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WM 2022 in Katar: Das Turnier der starken Frauen – oder doch nicht?


Mutige WM-Auftritte
Sie zeigen den Männern, wie es geht

  • Steven Sowa
Von Steven Sowa

Aktualisiert am 25.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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ZDF-Reporterin Claudia Neumann, Ex-Fußballerin Alex Scott und die belgische Außenministerin Hadja Lahbib zeigen sich bei der WM solidarisch.Vergrößern des Bildes
ZDF-Reporterin Claudia Neumann, Ex-Fußballerin Alex Scott und die belgische Außenministerin Hadja Lahbib zeigen sich bei der WM solidarisch.

Während die Männer bei dieser WM unter der Fifa-Fuchtel erstarren, zeigen Frauen starke Gesten. Aber sind sie wirklich die einzigen Rebellen in Katar?

Was zählt, ist auf dem Platz? Pustekuchen. Bei dieser Fußball-WM ist alles anders. Das Turnier im Wüstenstaat Katar steht von Beginn an massiv in der Kritik: wegen Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung von Minderheiten und sündhaft teuren Investitionen ohne Nachhaltigkeit. Das Anti-"One Love"-Diktat der Fifa nach WM-Beginn hat die Situation noch verschärft.

Weil der Weltverband unter anderem Deutschland, England und den Niederlanden mit Strafen drohte, verzichten die Nationalmannschaften der Länder auf die "One Love"-Binde in Katar. Ein Symbol für Gleichberechtigung und ein Zeichen der Solidarität: von der Fifa verbannt. Dabei war "One Love" schon eine Art Kompromiss, zuvor war DFB-Kapitän Manuel Neuer noch mit einer Regenbogenbinde als weltweites Erkennungszeichen für Toleranz aufgelaufen.

Erlaubt Katar jetzt Regenbogenfarben?

Reihenweise Männer beugen sich nun der Ansage: von Englands Kapitän Harry Kane über Hollands Anführer Virgil van Dijk bis hin zu Manuel Neuer. Berichte von abgewiesenen Zuschauern an den Stadioneingängen machen zudem die Runde: Immer wieder soll Sicherheitspersonal in Katar Fußballfans mit Regenbogen-Look am Einlass gehindert haben. Ob sich das nach einem Medienbericht vom Donnerstag ändert, bleibt abzuwarten.

Fest steht: Zuvor haben es bereits einige Frauen mit unterschiedlichen Regenbogen-Symbolen ins weite Rund geschafft. Vor allem die Auftritte von vier prominenten Damen gehen um die Welt.

BBC-Reporterin Alex Scott

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Nur wenige Stunden vor dem Spiel England gegen Iran macht die Nachricht die Runde: Alle an der "One Love"-Aktion beteiligten Länder geben ihre Binden ab und folgen den Fifa-Anweisungen. Der BBC-Reporterin Alex Scott ist das egal. Sie trägt die Binde bei ihrem TV-Einsatz fürs englische Fernsehen gut sichtbar am linken Arm, ist auch im Stadion bei ihrer Moderation auf dem Spielfeld für Zuschauer gut zu sehen.

Die Bilder der ehemaligen englischen Nationalspielerin sorgen für Aufsehen. In den sozialen Medien wird sie als vermeintlich erste Rebellin gegen die Fifa-Doktrin gefeiert. Dies hängt vor allem mit der zeitlichen Abfolge zusammen: Kurz nach der großen medialen Aufmerksamkeit rund um den "One Love"-Rückzieher der Verbände präsentiert sich Scott ausgerechnet beim Spiel Englands mit eben dieser Binde der Weltöffentlichkeit – während Harry Kane als Kapitän der "Three Lions" mit einer Ersatzvariante aufläuft.

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Doch schon beim WM-Auftakt am 20. November schafft es eine Journalistin mit Regenbogen-Symbolik aus Katar zu berichten. Amanda Davies vom US-Fernsehsender CNN trägt am ersten Spieltag ein regenbogenfarbenes Kleid. Fotos zeigen die Journalistin mit ihrer symbolträchtigen Kleidung sowohl im Studio des Senders in Katar als auch beim Eröffnungsspiel im Stadion.

ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann

Einer deutschen TV-Vertreterin gelingt dieser optische Protest ebenfalls. In einem schwarzen T-Shirt mit herzförmigem Regenbogen-Aufdruck und einer dazu passenden Binde am rechten Arm begrüßt ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann die Zuschauer am zweiten WM-Tag zum Spiel USA gegen Wales aus dem Ahmed bin Ali Stadium.

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"Es hätte ein legendärer, ein stolzer WM-Tag werden können, so aber verbringen wir ihn alle mit den Diskussionen um die Solidaritätsbekundungen", verweist Neumann während der Übertragung auf die Kontroversen rund um das Einknicken vor der Fifa. Sie selbst setze sich aktiv gegen Unterdrückung und Ausgrenzung ein, erklärt sie später dem SID. "Ich möchte damit ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz setzen", so die 58-Jährige.

Innenministerin Nancy Faeser

Auch die deutsche Innenministerin reihte sich ein in diese aufsehenerregenden Auftritte. Nur, dass die Aktion diesmal einen Beigeschmack bekommt. Aber beginnen wir chronologisch. Es ist Mittwoch, 14 Uhr: Deutschland spielt sein erstes WM-Spiel gegen Japan. Auch die Bundesinnenministerin befindet sich unter den offiziell 42.608 Zuschauern im Khalifa-International-Stadion. Erste Bilder zeigen sie mit rotem Blazer, später sorgt sie mit dem, was darunter zu sehen ist, für lautstarken Jubel – die "One Love"-Binde ziert ihren linken Arm.

"Wenigstens sie enttäuscht die Erwartungen nicht", schreibt t-online in einem Kommentar unmittelbar nach dem Auftauchen der ersten Bilder. Tatsächlich ist das Tragen des Armschmucks eine Geste des Widerstands. In unmittelbarer Nähe sitzt Fifa-Boss Gianni Infantino. Nancy Faeser selbst wird später so zitiert: "Dann hat er mich auch auf die Binde angesprochen, ob das die Binde ist, dann habe ich ihm gesagt: 'Und ist nicht so schlimm wie Sie denken, oder?'".

Sie habe Infantino auch gesagt, dass sie die Entscheidung des Weltverbandes als großen Fehler sehe. Es sei unglaublich, was da für ein Druck auf die Fußballverbände der sieben europäischen Staaten ausgeübt worden sei, damit dieses Symbol für Vielfalt auf dem Spielfeld nicht getragen wird.

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Also alles schön und gut, oder? Später zeigen Bilder, die offenbar Teil eines ZDF-Berichts gewesen sind, Infantino und Faeser Seite an Seite. Mehr noch: Der oberste Fifa-Herr zeigt auf die "One Love"-Binde und grinst dabei in die Kamera. Dabei entsteht bei Beobachtern der Eindruck, dass die Geste der Rebellion verpufft – und Infantino sich über diese Art der Symbolpolitik lustig macht.

Belgiens Außenministerin Hadja Lahbib

Dennoch kommt es am selben Tag erneut zu einem Zusammentreffen zwischen Gianni Infantino und einer europäischen Politikerin. Sechs Stunden nach dem Deutschlandauftakt läuft die Partie Belgien gegen Kanada im Ahmed bin Ali Stadium. Belgiens Außenministerin Hadja Lahbib ist zu Gast – und trägt wie Faeser auch die "One Love"-Binde am Arm.

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Bilder von der 52-Jährigen verbreiten sich in den sozialen Medien – und werden gefeiert. "Einfach stolz auf dich und auf unser Land", heißt es unter anderem. Ist diese Fußball-Weltmeisterschaft also wirklich das Turnier der starken Frauen? Nicht nur.

Iraner mit mutigem Auftritt

Vor allem die iranische Nationalmannschaft geht mit einer symbolischen Geste in die Geschichtsbücher der WM 2022 ein. Die Spieler weigern sich bei der Begegnung mit England, die Nationalhymne zu singen. Viele werten das als Zeichen gegen die Staatsführung. In jenem Moment unterbricht der Staatssender die Übertragung – und den Spielern werden Konsequenzen angedroht.

Anlass für die offensichtliche Solidaritätsbekundung der Fußballer ist die Verhaftung einer jungen Kurdin, die wenig später in einem Krankenhaus verstirbt. Seitdem gehen landesweit Tausende gegen die Regierung auf die Straße. Doch die harte Niederschlagung der Proteste sowie die Drohungen gegen die Nationalelf könnten Wirkung gezeigt haben: Beim zweiten Spiel des Teams am Freitag gegen Wales singen die Männer (teilweise) die Hymne mit – wenn auch leise und fast unbemerkt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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