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Wirtschaftskrise und Inflation: Was bedeutet die Situation für Deutsche?


Trübe Wirtschaftsaussichten
Die Talfahrt hat begonnen


Aktualisiert am 21.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Regenwolken über Kränen am Hamburger Hafen (Symbolbild): In einer Rezession geht die Wirtschaftsleistung eines Landes zurück.Vergrößern des Bildes
Regenwolken über Kränen am Hamburger Hafen (Symbolbild): In einer Rezession geht die Wirtschaftsleistung eines Landes zurück. (Quelle: t-online)

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Rezession. Und die Aussichten sind schlecht. Was heißt das für die Inflation, für Sparer und den Arbeitsmarkt?

An der Börse läuft es rund, die Biergärten sind voll – und trotzdem kommt die deutsche Wirtschaft nicht so recht in den Tritt, im Gegenteil. Wirtschaftsforscher rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr noch einmal stärker schrumpfen wird als zuletzt gedacht.

Was sind die Gründe dafür? Welche Folgen hat das? Und wird jetzt alles noch teurer? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zur aktuellen Konjunkturprognose des Münchner Ifo-Instituts.

Schmiert die deutsche Wirtschaft jetzt ab?

Ganz so dramatisch würde es Timo Wollmershäuser, Konjunkturchef am Ifo-Institut, wohl nicht ausdrücken, dennoch warnt der Ökonom: "Die deutsche Wirtschaft hat einige Probleme." In den beiden Winterquartalen sei die Wirtschaftsleistung bereits geschrumpft, per definitionem befindet sich Deutschland damit in einer Rezession. (Was genau eine Rezession ist, erfahren Sie hier.)

Im laufenden Quartal sei nicht auszuschließen, dass die Wirtschaftsleistung abermals zurückgehe. "Für das gesamte Jahr rechnen wir deshalb beim Bruttoinlandsprodukt mit einem Minus von 0,4 Prozent." Das klingt zwar erst einmal wenig, ist jedoch gegenüber der vorherigen Prognose der Ifo-Experten noch einmal ein größerer Rückgang. Im Frühjahr gingen die Forscher noch von minus 0,1 Prozent aus.

Ein Grund für diese Entwicklung: der schwächelnde Konsum. "Wegen der gestiegenen Preise schränken sich viele Menschen vor allem beim Einkaufen ein", so Wollmershäuser. Den Handel treffe das stark. Weniger betroffen seien derweil Dienstleistungen, etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe. Ein Grund dafür dürfte sein, dass viele Menschen nach der Corona-Pandemie weiter nach einer Normalisierung ihrer Freizeit dürsten.

Schlecht sieht es auch auf dem Bau aus. Weil die Preise für Baumaterialien zuletzt stark gestiegen sind und die Europäische Zentralbank (EZB) parallel die Zinsen angehoben hat, können sich immer weniger Menschen und auch große Firmen den Bau neuer Häuser leisten. Viele Projekte wurden deshalb zuletzt bereits auf Eis gelegt.

Und auch die Industrie kommt weiter nicht in Schwung, sagt der Ökonom: "Eigentlich hatten wir durch die gefallenen Energiepreise damit gerechnet, dass die Industrie wieder stärker anzieht." Das aber sei nicht der Fall, die chemische Industrie sei noch immer 25 Prozent unterhalb des Produktionsniveaus vom Vorkriegsjahr 2021.

Immerhin: Nach dem Rezessionsjahr 2023 erwartet das Ifo für 2024 wieder ein kleines Wachstum für die deutsche Wirtschaft. Dann dürfte das Bruttoinlandsprodukt wieder um 1,5 Prozent steigen.

Wie gefährdet ist mein Job?

Das lässt sich im Einzelnen nur schwer beurteilen. Fakt ist: Wenn sich die Konjunkturaussichten eintrüben, hat das in der Regel Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Auch jetzt geht das Ifo davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen leicht steigen dürfte – von aktuell 2,42 Millionen auf 2,55 im laufenden Jahr. Im kommenden Jahr könnte sie dann wieder auf 2,45 Millionen sinken.

"Naheliegend ist, dass es vor allem in jenen Branchen Entlassungen gibt, die vom Einbruch der Wirtschaft stärker betroffen sind", sagt Wollmershäuser. Das sei neben der Industrie vor allem der Bau. Wenig befürchten müssten umgekehrt jene, die im Dienstleistungssektor arbeiteten, da es dem vergleichsweise gut geht.

Steigen die Preise weiter?

Ja – aber wohl langsamer und nicht mehr auf ganz so breiter Front. "Tatsächlich beobachten wir schon jetzt erste Preissenkungen, weil der Handel Anreize für Verbraucher setzen will", erklärt Ifo-Ökonom Wollmershäuser.

Dennoch werde die Inflation nach 6,9 Prozent im vergangenen Jahr im Durchschnitt des laufenden Jahres bei 5,8 Prozent liegen, so die Prognose. Das Problem dabei: Die sogenannte Kerninflation, in der die Preise für Energie nicht mit einfließt, wird dieses Jahr sogar höher ausfallen als 202, sagt Wollmershäuser: "Das heißt: Bei Lebensmitteln, bei Dingen des täglichen Bedarfs dürfte die Teuerung im Schnitt sogar noch zulegen."

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Die schlechte Folge dessen: Weil parallel die Löhne nicht im selben Maße steigen und Inflationsprämien nur kurzfristig für Entlastung sorgen, werden die Deutschen ärmer – ihre Kaufkraft sinkt. Aber es gibt auch vermeintlich gute Folgen: Es besteht kaum die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale, bei der fette Tarifabschlüsse zu gestiegenen Produktionskosten führen, die sich die Firmen über abermals höhere Preise wieder hereinholen. Für 2024 rechnet das Ifo damit, dass die Inflation wieder auf ein annähernd normales Maß von 2,1 Prozent im Jahresschnitt sinkt.

Worauf muss ich mich als Sparer einstellen?

Sparer konnten sich zuletzt über steigende Zinsen freuen. Und so dürfte es jetzt wohl weitergehen, zumindest erst einmal. Die Ifo-Experten rechnen damit, dass die EZB die Leitzinsen Ende Juli ein letztes Mal um 0,25 Prozentpunkte anheben wird.

"Danach aber ist vermutlich erst einmal Schluss", meint Wollmershäuser. Denn: Die gestiegenen Zinsen bergen die Gefahr, dass die Unternehmen deutlich nochmals weniger investieren – und Sparer ihr Geld so sehr zusammenhalten, dass nicht nur die Inflation sinkt, sondern zugleich die Wirtschaft zusammenbricht.

"Die Geldpolitik der EZB wirkt, die Inflation geht", sagt Wollmershäuser. Das aber heiße auch, dass sie ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr weiter auf die Bremse treten müsse. "Wenn alles so läuft wie prognostiziert, dürfte die EZB spätestens im zweiten Halbjahr 2024 die Zinsen sogar wieder senken."

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz des Ifo-Instituts am 21. Juni in Berlin
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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