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Stefan Schabiroskys Rufmord an Carsten Maschmeyer


Skandal-Autor Stefan Schabirosky
So lief der Rufmord an Carsten Maschmeyer

t-online, Marc L. Merten

17.08.2017Lesedauer: 7 Min.
Der frühere AWD-Chef Carsten Maschmeyer.Vergrößern des BildesDer frühere AWD-Chef Carsten Maschmeyer. (Quelle: Peter Steffen/dpa-bilder)
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Stefan Schabirosky hat über Jahre im Namen der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) Rufmord an Ex-AWD-Chef Carsten Maschmeyer begangen. Das zumindest behauptet er in seinem Enthüllungsbuch „Mein Auftrag: Rufmord“. t-online.de wollte ein Interview mit dem Autor führen, doch es kam anders.

Internet-Mobbing, eine anonyme Strafanzeige, Journalisten mit Halbwahrheiten und frisiertem Zahlenmaterial beliefert, Kursmanipulation und Datendiebstahl: Darum geht es in dem Buch, das Stefan Schabirosky (46) geschrieben hat. Skandalöse Enthüllungen über kriminelle Machenschaften zwischen zwei knallhart agierenden Finanzbetrieben – der Autor mittendrin in einer Verschwörung, die einen der glamourösen Stars der Branche, den heutigen Ehemann von Veronika Ferres, zu Fall bringen sollte.

Als t-online.de die Möglichkeit erhält, ein Interview mit Stefan Schabirosky zu führen, greift die Redaktion zu. Der Kontakt wird über den Medienberater des Autors hergestellt, wenige Tage vor dem Erscheinungstermin des Buches. Der Zeitdruck ist groß, auch, weil Schabirosky längst von Medienanfragen überhäuft wird. Nach mehreren Telefonaten einigen sich der Medienberater und der Reporter auf ein mehrteiliges Verfahren.

In einem ersten Schritt soll der Journalist dem Autor über dessen Berater einen Fragenkatalog zukommen lassen. Schabirosky will schriftlich antworten, der Reporter soll anschließend noch einmal die Möglichkeit erhalten, in einem Telefonat Nachfragen zu stellen. Als die Antworten schließlich kommen, ist klar: Erstens bleiben einige Fragen unbeantwortet. Zweitens sind Nachfragen nicht mehr möglich. Aus zeitlichen Gründen, wie es heißt.

Das Resultat ist ein Interview auf Basis eines Fragenkatalogs, ohne sicher zu wissen, ob Stefan Schabirosky die Antworten tatsächlich persönlich gegeben hat. Einen direkten Kontakt zum Autor hat es nicht gegeben. Dennoch hat sich t-online.de entschlossen, das schriftlich geführte Interview abzudrucken, allerdings in redaktionell kommentierter Fassung und mit einigen der Fragen, die unbeantwortet blieben.

t-online.de: Herr Schabirosky, wieso haben Sie sich entschlossen, das Buch „Mein Auftrag: Rufmord“ zu schreiben?

Stefan Schabirosky: Ich führe seit 2001 ein Leben im Geheimen. Weder meine Familie noch Freunde wussten, mit was ich Geld verdiene. So eine Situation macht einen fertig. Daher habe ich beschlossen, reinen Tisch zu machen. Außerdem soll die Öffentlichkeit erfahren, dass sie aufgrund meiner Kampagne im Auftrag der Deutschen Vermögensberatung mehr als zehn Jahre extrem einseitig über den AWD und seinen Gründer informiert worden ist.

Worum geht es konkret in Ihrem Buch und welche Rolle nehmen Sie darin ein?

Es ist die Geschichte meiner mehr als zehn Jahre währenden Kampagne gegen den AWD und seinen Gründer Carsten Maschmeyer. Im Detail beschreibe ich, wie die DVAG mich 2002 als Rufmörder anheuerte, mich Monat für Monat getarnt als „Controller“ mit zunächst 6000, am Ende 15.000 Euro im Monat bezahlte. Ich zeichne meine ganze fragwürdige Karriere als Informant nach, der viele Medien, Analysten und Anwälte des Landes hinters Licht führte, so Börsenkurse beeinflusste und Maschmeyers Image in Grund und Boden trieb. Am Ende gab er entnervt auf und verkaufte sein Lebenswerk.

Sie wurden 2003 nach zehn Jahren beim AWD entlassen. Wie kam es zu der Trennung?

Ich hatte mich unglücklich in eine Kollegin verliebt, die sich für einen Mitarbeiter entschied, den ich nicht ausstehen konnte. Auf einer Vertriebsversammlung abends an der Bar explodierte ich. Das war mein Ende.

Mit welchen Gefühlen haben Sie den AWD verlassen?

Enttäuscht, da meine Abfindung ein Witz war, habe ich mich nach anderen Geldquellen umgeguckt.

An dieser Stelle hätte der Reporter folgende Nachfrage stellen wollen: „Sie haben vorhin gesagt, die DVAG habe sie angeheuert. Das klang danach, als sei die DVAG aktiv auf Sie zugekommen. Jetzt sagen Sie, Sie hätten sich selbst nach anderen Geldquellen umgesehen. Wer war denn nun die treibende Kraft hinter dem Deal?“

Welche Unterlagen haben Sie vom AWD mitgenommen?

Die Mitarbeiter-Liste, alle Kundenordner und Provisionslisten.

Warum entschieden Sie sich, nach Ihrer Entlassung beim AWD den Konkurrenten DVAG zu kontaktieren? Welches Ziel verfolgten Sie bei der Kontaktaufnahme?

Etwa jeder zehnte Bundesbürger lässt sich von einem der beiden Konzerne beraten. Es ging also um Milliarden. Da dachte ich mir, dass meine Interna über den AWD der DVAG einiges wert sein dürften. Brisante Infos gegen Bares, so dachte ich.

An dieser Stelle hätte der Reporter folgende Nachfrage stellen wollen: „Also hat die DVAG nicht Sie angeheuert, sondern Sie haben bei der DVAG angeheuert?“

Wie kam es zum ersten Treffen mit Friedrich Bohl?

Der Vertriebsdirektor der DVAG, mit dem ich mich zunächst traf, fand meine Idee zur Kampagne gegen den AWD so interessant, dass er seinem Vorstand Friedrich Bohl, dem früheren Kanzleramtsminister von Helmut Kohl, davon berichtete. Der wollte mich kennen lernen. Er fand das gut und ich sollte eine Konzeption erarbeiten – und dann auch umsetzen. Zum Schein meiner Tätigkeit schlug er mir einen Controller-Vertrag vor. Natürlich hatte ich dafür keine Qualifikation. Aber wir wussten ja alle, was mein eigentlicher Auftrag war.

Wie begannen Sie die Kampagne gegen Carsten Maschmeyer und AWD?

Ich initiierte anonym Websites mit AWD-Kritik aufgrund konstruierter Vorwürfe. Dann ließ ich über einen Anwalt Anzeigen bei der BaFin, der Kontrollbehörde der Finanzbranche, gegen den AWD einreichen. Darauf bauten negative Berichte über den AWD in deutschen Medien auf, die ich reihenweise über viele Jahre lancierte. Die DVAG erstattete die Kosten.

Wie verlief die Abstimmung zwischen Ihnen und der DVAG im Laufe der Zusammenarbeit?

Ich traf am Hamburger Flughafen über Jahre konspirativ DVAG-Vorstand Friedrich Bohl und einen Vertriebsdirektor. Dort erstattete ich Bericht über meine schmutzigen Aktivitäten, mit denen ich unsere Abmachung in die Tat umsetzte.

Unter anderem die folgenden Fragen blieben an dieser Stelle unbeantwortet: "Welche Personen bei der DVAG haben Ihre Arbeit kontrolliert und wem mussten Sie berichten? Kam es zu weiteren Treffen mit Friedrich Bohl während Ihrer Arbeit und welche Inhalte hatten die Gespräche zwischen Ihnen und Bohl?"

Ihr Buch heißt: „Mein Auftrag: Rufmord“. Hätte es im Titel nicht eher „Meine Mission“ statt „Mein Auftrag“ heißen müssen? Der Begriff „Auftrag“ suggeriert, Sie seien nur das Instrument gewesen, das beauftragt worden sei, aber nicht derjenige, der es aus Eigenantrieb heraus selbst inszeniert hat.

Ich war vom damaligen DVAG-Vorstand beauftragt und wurde sechs Jahre gut dafür bezahlt, dem AWD nachhaltigen Schaden zuzufügen.

Welche Beweise haben Sie für die Mitverantwortung der DVAG?

Ich habe 4000 Beweise, Belege und Dokumente. Darunter, vom damaligen DVAG-Vorstand persönlich unterzeichnete Verträge und Spesenabrechnungen. Ich kann anhand von Kontoauszügen alle Zahlungen der DVAG belegen. Ich habe sämtliche Mails, Briefe, auch die gegenüber Journalisten, aufgehoben. Allein die Zuordnungsliste der digitalen Ordner ist ausgedruckt mehr als zehn Meter lang. Die gesamten Dateien umfassen mehr als 3,5 Gigabyte.

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Die DVAG erklärt, Sie hätten bei der Trennung 2008 eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, dass mögliche Missachtungen von Gesetzen auf Ihr eigenes „Tun und Handeln ohne Wissen, ohne Weisung der DVAG geschehen“ seien. Gibt es diese Erklärung?

Das wirft ja zunächst mal die Frage auf: Warum lässt sich ein Unternehmen von einem Controller eine solche Erklärung unterschreiben? Wenn man angeblich überhaupt nicht gewusst haben will, was ich getan habe. Ich kann aber nicht ausschließen, dass man mir solch eine Erklärung untergejubelt hat.

An dieser Stelle hätte der Reporter folgende Nachfrage stellen wollen: „Eine eidesstattliche Erklärung ist ein vor Gericht zugelassenes Mittel der Beweisführung, das man persönlich unterschreiben muss. Wie hätte die DVAG Ihnen diesen Eid ‚unterjubeln’ können?“

Die folgenden zwei Fragen aus dem Katalog blieben an dieser Stelle unbeantwortet: „Wissen Sie, ob die DVAG eine Unterlassungsklage anstrebt? Fürchten Sie eine Klage durch Carsten Maschmeyer?“

Haben Sie sich bei Carsten Maschmeyer oder irgendjemand anderem für Ihre Taten entschuldigt?

Ja.

Stimmt es, dass Sie von der DVAG in der Zeit Ihrer Arbeit gegen die AWD insgesamt rund 500.000 Euro als Gehalt erhalten haben?

Insgesamt habe ich über eine halbe Million Euro erhalten.

Stimmt es, dass Sie darüber hinaus eine Erfolgsprämie vereinbart hatten? Und wenn ja, in welcher Höhe?

Per hanseatischem Kaufmannshandschlag, ja: Für den Fall, dass es mir gelänge, den AWD zu zerstören, haben wir einen Jackpot vereinbart. Dieses Ziel war mit dem Aufgeben von Maschmeyers und dem Verkauf an Swiss Life erreicht.

Stimmt es, dass Sie diese Erfolgsprämie nie erhalten haben?

Ja, ich hatte die Drecksarbeit für die Frankfurter erfolgreich erledigt, aber sie wollten mir den Bonus vorenthalten.

Stimmt es, dass Sie zwei Mal vor Gericht verloren haben, als Sie versuchten, diese Erfolgsprämie einzuklagen?

Das ist falsch. Hier ging es nicht um die Beweisfrage, ob ich den Rufmord begangen habe, sondern lediglich um meine beiden Anträge auf Prozesskostenhilfe. Denn aufgrund der Höhe der Schadenssumme konnte ich mir die geplante Klage finanziell überhaupt nicht leisten.

Die folgenden Fragen aus dem Katalog blieben an dieser Stelle unbeantwortet: "Hätten Sie dieses Buch auch geschrieben, wenn Sie die Erfolgsprämie bekommen hätten? Sie haben Ihr Geld in den letzten Jahren mit Lügen und Halbwahrheiten verdient. Warum soll Ihnen die Öffentlichkeit jetzt glauben?"

Sie haben über Jahre hinweg gelogen, Rufmord an mindestens einem Menschen begangen und sich in einem Umfeld bewegt, in dem Opfer und Täter nur schwer auseinanderzuhalten sind. Klar ist aber: In der Sache, die Sie sich selbst mit dem Buch vorwerfen, sind Sie der Täter. Was wollen Sie mit dem Buch erreichen?

Zunächst will ich mich beim Herbig-Verlag bedanken, dass er mir die Chance gegeben hat, jetzt auszupacken. Die Unterstützung des Verlags und der Lektoren war sehr gut. Denn ich wollte nach all den Jahren des Versteckspiels reinen Tisch machen. Das befreit mich. Außerdem sollen alle erfahren, was die DVAG und ich zusammen gemacht haben.

Was sagt es über die deutsche Mediendemokratie aus, dass Sie dieses Spiel spielen konnten?

Darüber richte ich nicht. Das sollte jeder selbst beurteilen.

Anmerkung der Redaktion: Die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) bestreitet vehement, in eine "Rufmord"-Kampagne gegen den früheren Konkurrenten AWD verwickelt gewesen zu sein. Die DVAG teilte mit, Schabirosky habe nach seinem Ausscheiden beim AWD "offenbar aus Verärgerung" Informationen über den Konkurrenten und weitere Informationen über die Branche angeboten. "Bei diesen Informationen handelte es sich um allgemein zugängliche Informationen, die jeder Handelsvertreter kennt und bereits bei Schulungen offenbart werden."

Da Schabirosky über umfassende Branchenkenntnisse im Allgemeinen verfügt und die Branche sich im Umbruch befunden habe, habe die DVAG mit ihm einen Beratungsvertrag als Controller abgeschlossen. Im Anschluss habe Schabirosky den europäischen Markt der Finanzdienstleister für die DVAG beobachtet. Er sei eigenverantwortlich tätig gewesen und habe weder Weisungen noch konkrete Aufträge seitens der DVAG erhalten.

"Nachdem keine verwertbaren Arbeitsergebnisse geliefert wurden und die Erkenntnis reifte, dass Schabirosky überwiegend und auf Kosten der DVAG einen persönlichen Rachefeldzug gegen den AWD führte, trennte sich die DVAG Ende 2008 von Schabirosky." Dieser habe in diesem Kontext eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass mögliche Missachtungen von Gesetzen auf sein eigenes "Tun und Handeln ohne Wissen, ohne Weisung der DVAG geschehen" seien.

Stefan Schabiroskys Buch "Mein Auftrag: Rufmord" ist im Herbig-Verlag erschienen. 272 Seiten, ISBN: 3776628103, Preis: 22 Euro (gebundene Ausgabe)

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