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FC Bayern München | Stefan Effenbergs Rat für die Stars: Zurücktreten


Müller und Lewandowski
Mein Rat: Zurücktreten

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 15.04.2022Lesedauer: 5 Min.
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Thomas Müller (l.) und Robert Lewandowski nach dem 1:1 gegen Villarreal und dem damit verbundenen Aus in der Champions League.Vergrößern des Bildes
Thomas Müller (l.) und Robert Lewandowski nach dem 1:1 gegen Villarreal und dem damit verbundenen Aus in der Champions League. (Quelle: t-online/imago-images-bilder)

Frankfurt und Leipzig begeistern und können jetzt den Europacup gewinnen. Bei Bayern dagegen sollten sich selbst Lewandowski und Müller nach dem Aus hinterfragen und womöglich Konsequenzen ziehen.

Das gab es noch nie. Mit Eintracht Frankfurt und RB Leipzig stehen gleich zwei deutsche Mannschaften im Halbfinale der Europa League. Beide haben mich begeistert.

Endlich.


Mit diesem Wettbewerb und seinem Vorgänger Uefa Cup haben sich die deutschen Mannschaften in den letzten 25 Jahren seit dem Sieg von Schalke 1997 so extrem schwergetan und teilweise alles vermissen lassen, was es braucht.

Das war kein Wunder

Ganz im Gegensatz zu gestern Abend. Das war Leidenschaft pur – insbesondere der Frankfurter Sieg beim Weltverein FC Barcelona. Ich hätte nicht damit gerechnet. Trotzdem war es für mich kein Wunder. Das war hochverdient. Das Ergebnis eines Weltklasse-Auftritts. Und das gilt auch für Leipzig und den Sieg bei Atalanta Bergamo.

Schon jetzt haben die beiden Vereine Großes geleistet. Für ihre Finanzen, für ihr Image und für das des deutschen Fußballs. Natürlich ist jetzt alles möglich. Beide Klubs können jetzt die Europa League gewinnen.

Definitiv bescheren sie uns weitere spannende Europapokal-Abende. Normalerweise guckt man als deutscher Fußballfan den anderen Nationen schließlich nur noch zu, sobald Bayern in der Champions League ausgeschieden ist.

Täter müssen bestraft werden

Die beste Nachricht der Woche, das Weiterkommen von Leipzig und Frankfurt, und die schlechteste bzw. bedrückendste Meldung lagen keine 24 Stunden auseinander. Und die ist nicht das Aus von Bayern.

Ebenfalls am gestrigen Donnerstag wurde bekannt, dass Bayern-Vorstand Hasan Salihamidzic und seine Familie Morddrohungen erhalten. Die Grenze ist damit mal wieder deutlich überschritten. Das ist nur widerlich und macht betroffen. Ich hoffe sehr, dass die Täter entlarvt und mit aller Härte bestraft werden. Diese Drohungen haben weder im Fußball noch sonst irgendwo etwas zu suchen und gehen gar nicht. Das hat auch nichts mit der Kritik am FC Bayern, den Verantwortlichen und Spielern nach dem Aus zu tun.

Diese Kritik ist natürlich massiv und kommt in dieser Woche von allen Seiten.

Sky-Experte Dietmar Hamann schrieb nach dem Ausscheiden in der Champions League: "Das größte Problem ist die Führungsschwäche." Karl-Heinz Rummenigge ging als ehemaliger Vorstandschef in eine ähnliche Richtung, sagte: "Im Kader des FC Bayern stehen 18 Spieler, die voraussichtlich an der WM teilnehmen. Das Ausscheiden liegt nicht an der Kader-Qualität."

Es waren nur wenige Sekunden

Keine Frage, die Kritik nach dem Aus gegen Außenseiter Villarreal ist gerechtfertigt. Aber ist sie auch zutreffend?

Mich hat im Rückspiel vor allem eines gewundert: Dass Bayern kurz vor Schluss hinten so offen war und dann das entscheidende 1:1 kassiert hat. Es waren nur wenige Sekunden in diesen 180 Minuten Hin- und Rückspiel, aber es waren die alles entscheidenden. Kimmich und Goretzka sind viel zu weit aufgerückt, mit nur zwei Pässen tauchte Villarreal vor Manuel Neuer auf, nachdem Alphonso Davies das Abseits aufgehoben und gezögert hatte, obwohl er einen freien Blick auf die Abwehrkette hatte.

Du kontrollierst dieses Spiel, das sich dem Ende zuneigt – da musst Du einfach konsequent auf die Verlängerung gehen und diese dann auch erreichen.

Ja, Hoeneß hätte sich kritischer geäußert

Das erwarte ich von erfahrenen Spielern, wie sie bei Bayern auf dem Platz standen. Und ich habe null Verständnis, dass das nicht gelungen ist. Das ist Zeugnis taktischer Mängel und individueller Fehler. Und das hat erst mal wenig mit der Vereinsführung zu tun.

Hätte die in dieser Woche vielleicht öffentlich härter auf den Putz hauen müssen?

Ich habe zweimal unter Uli Hoeneß beim FC Bayern gespielt und kann sagen: Sowohl Hoeneß als auch Rummenigge wären in ihrer früheren Funktion öffentlich ganz sicher deutlich kritischer mit diesem Ausscheiden umgegangen als Oliver Kahn und auch Hasan Salihamidzic dies nun als Vorstandsvorsitzender und Vorstand Sport getan haben.

Sie müssen knallhart sein

Ich finde es allerdings umso bemerkenswerter, dass Kahn sich trotz dieser Situation den Fragen stellt und am Sonntag gemeinsam mit mir im "Doppelpass" bei Sport 1 sitzt. Zumal ihm mehrfach vorgeworfen wurde, sich zu einigen Themen gar nicht geäußert zu haben.

Ich hoffe auch und gehe davon aus, dass Kahn und Salihamidzic intern Klartext sprechen. Da ist es entscheidend, dass sie knallhart mit diesem Aus umgehen.

Den Spielern muss klar sein, dass sie sich fragen müssen: Wie konnte es dazu kommen? Und welche Lehren ziehe ich daraus für die Zukunft?

Konzentriert Euch auf den FC Bayern

Ich will nur ein Beispiel nennen, welches die älteren Spieler wie Robert Lewandowski, Thomas Müller und Manuel Neuer betrifft bzw. insbesondere Müller und Lewandowski als Feldspieler. Trotz all ihrer Tore, Torvorlagen und oftmals starker Performances haben sie beim Pokalaus in Gladbach (0:5) sowie jetzt in zwei Spielen gegen Villarreal eben nicht ihre beste Leistung abgerufen, also in den wichtigsten Spielen der Saison.

Ich möchte zumindest nicht ausschließen, dass da das Alter doch eine Rolle gespielt hat – oder der Fakt, dass sie seit zehn, zwölf Jahren auf diesem hohen Niveau und mit dem Druck den gleichen Titeln hinterherlaufen. Vielleicht ist bei dem ein oder anderen die Zeit abgelaufen. Oder er muss zumindest etwas ändern, um für den Verein in den wichtigsten Spielen topfit und präsent zu sein.

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Ich würde ihnen den Rat geben: Konzentriert Euch auf den FC Bayern und tretet vielleicht aus der Nationalmannschaft zurück. Die WM in Katar mitten in der Saison wird extrem kräftezehrend und somit zu einer Gefahr für die Spielzeit. Im Alter von 32, 33 oder 34 Jahren muss ich in meinen Körper hineinhören und mir überlegen, wie lange das funktioniert.

Viele Spieler haben nicht die Qualität

Wäre ich FC-Bayern-Fan, würde ich mir Sorgen machen. Und zwar um die Konkurrenzfähigkeit in der Champions League. Ich sehe Bayern aktuell nicht auf Topniveau für die nächsten Jahre. Und das liegt natürlich auch am Kader. Deshalb sehe ich das anders als Rummenigge. Mit Marc Roca, Bouna Sarr, Marcel Sabitzer, Corentin Tolisso, Omar Richards und Tanguy Nianzou gibt es einfach zu viele Spieler, die vielleicht nicht die Qualität haben.

Ich kann eben auch Nationalspieler sein und trotzdem nicht die Qualität für einen der besten vier Klubs in Europa haben, so wie es Bayern eigentlich sein will.

Und auch wenn ich eigentlich ein Fan von Eric-Maxim Choupo-Moting im Angriff bin: Er hoffte gegen Villarreal, dass ihm ein Ball vor die Füße fällt und ist kein Spieler, vor dem der Gegner zittert.

Das Gerede muss endlich aufhören

Über allem steht weiterhin die Frage, ob Neuer, Müller, Lewandowski und auch Gnabry ihre Verträge verlängern. Die Aussagen sind bislang wenig belastbar. Für mich ist klar, dass es nun ein Zeichen von Kahn oder Salihamidzic geben muss, wie der Verein plant. Das ist er den Fans auch schuldig.

Das Interesse an einer Verlängerung kann ich doch als Verein kommunizieren, wenn es da ist. Und zwar unabhängig davon, ob das dann gelingt. Zumal Bayern durch das Aus 12,5 Millionen Euro durch die Lappen gegangen sind.

Also noch mal: Wo ist das Problem, eine öffentliche Ansage zu machen? Das Gerede muss endlich aufhören.

Wie geht es weiter?

Umbruch größer als angenommen?

Am Sonntag spielt Bayern bei Arminia Bielefeld – das ist natürlich kein dankbares Spiel. Sie stehen unter Druck, die Fans wünschen sich eine Entschädigung. Auf der anderen Seite ist die Luft ein Stück weit raus aus der Saison.

Womöglich ist nun das Wichtigste, dass Nagelsmann die Chance nutzt, die zweite Reihe noch mal unter die Lupe zu nehmen. Empfiehlt sich da noch jemand für die kommende Saison? Ansonsten wird der Umbruch wohl größer als angenommen.

Der FC Bayern kann wirklich froh sein, dass sowohl Dortmund als auch Leipzig in dieser Saison zwischenzeitlich so geschwächelt haben und er mit neun Punkten Vorsprung kurz vor dem zehnten Meistertitel in Folge steht. Dennoch darf sich Trainer Julian Nagelsmann so eine Saison nicht noch mal erlauben. Und das weiß er natürlich auch.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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