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Dieter Hallervorden mit Eklat: Vom Holocaust-Überlebenden zum Israel-Kritiker


Hallervorden, der Eklat und seine Karriere
Alles erinnert an einen Skandal vor zehn Jahren


17.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Dieter Hallervorden: Der Komiker gibt sich in einem neuen Video als Friedensbotschafter.Vergrößern des Bildes
Dieter Hallervorden: Der Komiker gibt sich in einem neuen Video als Friedensbotschafter. (Quelle: imago stock&people)

"Palim, Palim!" Der einstige "Nonstop Nonsens"-Komiker Dieter Hallervorden löst mit einem Anti-Israel-Video Diskussionen aus. Längst nicht sein erster Polit-Eklat.

Seit rund 60 Jahren ist Dieter Hallervorden schwer zu greifen. Seine Karriere gleicht der eines Verwandlungskünstlers, so viele Rollen hat er schon gespielt: von Nonsens als "Didi" über Scharfzüngiges als Polit-Kabarettist, seiner Schauspieltätigkeit in Kino-Erfolgen wie "Honig im Kopf" und "Sein letztes Rennen" bis hin zu politischen Äußerungen und Aktivismus, ob als Theaterleiter, Briefschreiber oder wie jetzt: selbst ernannter Friedensbotschafter.

Sein neuestes Werk "Gaza Gaza" stammt aus der Feder von Dieter Dehm. Von Israel als Apartheidstaat ist die Rede, von "Völkermord" und einer dubiosen "Macht, die Bestien schafft". Viele Fragen bleiben offen, doch beantworten will Hallervorden sie nicht. Auf Anfrage von t-online lässt sein Management mitteilen: "Mit dem Song ist alles gesagt."

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Kommentatoren aus dem politischen Berlin sehen das anders, werfen Hallervorden Antisemitismus vor und empfinden das als Video inszenierte Gedicht "zum Würgen", wie die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann. Und Grünen-Politiker Volker Beck meint: "Wer ein Beispiel für Schuldabwehr-Antisemitismus im Zusammenhang mit Täter-Opfer-Umkehr im Nahostkonflikt sucht, Hallervordens Machwerk ist ein Bilderbuchbeispiel."


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Mit dem Song ist alles gesagt.


Dieter Hallervorden


Dabei trommelt "Didi" schon länger für seine Israel-Kritik, seine Position im Palästinakonflikt ist bekannt. Schon zum Gaza-Krieg im Sommer 2014 schrieb er von einem Krieg "Goliath gegen David, 10.000 Mann gegen Einen". Ein Jahr später will er dann die Beobachtung gemacht haben: "Der israelische Polizist hat einen Revolver, der palästinensische Attentäter ein Messer." Daraus zieht er die Lehre: "Da wird der Palästinenser natürlich erschossen. Gefangene werden nicht gemacht."

Seit der Terrorattacke der Hamas am 7. Oktober hat sich Hallervordens Meinung nicht geändert. Im März 2024 veröffentlicht er einen offenen Brief an den Bundeskanzler und kritisiert den Krieg Israels gegen Gaza als unverhältnismäßig. Darin zitiert er auch die Vorwürfe von Südafrika an Israel über Apartheid und Völkermord sowie den Holocaust-Vergleich durch den Präsidenten Brasiliens. Er selbst behauptet, dass Israels Militäreinsatz den "größten Kinderfriedhof der Welt" im Gazastreifen geschaffen habe. Narrative, die sich nun auch in seinem jüngsten Videoclip wiederfinden.

"Kann nur die Rollen spielen, die man mich auch spielen lässt"

Da mag es für viele Beobachter umso befremdlicher wirken, dass Hallervorden im Jahr 2015 in der ARD-Komödie "Chuzpe – Klops braucht der Mensch" einen Holocaust-Überlebenden spielte – und dafür seinerzeit wegen der "Geschichte mit Witz und Tiefgang" viel Lob einheimste.

"Natürlich hätte ich ernstere Rollen schon gerne früher gespielt. Ich bin ja Schauspieler. Aber ich kann nur die Rollen spielen, die man mich auch spielen lässt", sagt Hallervorden damals im dpa-Interview über seine späte Karriere als Charakterdarsteller. "Es war unheimlich schwer, aus der 'Didi'-Schublade rauszuklettern und zu meinen eigentlichen Wurzeln zurückzukehren", so Hallervorden über sein Image als Spaßmacher.

Ob mit seinem legendären "Palim, Palim!"-Sketch über die "Flasche Pommes frites", dem schwarzhumorigen Butler-Auftritt im Sketch "Die Kuh Elsa" oder dem mit Helga Feddersen gesungenen Ulksong "Die Wanne ist voll" – Hallervorden hat einen Platz im kollektiven Witze-Gedächtnis der Deutschen. Doch Hallervorden präsentierte eben auch oft mehr als nur harmlosen "Nonsens"-Humor. Bissig und politisch war Hallervorden schon früh in seinen Kabarettprogrammen und von 1994 bis 2003 in der TV-Reihe "Hallervordens Spott-Light".

Seit mehr als 60 Jahren steht der gebürtige Dessauer, der 1958 in den Westen ging, auf der Bühne. Er studierte Romanistik und wollte eigentlich Journalist werden. Die Anfänge seiner Karriere liegen im politischen Kabarett der Sechzigerjahre, als er mit gerade mal 25 Jahren die "Wühlmäuse" gründete.

Wie Harald Juhnke war Hallervorden eines der bekanntesten Gesichter des alten West-Berlin. Heute macht er immer öfter mit Kontroversen auf sich aufmerksam: 2021 zum Beispiel, als er das Gendern mit der Sprachpolitik von Nazis und Kommunisten verglich und als "Vergewaltigung" bezeichnete oder eben jetzt mit seiner umstrittenen Israelkritik.

Hallervorden ist es gewohnt, anzuecken – womöglich ist es sogar von ihm gewollt. Als er im Frühjahr 2015 bei der Verleihung des Romy-Filmpreises in Wien auf den Nazi-Slogan "Heim ins Reich" anspielte, löste das Irritationen aus. Schließlich hatten die Faschisten 1938 mit der Parole "Heim ins Reich" für den Anschluss Österreichs geworben. Es sei eine Satire gewesen, verteidigte sich Hallervorden: "Ich weiß sehr wohl, was ich gesagt habe. Das war eine bewusste Provokation, die ich mir sehr gut überlegt hatte."

"Also bevorzuge ich den Unruhestand"

Anders als heute erklärte sich Hallervorden damals ausführlich. "Vor dem Zweiten Weltkrieg sind die Österreicher mit wehenden Fahnen zu Nazi-Deutschland übergelaufen", so der Kabarettist zum Hintergrund seiner Aussage und weiter: "Nach dem Krieg haben der österreichische und der russische Außenminister vereinbart, dass im Staatsvertrag festgeschrieben wird, dass Österreich keine Schuld am Zweiten Weltkrieg trifft. Was bedeutet, dass das Land keine Reparationszahlungen zu leisten hatte, diese lasteten auf den deutschen Schultern."

Dass er damit dem in rechten Kreisen verbreiteten Opfermythos mancher Deutscher nach dem faschistischen Vernichtungskrieg Futter gab, thematisierte Hallervorden nicht – so wie er es heute offenbar nicht für nötig hält, darauf hinzuweisen, dass es Israels erklärtes Ziel ist, die Hamas zu zerschlagen, aber nicht, die Palästinenser zu vernichten.

"Ein Narr gibt niemals auf", nannte Hallervorden einst sein Motto. Wenn der Beruf einem Hobby entsprungen sei, dann bleibe die Leidenschaft. "Solange es mir so viel Spaß macht, wäre ich ja blöd, damit aufzuhören. Also bevorzuge ich den Unruhestand." Hallervorden, der ein Schloss in Frankreich seine zweite Wahlheimat nennt und als vierfacher Vater zweimal verheiratet war, dürfte in diesem Sinne zufrieden sein: Ruhig wird es um ihn auch im Alter von 88 Jahren nicht.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Dieter Hallervorden
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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