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Boston-Anschlag: Die grausame Jagd der Täter


Terrorismus
Details der Menschenjagd von Boston

von Ulrich Weih

Aktualisiert am 21.04.2013Lesedauer: 3 Min.
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Ein Polizeifahrzeug mit Roboterarm reißt die Plane von dem Versteck des mutmaßlichen Attentäters - nach dem Zugriff transportiert ihn ein Krankenwagen ab (siehe kleines Foto). (Fotos: Reuters/AFP)Vergrößern des Bildes
Ein Polizeifahrzeug mit Roboterarm reißt die Plane von dem Versteck des mutmaßlichen Attentäters - nach dem Zugriff transportiert ihn ein Krankenwagen ab (siehe kleines Foto). (Fotos: Reuters/AFP)

Grausame Details einer Verfolgungsjagd: Der festgenommene mutmaßliche Attentäter von Boston, Dschochar Zarnajew, soll auf der Flucht seinen sterbenden Bruder noch mit dem Auto überfahren haben. Das berichtet die Polizei. Derweil hat die Polizei das Video vom Zugriff auf Dschochar Zarnajew veröffentlicht.

Ein Hausbesitzer hatte ihn am Freitagabend (Ortszeit) in seinem Boot entdeckt und die Polizei gerufen. Der kurze Film zeigt den Mann wegen seiner Körperwärme als klar zu erkennenden weißen Fleck in dem grauen Boot.

Mühsam bewegt er sich in dem Motorboot, das hinter einem Haus winterfest auf einem Anhänger stand. In dem Film ist zu sehen, wie sich ein gepanzertes Fahrzeug dem abgedeckten Boot nähert und mit einem Ausleger die Plane einreißt. Dann wird eine Blendgranate gezündet.

Die eigentliche Festnahme ist auf den von Polizeihubschraubern aus aufgenommenen Bildern nicht zu sehen. Zarnajew habe dabei aber zuvor noch um sich geschossen, hieß es.

"Wunden vom Scheitel bis zur Sohle"

Sein Bruder Tamerlan wies nach den Polizei-Berichten schwere Verletzungen auf - von Schüssen, von einem Sprengsatz, den er offenbar am Körper trug sowie von der Kollision mit dem Fluchtfahrzeug.

Ein Arzt beschrieb den Zustand folgendermaßen: "Er hatte Wunden vom Scheitel bis zur Sohle". Tamerlan wurde ohne Bewusstsein in das Beth Israel Deaconees Medical Center eingeliefert. "Eigentlich waren nur noch die Arme und Beine halbwegs intakt", so ein Mediziner. Welche Verletzung dann letztlich tödlich war, lasse sich nicht mehr feststellen.

Der Körper war übersät mit Wunden - "doch er war nicht in Millionen Einzelteile zerfetzt", so der Mediziner David Schoenfeld. Die Herz- und Kreislauffunktionen hatten bereits ausgesetzt, daher starteten die Ärzte zunächst noch Wiederbelebungsversuche. Doch vergebens. Zu möglichen Verletzungen, die durch ein Überfahren mit einem Auto entstanden sein könnten, äußerte sich Doktor Schoenfeld nicht.

Selbstmordversuch vor der Festnahme?

Der Zustand des gefassten mutmaßlichen Täters Dschochar Zarnajew ist unterdessen "ernst, aber stabil", sagte der Gouverneur Deval Patrick. Bei einer Schießerei mit der Polizei wurde ihm in die Kehle geschossen, schreibt der "Spiegel".

Sicher ist das nicht. Nach einer Analyse des TV-Senders CBS könnte der aufgespürte mutmaßliche Attentäter vor seiner Festnahme auch einen Selbstmordversuch unternommen haben. Fakt ist, dass Zarnajew viel Blut verloren hat, die Zunge sei verletzt, er könne nicht sprechen, berichten Ermittler.

Zarnajew wird in demselben Krankenhaus behandelt wie die Opfer des Marathon-Attentats. Von den fast 180 Verletzten befanden sich laut CNN am Sonntag noch 57 in der Klinik Beth Israel Deaconess, zwei von ihnen schweben weiter in Lebensgefahr.

Doch auf die Aussagen des 19-Jährigen sind die Beamten äußerst gespannt: "Wir haben Millionen von Fragen, und diese Fragen müssen beantwortet werden", so Gouverneur Patrick.

Derzeit liegt Zarnajew im streng bewachten Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston. Er werde künstlich per Intubation beatmet und liege in einem künstlichen Koma, sagte ein Beamter.

Ein künstliches Koma ist kein echtes Koma, sondern eine verlängerte Narkose, also eine leichte Dauerbetäubung. Mediziner wollen damit den gesamten Organismus eines Patienten entlasten.

Hinweise auf Ermittlungspannen

Unterdessen tauchen erste Hinweise auf Ermittlungspannen auf. So hatten Polizeieinheiten die Straßenzüge von Watertown zwar minutiös durchkämmt, das Boot jedoch, in dem sich der mutmaßliche Attentäter versteckt hielt, wurde nur oberflächlich überprüft. Lediglich durch den Hinweis des aufmerksamen Hausbesitzers konnte Zarnajew schließlich gestellt und verhaftet werden.

Am Samstag war bekannt geworden, dass sein älterer Bruder, Tamerlan, 2011 auf Wunsch einer ausländischen Regierung vom FBI überprüft wurde. Nach einem CNN-Bericht bestätigte die Behörde inzwischen, dass es sich dabei um Russland gehandelt habe. Das Ersuchen habe sich auf Informationen gestützt, wonach Tamerlan dem radikalen Islam anhänge und sich von 2010 an drastisch verändert habe.

2012 sei er länger in Russland gewesen. Zuletzt habe Tamerlan Vorbereitungen getroffen, die USA zu verlassen, um sich nicht näher beschriebenen Untergrundgruppen anzuschließen. Das FBI sprach damals auch mit ihm selbst und Familienangehörigen.

Hat das FBI versagt?

Die Mutter der beiden mutmaßlichen Attentäter liefert eine ganz eigene Erklärung für die Ereignisse von Boston: Das FBI habe stets gewusst, was Tamerlan tut. FBI-Beamte hätten ihr gesagt, "dass er ein Islamistenführer ist und dass sie Angst vor ihm haben". Sie glaubt dagegen an die Unschuld ihrer Söhne: "Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass sie hereingelegt wurden", sagte Subeidat Zarnajewa.

Auch wenn diese Verschwörungstheorie unhaltbar ist: Dass einer der beiden Tatverdächtigen bereits vor geraumer Zeit die Aufmerksamkeit des FBI erregt hatte, könnte die US-Regierung unter Druck setzen. Bei früheren Anschlägen kam die Frage auf, ob sich die Taten hätten verhindern lassen, wenn Geheimdienste und Polizei verschiedenen Hinweisen konsequenter nachgegangen wären und sich darüber besser ausgetauscht hätten.

Anmerkung der Redaktion:

Liebe User,

wegen zahlreicher rassistischer und menschenverachtender Beiträge mussten wir uns dazu entschließen, an dieser Stelle keine Kommentare zuzulassen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Ihre t-online.de-Nachrichtenredaktion

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