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"Stern TV": von den Pflegeeltern misshandelt


Von den Pflegeeltern misshandelt
Fabian: "Am schlimmsten war das Gefühl zu verdursten"

t-online, tze

27.02.2014Lesedauer: 3 Min.
Etwa 200.000 Kinder werden jährlich Opfer familiärer Gewalt.Vergrößern des BildesEtwa 200.000 Kinder werden jährlich Opfer familiärer Gewalt. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Fabian Pee und sein Zwillingsbruder sind als Kinder zehn Jahre lang von ihren Pflegeeltern körperlich und seelisch gequält worden. Der inzwischen erwachsene Mann erzählte in der RTL-Sendung "Stern TV" seine Leidensgeschichte. Er ist kein Einzelfall.

"Kindesmisshandlung ist bei uns grausamer Alltag", sagt die Rechtsmedizinerin Saskia Guddart als Studiogast in dem TV-Magazin. Sie und ihr Kollege Michael Tsokos haben kürzlich das Buch "Deutschland misshandelt seine Kinder" veröffentlicht. Statistiken zufolge werden bei uns jährlich rund 200.000 Kinder Opfer von Gewalt im familiären Umfeld und drei pro Woche sterben an den Folgen.

Ohne Nahrung im Keller eingesperrt

Fabian Pee ist mit dem Kamerateam von "Stern TV" zu dem Haus zurückgekehrt, in dem er und sein Bruder vom fünften bis zum 15. Lebensjahr von ihren Pflegeeltern gequält wurden. Inzwischen wohnen andere Leute darin. Er zeigt den schmalen Kellerraum, in dem die Kinder manchmal tagelang eingesperrt wurden, ohne Essen und Trinken, Heizung und Licht abgedreht.

Der 28-Jährige schildert, wie sie damals verzweifelt gegen die Wände hämmerten, unter Hunger, Durst, Gestank und Angst litten. "Ab und zu ging die Tür auf und es kamen Äpfel und Bananen hereingeflogen. Und das war’s dann." Statt einer Toilette gab es einen Eimer für die Fäkalien, den die Kinder zum Entleeren in den Wald schleppen mussten, wenn sie wieder aus dem Keller gelassen wurden.

Selbstachtung der Kinder zerstört

Für Nichtigkeiten bekamen die Zwillingsbrüder Schläge und andere sadistische Strafen. "Am schlimmsten war das Gefühl, zu verdursten. Und die Selbstachtung zu verlieren, wenn man den eigenen Urin trinken und aus der Mülltonne essen muss", sagt Fabian.

Nachbarn und Lehrer wollen nichts bemerkt haben, obwohl es im Ort und in der Schule Gerüchte über die Misshandlungen gab. Die Sportlehrerin erinnert sich im Nachhinein an Anzeichen von Verwahrlosung, aber da sie bei den Jungen keine blauen Flecken sah, "habe ich mir nicht so viele Gedanken gemacht."

Pflegevater: "Habe denen in der Seele viel kaputt gemacht"

Das "Stern TV"-Team hat auch den Pflegevater Uwe. B vor die Kamera bekommen, unkenntlich gemacht und mit nachgesprochener Stimme. Ob er eine Erklärung für die Misshandlung der ihm und seiner Frau anvertrauten Kinder habe. Die lapidare Antwort: "Nee. Nee, habe ich nicht." Er räumt ein: "Ich weiß, dass ich denen viel kaputt gemacht habe. Auch in der Seele. Aber ich kann es leider nicht ändern."

Auch 18 Jahre später leidet Fabian an den seelischen Folgen. Inzwischen ist er selbst Familienvater. In Alltagssituationen kommen immer wieder Erinnerungen hoch, zum Beispiel beim Spielen mit der Tochter. "Es geht ja noch weiter. Auch nachdem ich mich davon befreit habe."

Kontrollbesuch wie ein Kaffeeklatsch

Es mutet ungeheuerlich an, dass das Jugendamt zehn Jahre lang nichts von der Misshandlung der beiden Pflegekinder gemerkt haben soll und sich so simpel täuschen ließ: Bei Kontrollbesuchen seien er und sein Bruder zum Spielen rausgeschickt worden, während die Pflegeeltern den Jugendamtsvertreter mit Kaffee bewirteten, erzählt Fabian in der TV-Sendung.

Gerichtsmedizinerin Saskia Guddat findet das nicht ungewöhnlich. In ihrem Buch "Deutschland misshandelt seine Kinder" üben sie und ihr Kollege Michael Tsokos scharfe Kritik an den Jugendämtern, die ihrer Wächterfunktion nicht gerecht würden. Die Vorwürfe wurden von den Behörden umgehend zurückgewiesen.

Kritik an Jugendämtern

Als Studiogast bei "Stern TV" erläutert Guddat aus ihrer Sicht die Schwächen des Systems: Die Kontrollen würden oft von den überlasteten Jugendämtern an freie Träger ausgelagert, die damit Geld verdienten und somit Interesse hätten, die Kinder in den Familien zu lassen. Berufsanfänger stünden mitunter "hochmanipulativen Eltern" gegenüber, die bei den angekündigten Besuchen eine heile Welt vorgaukeln könnten.

Missbrauchsopfer fordert: Verjährungsfrist abschaffen

Eine unstrittige Schwäche steckt im Rechtssystem: die Verjährung. Vor drei Jahren wollte Fabian seine ehemaligen Pflegeeltern für die Misshandlungen anzeigen. Doch er hatte keine Chance. Die Taten bleiben ungestraft, weil alles zu lange her ist.

Fabian Pee hat eine Petition an den Bundestag ins Internet gestellt. Seine Forderungen: Aufhebung der Verjährungsfrist bei Straftaten an Kindern und unangemeldete Kontrollbesuche von Behörden bei Hinweisen auf Kindesmisshandlung.

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