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Putin-Kritiker Ilja Ponomarjow will den Kreml militärisch einnehmen


Putin-Kritiker Ponomarjow will Putsch
Prigoschin als Vorbild: "Wir müssen den Kreml einnehmen"

Von t-online, wan

Aktualisiert am 22.01.2024Lesedauer: 4 Min.
Jewgeni Prigoschin (Archivbild): Er führte im Juni seine Soldaten in Richtung Moskau. Später starb er bei einem Flugzeugabsturz.Vergrößern des BildesJewgeni Prigoschin (Archivbild): Er führte im Juni seine Soldaten in Richtung Moskau. Später starb er bei einem Flugzeugabsturz. (Quelle: Uncredited/dpa)
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Geht es nach dem Kremlkritiker Ilja Ponomarjow, dann hilft nur ein gewaltsamer Umsturz in Russland. Als Vorbild sieht er Jewgeni Prigoschin.

Ilja Ponomarjow hat ein klares Ziel: den Kreml militärisch einzunehmen. Der ehemalige Abgeordnete der Duma, der jetzt im Exil in der Ukraine lebt, sieht ein großes Potenzial an Widerstand in der russischen Bevölkerung für seine Pläne. "Meiner Meinung nach sind 20 Prozent der russischen Bevölkerung für den Krieg, 20 Prozent dagegen, und der Rest ist neutral. Und diese 60 Prozent sind unsere Leute", sagt der Putin-Gegner, der sich selbst als Sprecher einer Gruppe namens Nationale Republikanische Armee (NRA) sieht. Diese sind angeblich Paramilitärs, die Putin stürzen wollen und Attentate durchführen. Allerdings ist die Bedeutung dieser Gruppe umstritten, es gibt keine unabhängigen Bestätigungen ihrer Aktivitäten.

Russland verließ der Politiker und ehemalige Tech-Unternehmer 2016, nachdem er wegen Veruntreuung angeklagt war – er hatte aber auch gegen die Annexion der Krim gestimmt und sich mit Putins Regime überworfen. Jetzt kämpft Ponomarjow politisch aus der Ukraine heraus, gleichzeitig sitzt er in einem russischen Schattenparlament aus Oppositionellen, das in Polen tagt. Vor kurzem hat er ein Buch veröffentlicht, dessen Titel schon verrät, dass der 48-Jährige nicht unbedingt eine diplomatische Lösung sucht: "Muss Putin sterben? Die Geschichte, wie Russland eine Demokratie wird, nachdem es gegen die Ukraine verloren hat". Darin fordert er einen Sturz Putins und nachfolgende freie Wahlen.

Ponomarjows Bedeutung ist unklar

Gegenüber der "Moscow Times" machte er jetzt erneut klar, dass sein Ziel der Kreml ist. So könne die Mehrheit der Russen auf einen neuen Kurs gebracht werden. "Der Weg, ihr Potenzial zu erschließen, ist die Einnahme des Kremls. Es gibt keinen anderen Weg. Diese Leute werden auf jeden hören, solange er im Kreml sitzt". Und er stellt auch klar, dass er sich dabei nicht hereinreden lassen will. Für Ponomarjow gibt es keine Alternative zu einem Umsturz mit militärischen Mitteln. Nach seiner Ansicht seien den Russen derzeit die Hände gebunden und sie wüssten nicht, was sie tun könnten.

Fraglich ist, ob sie ihn überhaupt kennen. "Der Durchschnittsrusse weiß nicht viel darüber, was Ponomarjow im Moment tut, weil die Propaganda sehr stark ist und es nicht in Putins Interesse liegt, ihn populär zu machen oder für ihn zu werben", sagte Natia Seskuria, Associate Fellow am Royal United Services Institute, einer in London ansässigen Denkfabrik dem Sender "al-Jazeera".

Der Dissident hatte angegeben, bei Drohnenangriffen auf Moskau eine Rolle gespielt zu haben und bei Attentaten. Einige Experten bezweifeln das. "Er hat keinerlei Erfahrung mit militärischen oder verdeckten Operationen. Er ist völlig abhängig von den Ukrainern. Wahrscheinlich ist die Ukraine ganz froh darüber, dass er versucht, die Lorbeeren für sich zu beanspruchen", sagte Roland Oliphant, leitender Auslandskorrespondent des "Telegraph", der zehn Jahre lang aus Moskau berichtete.

"Prigoschin-Putschversuch war Beweis für das Konzept"

Den jüngsten Putschversuch von Jewgeni Prigoschin im Juni 2023 sieht Ponomarjow trotz des Scheiterns positiv. "Denn Prigoschin war der Beweis für unser Konzept. Er hat genau das getan, was wir gesagt haben, und es hat funktioniert. Es ist immer noch möglich." Für Ponomarjow spielt es keine Rolle, ob er eine Mehrheit der Russen hinter sich hat. Er will den Machtapparat von oben bekämpfen.

Angebliche Kontakte zu russischen Kämpfern

Wie ein Russland nach einer Machtübernahme aussehen wird, will er aber den Republiken überlassen. Ob sie sich von der Russischen Föderation lossagen, sei ihnen überlassen.

 
 
 
 
 
 
 

Wie genau ein Sturz Putins und die Einnahme des Kreml vor sich gehen soll, lässt er offen. "Ich bin kein Militär", sagte er der "Moscow Times". Er habe aber Kontakte zu vier Bataillonen russischer Freiwilliger, die an der Seite der Ukraine kämpfen. Diese würden monatlich fast 1.000 Bewerbungen erhalten. Unklar ist auch seine Rolle bei der Nationalen Republikanischen Armee.

Er unterstütze diese, sei aber kein Mitglied. So veröffentlichte er ein Manifest der Gruppe auf seinem Youtube-Kanal. Mehr will er aber nicht sagen, aus Geheimhaltungsgründen. Zwölf seiner Freunde und Kollegen seien während seiner politischen Karriere Anschlägen zum Opfer gefallen. Als 2017 ein russischer Abgeordneter auf dem Weg zu einem Treffen mit ihm erschossen wurde, habe die Regierung in Kiew ihm Schutz angeboten.

Ponomarjow sieht Rückhalt für seine Pläne

Die NRA hat sich auch selbst zu Attentaten bekannt, unter anderem auf die Tochter des russischen Ideologen Alexander Dugin und einen russischen Militärblogger. Russland hingegen hatte ukrainische Spezialeinheiten verantwortlich gemacht.

Ponomarjow sieht die Attentäter als Helden, er selbst würde aber nicht aktiv sein. Dennoch unterstütze er die Forderungen der NRA nach Angriffen gegen Personen, die den Krieg gegen die Ukraine finanzieren, den Krieg als Beamte organisieren und Rüstungsfirmen besitzen. Deren Familienangehörige seien aber ausgenommen, fügte er hinzu.

Andere prominente Dissidenten wie der ehemalige Schachweltmeister Kasparow rufen nach eher friedlichen Aktionen – zum Beispiel eingefrorenes russisches Vermögen der Ukraine zur Verfügung zu stellen.

"Bei der allgemeinen Opposition würde ich sagen, es ist halb und halb [für und gegen bewaffneten Widerstand]", sagt er. "Die führenden Politiker sind gemäßigter, weil sie mehr zu verlieren haben und normalerweise vorsichtiger sind. Ich würde also sagen, dass etwa ein Drittel [der Führer für bewaffneten Widerstand] ist", sieht er die Lage. Dennoch gilt er als Außenseiter, das Team des Oppositionellen Alexey Nawalny hat sich mit ihm überworfen, als er noch Abgeordneter war. Den ehemaligen Oligarchen Michail Chodorkowski sieht er hingegen als "meinen Freund".

Selbst will er aber nicht Putins Job übernehmen. "Ich sehe mich eher als der Denker hinter dem politischen Übergang". Derzeit ist er in London, wo das Interview stattfand, um sich mit westlichen Politikern zu treffen.

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