege von Katar eine Bühne zu bieten. Andere Akteure äußern daran Kritik und sorgen damit für den öffentlichen Druck: wir Fans, NGOs (Nichtregierungsorganisation; d. Red.) und Medien. Dafür kann man den FC Bayern nun wirklich nicht loben.

Auch nicht dafür, dass auch das Frauenteam zum Trainingslager nach Katar reist?

Diese Differenzierung habe ich in meinem Antrag auch von Anfang an vorgenommen, dass man die Trainingslager weiterführen kann, um dort vor Ort den Dialog zu suchen und nur das Sponsoring beenden sollte. Den Besuch der Frauenmannschaft kann man gerne ausbauen, das ist eine gute Sache. Aber das Sponsoring allein, das stört mich. Damit habe ich bereits einen Kompromissvorschlag gemacht. Für weitere liegt der Ball jetzt beim FC Bayern. Ein erster Schritt wäre, sich viel deutlicher öffentlich zu den Kritikpunkten zu positionieren und ganz konkrete Reformen einzufordern.

Werden Sie am Samstag also erneut versuchen einen entsprechenden Antrag stellen?

Nein, dafür müssten wir wohl erst mal die Satzung ändern. Ich habe aber schon vor, mein Rederecht zu nutzen. Ich will Herrn Hainer als alternativlos antretenden Kandidaten vor der Wahl des Präsidiums noch mal dazu befragen, wie er sich insbesondere in der Katar-Thematik persönlich positioniert. Gerade, weil die Präsidiumswahl – nach der Argumentation des FC Bayern – das einzige Mittel der Mitglieder ist, um Einfluss auszuüben. Deshalb sollte man da schon genau hinschauen, wofür der Kandidat steht.

Die Präsidentenwahl wird also auch eine Abstimmung für oder gegen das Katar-Sponsoring?

Nein, das würde zu weit gehen, denke ich. Es handelt sich nicht um eine Abstimmung, ob man Katar gut oder schlecht findet. Und das Thema ist nun mal nicht das einzige, das die Mitglieder bewegt. Meine persönliche Stimme mache ich allerdings schon davon abhängig, wie Herr Hainer die Fragen beantworten wird.

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Haben Sie mal überlegt, als Alternativkandidat anzutreten? Bei Hertha BSC wurde mit Kay Bernstein kürzlich ein ehemaliger Ultra-Fan zum Präsidenten gewählt.

Nein, es ist nicht mein Ziel, Bayern-Präsident zu werden. Ich glaube nicht, dass ich dafür gut geeignet wäre und meine Lebensplanung sieht das auch nicht vor. Generell wäre es aber schon wünschenswert, eine Debatte unterschiedlicher Ideen zu haben. Nur so kann man auch den besten Kandidaten finden. Leider lässt unsere Satzung für die JHV am Samstag aber sowieso keinen Alternativvorschlag zu. Das ist nicht sehr demokratisch.

Rechnen Sie wieder mit einer ähnlich emotionalen Veranstaltung?

Ich denke, dass es harmonischer und gesitteter ablaufen wird. Es ist ja auch wünschenswert für den gesamten Klub, dass es nicht wieder in ein Debakel ausartet. Das Präsidium hat sicher aus seinen Fehlern der Vergangenheit gelernt.

Was erwarten Sie konkret von den Vereinsbossen?

Ich würde mir wünschen, dass die Versammlung so geleitet wird, wie man das von einem Mitgliederverein erwartet. Dass die Mitglieder, die Redebedarf haben, auch in angemessenem Rahmen zu Wort kommen – und das Präsidium auch Rede und Antwort steht. Ich gebe mich aber auch nicht der Illusion hin, dass das Ende des Katar-Sponsorings verkündet wird.

Der Vertrag gilt aktuell noch bis Mitte des kommenden Jahres. Hainer hat bereits angekündigt, dass über eine Verlängerung erst 2023 entschieden wird. Ein Fehler?

Kommt darauf an, in welche Richtung der Verein tendiert. Wenn man den Vertrag verlängern möchte, ist es aus Sicht der Vereinsführung vielleicht vorteilhafter, das nach der Versammlung zu tun. Wenn man ihn beenden wollte, hätte man durch eine frühere Entscheidung sicher Ruhe reinbringen können. Es entspricht aber auch meinem Bauchgefühl, dass die Tendenz dahin geht, dass sie den Vertrag verlängern wollen.

Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß sagte kürzlich, dass er genau das tun würde und verteidigte das Sponsoring im Doppelpass vehement. Wie finden Sie das?

Auch er beansprucht die leichten Verbesserungen, die es in Katar gab, für den Klub. Die kann man aber nicht auf diese Werbepartnerschaft zurückführen, sie hat dazu schlicht nichts beigetragen. Die Lorbeeren dafür gebühren eher den Leuten, die massiv Kritik geübt und für öffentlichen Druck gesorgt haben. Das war nicht der FC Bayern.

Sie wären als Fan also im Zweifel dazu bereit, auf mehrere Millionen und damit auch mal auf einen Topstar zu verzichten, um dafür den finanziell lukrativen Katar-Sponsoring-Vertrag zu beenden?

Den Rahmen all unserer Betätigungen bilden Menschenrechte. Darüber können wir nicht hinausgehen, egal, wie viel Geld wir bekommen können. Finanziell sind wir ohnehin mit bestimmten Vereinen, die quasi unbegrenzte Geldquellen zur Verfügung haben, langfristig nicht mehr wettbewerbsfähig. Wenn wir da auf Teufel komm raus für ein paar Millionen mehr unsere Werte verkaufen, ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit werden wir diese Lücke nicht aufholen können. Die einzige Lösung hierfür sind strengere Finanzierungsregeln im europäischen Fußball.

Abschließend: Was würde eine Verlängerung des Sponsorenvertrags für Sie bedeuten?

Das wäre natürlich eine große Enttäuschung. Es würde die Meinung vieler Mitglieder übergehen und die Spaltung im Verein weiter aufrechterhalten. Aber es würde für mich nicht bedeuten, dass die Diskussion damit beendet ist.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Michael Ott
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