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EM 2022: War es nur ein schöner Traum?


Was von der EM bleibt
War es nur ein schöner Traum?

Von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 31.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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Merle Frohms: Die Nationaltorhüterin hofft auf einen langfristigen Erfolg für den Frauenfußball.Vergrößern des Bildes
Merle Frohms: Die Nationaltorhüterin hofft auf einen langfristigen Erfolg für den Frauenfußball. (Quelle: IMAGO/Simon Dael/Shutterstock)

Die Nationalelf begeistert bei der EM die Fans in der Heimat. Am Sonntag steigt das Finale. Doch was danach passiert, ist ungewiss.

12,187 Millionen: Diese Zahl wird von der Fußball-EM der Frauen bleiben. So viele Menschen schalteten am Mittwoch beim ZDF ein, als Deutschland Frankreich im EM-Halbfinale mit 2:1 schlug. Das bedeutete einen Marktanteil von 47,2 Prozent – Rekordwerte für die DFB-Frauen.

Die Gesamtzahl an Zuschauerinnen und Zuschauern war noch höher, denn auch beim Streamingdienst DAZN lief das Spiel live. Genaue Quoten sind dazu nicht bekannt. Klar ist aber: Das Interesse am deutschen Team bei dieser EM ist groß. Sehr groß. Die Frage ist nur, ob dieses Interesse auch noch in der nächsten Woche da ist.

Der Vergleich

Auch wenn die Herren bei der EM 2016 im Halbfinale gegen Frankreich fast 30 Millionen TV-Zuschauer hatten, können die Frauen in diesem Jahr zumindest einen kleinen Triumph für sich verbuchen. Denn das letzte Länderspiel der Herren in der Nations League gegen Italien schauten nur rund 8,9 Millionen Menschen.

Doch ein direkter Vergleich zwischen Männern und Frauen ergibt wenig Sinn. Vielmehr hilft ein Blick auf ein vergleichbares Turnier – die EM 2013. Zwei Jahre nach der Heim-WM, die einen kleinen Boom ausgelöst hatte, trafen die deutschen Frauen im Halbfinale auf Schweden. In Göteborg musste das Team von Silvia Neid gegen die Gastgeberinnen ran. Dzsenifer Marozsán schoss das entscheidende Tor zum 1:0 und führte Deutschland ins Finale – vor den Augen von etwas über 8,5 Millionen Fans vor dem TV. Über drei Millionen weniger als am vergangenen Mittwoch.

Und auch das Finale gegen Norwegen, das Deutschland mit 1:0 gewann, verfolgten damals "nur" rund zehn Millionen Menschen hierzulande. Die Begeisterung – zumindest vor dem Fernseher – ist in diesem Jahr also größer.

Die Gründe

Für das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sind allein diese Zahlen ein Ritterschlag, selbst wenn es am Sonntagabend in Wembley keinen Pokal geben sollte. Diese Zahlen sind auch das Ergebnis einer aktiven Präsenz auf allen Kanälen. Die deutschen Frauen kämpfen um die Aufmerksamkeit. Sie geben viele Interviews, liefern auf Social Media Einblicke in die Kabine und stehen nach den Spielen für Fotos und Autogramme zur Verfügung.

Das Resultat sind stark anwachsende Follower-Zahlen auf ihren Profilen bei Instagram und in anderen sozialen Netzwerken:

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Aber neben dieser Präsenz im Internet ist es eben auch die Präsenz auf dem Platz, die die Fußballfans mitreißt. Deutschland spielt einen offensiven, intensiven und torreichen Fußball. Dabei überzeugt auch die Mischung aus Erfahrung von Spielerinnen wie Alexandra Popp (31 Jahre) oder Marina Hegering (32) mit jüngeren Talenten wie Jule Brand (19) oder Lena Oberdorf (20).

Das Potenzial im Kader wird vom Trainerteam um Martina Voss-Tecklenburg ideal ausgeschöpft. Selbst Corona-bedingte Ausfälle von Stammspielerinnen wie Lea Schüller oder Klara Bühl wurden problemlos aufgefangen. All das sorgt – gepaart mit der Rekordkulisse in England – für Begeisterung bei den Zuschauerinnen und Zuschauern in der Heimat.

Die Chancen

Der DFB hat diese Erfolge bei der EM nicht nur des Images wegen gebraucht. Denn der Mädchenfußball erlebte im vergangenen Jahrzehnt einen dramatischen Rückgang. Im Jahr 2010 nahmen noch 8.665 Mädchenteams am Spielbetrieb teil. In der Saison 2021/22 waren es nur noch 3.987 – ein Rückgang um rund 54 Prozent. Die Sorge um die Zukunft des Frauenfußballs ist beim Verband groß. Die EM soll den Schalter nun umlegen.

Dass es schnell Effekte nach solchen Turnieren gibt, zeigt ein Blick auf die Eishockey-Herren. Nach dem überraschenden Olympia-Silber in Pyeongchang 2018 erlebte der DEB einen großen Zuwachs. Der damalige Sportdirektor Stefan Schaidnagel sagte ein Jahr später im Interview mit t-online: "Bei den 8- bis 12-Jährigen haben wir einen Anstieg bei den Anmeldungen von zwölf Prozent. Das ist eine tolle Basis, mit der wir unsere Ausbildung vorantreiben."

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Für diese Anmeldungen braucht es Vorbilder. Und die bekommen die jungen Mädchen in diesen Wochen zuhauf. Gepaart mit der Social-Media-Präsenz, was für diese Generation an Wert nicht zu unterschätzen ist, werden Klara Bühl, Giulia Gwinn oder Merle Frohms in Zukunft vermehrt als Poster an den Wänden einiger Kinderzimmer hängen.

Die Probleme

Wie so oft gibt es aber auch im Fall der DFB-Frauen ein Aber. Denn die Transformation des Interesses von einem Großturnier auf den Bundesliga-Alltag ist schwer. Hohe Einschaltquoten bei der EM garantieren kein Millionenpublikum, wenn Eintracht Frankfurt an einem Samstag um 13 Uhr Turbine Potsdam empfängt. Während in anderen Ländern wie Spanien oder England der Frauenfußball seit Jahren boomt, ist in Deutschland eher Stagnation angesagt (mehr dazu lesen Sie hier).

Während selbst das Heimspiel des FC Bayern gegen das abgeschlagene Tabellenschlusslicht der Herren ausverkauft ist, kamen zum Heimspiel der Bayern-Frauen im Champions-League-Viertelfinale "nur" 13.000 Fans in die Allianz Arena. Was auf den ersten Blick wenig klingt, war eine Rekordkulisse. An einem Bundesliga-Spieltag kommen im Schnitt knapp unter 1.000 Fans zum FC Bayern.

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Auch deshalb sagt Bernd Schmelzer, der das EM-Finale für die ARD kommentiert: "Ich hoffe, dass nach der EM nicht nur geredet, sondern gehandelt wird. 2011, bei der WM im eigenen Land, hieß es: 'Jetzt kommt der Durchbruch'. Geblieben ist davon aber nichts, da muss man ehrlich sein", sagte Schmelzer t-online. "Das darf jetzt nicht noch mal passieren. Die Leute sollen nicht auf Social Media schreiben, dass zu wenig gemacht wird, sondern selbst in die Stadien gehen und ihre Mitmenschen animieren, sich für den Fußball der Frauen zu begeistern. In Deutschland spielen die Besten der Welt, fast die komplette deutsche EM-Startelf ist in der Bundesliga aktiv. Darum mein Appell: Schaut es euch an! Mein Wunsch ist es, dass die Aufmerksamkeit für den Fußball der Frauen auch in drei, sechs und neun Monaten noch da ist."

Das Gute für die deutsche Nationalmannschaft: Auf die EM 2022 folgt in einem Jahr schon die WM 2023 in Australien und Neuseeland. Die Mannschaft wird dann womöglich fast die gleiche sein. Dann kann der Boom aufs Neue entfacht – und der Zulauf an Fans nachhaltiger werden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche und Beobachtungen
  • Nachrichtenagentur dpa
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