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Diesel-Skandal: Nach Fahrverbot – was tun mit meinem Dieselauto?


Was Experten nun empfehlen
Nachrüsten, verkaufen, abwarten – was tun in der Dieselkrise?

t-online, Markus Abrahamczyk

Aktualisiert am 01.02.2019Lesedauer: 5 Min.
Nichts geht mehr in der Münchener Innenstadt. Das könnte angesichts drohender Fahrverbote bald besonders für Dieselfahrer gelten. Viele denken deshalb über den Verkauf ihres Autos nach und werden von attraktiven Prämien in die Autohäuser gelockt.Vergrößern des BildesStau in Münchens City. Auch hier drohen Fahrverbote für Dieselfahrer. (Quelle: dpa-bilder)
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Die Angst vor Wertverlust und Fahrverbot verunsichert derzeit viele Dieselfahrer. Löst der Verkauf oder die Nachrüstung des Autos ihr Problem? Hier erfahren Sie, was Experten jetzt empfehlen.

Sie wollten ein umweltfreundliches und sparsames Auto haben. Deshalb entschieden sich rund 15 Millionen Deutsche für ein Dieselmodell. Und gucken nun in die Röhre. Nicht nur, dass ihr Auto krank macht – es ist deshalb auch mit einem Mal von hohem Wertverlust und Fahrverboten bedroht. Aber ist die Lage wirklich so ernst für Dieselfahrer? Zeit für eine Bestandsaufnahme! Auf t-online.de erklären Experten von ADAC und DAT (Deutsche Automobil Treuhand), was Besitzer eines Dieselautos jetzt wissen sollten.

t-online.de: Schnell verkaufen, erst mal abwarten oder gar Hardware nachrüsten: Viele Dieselfahrer wissen im Moment nicht, was sie angesichts möglicher Fahrverbote tun sollen. Was empfehlen Sie den Betroffenen?

Dr. Reinhard Kolke: In jedem Fall sollten Dieselbesitzer nicht in Panik verfallen und stattdessen Ruhe bewahren. Denn ob, wann und wo Fahrverbote tatsächlich kommen, ist derzeit vollkommen offen. Wer jetzt panisch reagiert, bekommt für den Diesel wahrscheinlich weniger, als er tatsächlich wert ist. Und wer nicht in Innenstädte fährt, in denen ein Fahrverbot unmittelbar droht, für den ändert sich auf absehbare Zeit erst mal gar nichts. Wer in solche Städte fahren muss, sollte sich in Zukunft überlegen, ob ein Umstieg auf Bus und Bahn sinnvoll ist. Wenn die Politik den Weg dafür freimacht, kommt möglicherweise auch eine Nachrüstung in Betracht. Wenn ein Neuwagenkauf zur Debatte steht, empfiehlt der ADAC ausschließlich Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 6d-TEMP oder Euro 6d.

Dennoch: Verkaufen oder nicht, fragen sich vor allem betroffene Städter. Ist Ihr Rat an sie ein anderer als an Autofahrer auf dem Land?

Entscheidend ist, wo ein Fahrzeug tatsächlich genutzt wird und ob die betroffenen Städte es schaffen, Grenzwerte auch ohne Fahrverbote einzuhalten. Deshalb raten wir dazu, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Entwicklung vor Ort zu beobachten. In jedem Fall könnte eine SCR-Nachrüstung zum Werterhalt des Fahrzeugs beitragen.

Damit lässt sich der Ausstoß von Stickoxiden im Idealfall um mehr als 70 Prozent senken und selbst unter ungünstigen Bedingungen um die Hälfte. Ein Euro-5-Diesel würde damit die strenge Euro-6-Norm erfüllen. So wäre er von einem Fahrverbot wohl nicht betroffen. Allerdings ist die Nachrüstung – gemessen am Wert der betroffenen Autos – teuer: 1.400 bis 3.300 Euro. Und der Gesetzgeber hat noch nicht die Rahmenbedingungen zur Anerkennung umgerüsteter Fahrzeuge geschaffen.

Kann mich ein Software-Update oder eine Nachrüstung vor Fahrverboten bewahren?

Das Bundesverkehrsministerium sollte im Zuge einer Nachrüstrichtlinie die Rahmenbedingungen schaffen, um Autofahrer zu entlasten. Dass – neben vielen anderen Maßnahmen – insbesondere Hardwarenachrüstungen die Luftreinhaltepläne der Städte unterstützen könnten, ist unbestritten. Leider wehren sich die Hersteller noch vehement dagegen. Um es klar zu sagen: Fahrverbote ließen sich wohl weitgehend vermeiden, wenn die Automobilhersteller die Verantwortung für Bestandsfahrzeuge übernehmen würden, um damit den Entscheidungsträgern in den Kommunen entgegenzukommen.

Welche Motoren sind denn nun eigentlich von einem Fahrverbot bedroht?

Die konkrete Ausgestaltung von Fahrverboten und die Kriterien für betroffene Fahrzeuge sind noch offen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts legt nahe, dass Fahrverbote für Euro-6-Diesel in den nächsten Jahren unverhältnismäßig wären. Im Fokus der Diskussion stehen deshalb vor allem Dieselautos, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen. Deshalb ist es gerade bei den teils relativ neuen Euro-5-Dieseln wichtig, dass Politik und Hersteller endlich den Weg für Hardwarenachrüstungen freimachen, ohne die Verbraucher zusätzlich finanziell zu belasten.

Ich plane gerade unabhängig von der Krise, mein Dieselauto zu verkaufen. Was muss ich jetzt wissen?

Wer den Verkauf seines älteren Diesels plant, muss wissen, dass er derzeit mit erheblichen Abschlägen rechnen muss, da aufgrund der allgemeinen Verunsicherung eine Kaufzurückhaltung festzustellen ist. Wie sich das Preisniveau langfristig entwickelt, wenn Klarheit über die Fragen einer konkreten Ausgestaltung herrscht, kann momentan nicht prognostiziert werden. Wie schon gesagt: Wer weiterhin in städtische Umweltzonen fahren möchte, in denen Fahrverbote drohen, sollte künftig ein Dieselfahrzeug mit dem neuen Abgasstandard Euro 6d TEMP bzw. Euro 6d wählen oder sich für eine Alternative zum Diesel entscheiden.

Mehr Angebot als Nachfrage, die Preise im Keller. Mancher denkt da an einen Verkauf im Ausland.

Von Panikverkäufen raten wir ab. Das gilt aus unserer Sicht auch beim Auslandsverkauf, der sich im Übrigen nicht vom Verkauf an einen inländischen Interessenten unterscheidet.

Sind Leasingkunden gegenüber Käufern im Vorteil?

Aufgrund von etwaigen Fahrverboten lässt sich ein Leasingvertrag nicht kündigen; der Leasinggeber gibt ja keine Garantie, dass das Fahrzeug von Fahrverboten verschont bleibt. Außerdem dürften beim Leasing von Dieselfahrzeugen ausschließlich Euro 6-Fahrzeuge in Verkehr kommen, die kurz- und mittelfristig vermutlich nicht von Fahrverboten betroffen sind. Was einen möglichen Wertverlust angeht, könnte Leasing eventuell sinnvoll sein, soweit es sich um einen Kilometerleasing-Vertrag handelt.

Die Preisentwicklung von Gebrauchtdieseln zeigen die Zahlen der DAT (Deutsche Automobil Treuhand):

Die Daten bestätigen, dass sich der Wertverlust allein im Jahr 2017 stark beschleunigt hat: Dreijährige Diesel waren zu Jahresbeginn im Schnitt noch 56 Prozent vom Neupreis wert. Am Jahresende waren es nur noch 52,6 Prozent. Der Wertverlust von Benzinern hat sich wiederum verlangsamt. Ob dieser Trend mit der Dieselkrise zusammenhängt, erklärt DAT-Pressesprecher Dr. Martin Endlein.

t-online.de: Hat der Wertverlust aufgrund der Dieselkrise zugenommen?

Dr. Martin Endlein: Fast jedes Auto verliert über die Zeit an Wert, und schon vor Beginn der Dieselkrise änderten und überkreuzten sich die Kurven von Benzin- und Diesel-Gebrauchtwagen immer wieder. So kontinuierlich wie zuletzt gingen sie aber tatsächlich in den letzten Jahren nicht auseinander. Die aktuelle Diskussion hat sich also auf die Werte der Gebrauchtwagen niedergeschlagen.
Aufgrund der Konjunktur wurden im vergangenen Jahr aber extrem viele Autos verkauft. Die hohe Nachfrage (bei Diesel-Gebrauchtwagen etwas geringer) hält die Preise der dreijährigen Gebrauchten noch einigermaßen stabil. Schließlich wollen und müssen die Menschen vor allem im ländlichen Raum nach wie vor mobil sein. Beachtenswert ist, dass die hohe Nachfrage nach Benzinern dafür sorgt, dass deren Werte leicht gestiegen sind.

Welche weitere Preisentwicklung erwarten Sie?

Prognosen sind derzeit extrem schwierig, seriöse Aussagen kaum möglich. Das Leipziger Urteil zu Fahrverboten führte zu mehr Unklarheit als Klarheit beim Endverbraucher. Beispielsweise sind nun ja die Luftmessungen verschiedener Stationen in der Diskussion. Niemand weiß derzeit, wohin die Entwicklung geht. Die Preise für gebrauchte Diesel werden unter Druck bleiben und vermutlich zunächst weiter sinken. Das liegt zum einen an der Verunsicherung der Käufer, zum anderen aber auch am aktuellen Überangebot und letztendlich auch an den Umweltprämien der Hersteller für Neuwagen.

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Welche Empfehlung aus den aktuellen (Preis-)Entwicklungen würden Sie für betroffene Dieselbesitzer ableiten?

Panik ist ein schlechter Ratgeber – deshalb: keine Aufregung! Im Moment sind einfach noch zu viele Fragen offen. Ich rate zu Gelassenheit, bis mehr Klarheit vorliegt.

In diesen Städten drohen Fahrverbote

Das Umweltbundesamt misst die Schadstoffbelastung an bundesweit mehr als 500 Stationen. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO) liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In den folgenden 37 Städten wird er überschritten.

Stadt Jahresmittelwert in Mikrogramm
München 78
Stuttgart 73
Köln 62
Reutlingen 60
Hamburg 58
Düsseldorf 56
Kiel 56
Heilbronn 55
Darmstadt 52
Ludwigsburg 51
Dortmund 50
Wiesbaden 50
Berlin 49
Freiburg 49
Oberhausen 49
Oldenburg 49
Wuppertal 49
Hagen 48
Mainz 48
Tübingen 48
Frankfurt/Main 47
Solingen 47
Aachen 46
Gelsenkirchen 46
Leverkusen 46
Limburg an der Lahn 45
Mannheim 45
Augsburg 44
Hannover 44
Ludwigshafen 44
Osnabrück 44
Halle an der Saale 43
Leonberg 43
Nürnberg 43
Gießen 42
Essen 41
Regensburg 41

Da nicht alle Stationen vollautomatisch messen, liegen einige Daten für das Jahr 2017 noch nicht vor. Deshalb hat das Amt für weitere 29 Städte bislang nur die Vermutung, dass dort die Grenzwerte überschritten werden.

Verwendete Quellen
  • ADAC
  • DAT
  • dpa
  • Spot Press Services
  • Eigene Recherche
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