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Kindesmisshandlung: Rechtsmediziner Tsokos kritisiert Kinderschutz in Deutschland


Rechtsmediziner kritisiert
"Grundlegende Konstruktionsfehler" beim Kinderschutz

Von dpa
Aktualisiert am 27.05.2015Lesedauer: 2 Min.
Rechtsmediziner Michael Tsokos kritisiert den Kinderschutz in Deutschland.Vergrößern des BildesRechtsmediziner Michael Tsokos kritisiert den Kinderschutz in Deutschland. (Quelle: dpa-bilder)
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Sie werden getreten, geprügelt, geschüttelt - täglich und im Verborgenen. Dramatische Fälle wie die des dreijährigen Alessio, der an den Folgen von permanenter Misshandlung gestorben ist, lassen alle aufschreien. Versagen die Jugendämter und Behörden wirklich beim Kinderschutz? Rechtsmediziner zumindest sehen starke Defizite im Kinderschutz in Deutschland.

Misshandelt Deutschland seine Kinder? Diese Frage werfen Rechtsmediziner wie Michael Tsokos auf. Sie sehen in Polizei-Statistiken nicht annähernd das wahre Ausmaß des Problems widergespiegelt. Beim Kinderschutz in Deutschland sehen sie eklatante Mängel.

Fälle wie der des dreijährigen Alessio, der im Januar im Schwarzwald zu Tode geprügelt worden war, zeigten, dass das System auf seine Effektivität geprüft werden müsse, sagte der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Berliner Charité, Michael Tsokos. In dem Fall von Alessio steht das Jugendamt in der Kritik: Es soll den Jungen in der Familie gelassen haben, obwohl Mediziner Hinweise auf Misshandlungen gegeben hatten.

Tsokos, der sich gegen Kindesmisshandlung engagiert, kritisiert "grundlegende Konstruktionsfehler" beim Kinderschutz und zieht ein Jahr nach dem Erscheinen seines Buchs "Deutschland misshandelt seine Kinder" eine negative Bilanz.

"Verzerrtes" Bild von Kindesmisshandlungen

Beispielsweise die Zählweise von Kindesmisshandlungen in Deutschland stößt bei Tsokos auf Kritik: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) entstehe ein "verzerrtes Bild".

Zwar hat sich die Zahl der Misshandlungsopfer nach der PKS zwischen 1995 und 2010 etwa verdoppelt, was Experten des Bundeskriminalamts ebenso wie Tsokos mit verstärkten Meldungen in Verbindung bringen. Aber nach Berechnungen von Forschern um Tsokos, die im Fachblatt "Rechtsmedizin" veröffentlicht wurden, fällt die Zunahme noch deutlicher aus als in der offiziellen Statistik - sie betrage etwa das Eineinhalbfache.

Kritik an Tsokos' Vorstoß

Wie Tsokos erklärt, sinke der Anteil der Kinder an der Bevölkerung mit dem demografischen Wandel schon seit Jahren. Daher wurden in der Studie Fallzahlen in Relation zu Bevölkerungsdaten gesetzt. Die Zeitspanne von 1995 bis 2010 wurde wegen der Vergleichbarkeit der Daten gewählt, hieß es.

Tsokos Arbeit rief allerdings auch Kritik hervor. "Wir sollten uns primär intensiver mit den Betroffenen befassen als dem Erstellen neuen Zahlenmaterials", teilte der Vorstand der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, mit.

Der Präsident des Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers, sagte, die forensische Sicht allein greife zu kurz: "Wir müssen den eingeschlagenen Weg, Eltern frühe Hilfen anzubieten, konsequent fortsetzen." Die Problematik beginne mit deren Überforderung. Auch fehle vielen Kommunen das Geld für Prävention.

Tsokos und seine Kollegin Saskia Guddat hatten dem deutschen Hilfesystem von Jugendämtern bis zur Justiz in dem Buch "Deutschland misshandelt seine Kinder" im Vorjahr "regelmäßiges Versagen" vorgeworfen. Jugendämter und Ärzte hatten die Anklage als zu pauschal und als populistisch kritisiert.

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