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Islamischer Staat verurteilt Ober-Salafist Pierre Vogel zum Tode


Ober-Salafist wird zum Freiwild
Warum der IS Pierre Vogel töten will

Von t-online
Aktualisiert am 15.04.2016Lesedauer: 4 Min.
Salafistenprediger Pierre Vogel: auf der Todesliste des ISVergrößern des BildesSalafistenprediger Pierre Vogel: auf der Todesliste des IS (Quelle: dpa-bilder)
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Pierre Vogel gilt in Deutschland als gefährlicher Mann. Der Kölner Salafistenprediger, der sich selbst Abu Hamza nennt, ist - verkürzt gesagt - ein Advokat der Parallel-Gesellschaft radikaler Muslime. Jetzt muss der Ex-Boxer um sein Leben fürchten: In seinem Online-Magazin "Dabiq" hat der Islamische Staat (IS) ihn und viele andere zu "Murtadds" (Abtrünnigen) erklärt - und zum Tode verurteilt.

Vogel selbst scheint geradezu stolz darauf zu sein: "IS stellt Pierre Vogel auf die Todesliste", heißt es auf seiner Facebook-Seite.

"Was jetzt … Spiegel, Bild, Focus und Co? Lügt Ihr weiter oder gibt es Einsicht oder sogar eine Entschuldigung für Eure Gehirnwäsche, die Ihr den Menschen verpasst habt?" triumphiert der Salafist.

"Dieses Todesurteil macht ihn nicht besser"

"Lächerlich, einfach nur billig, das ist so typisch für ihn", ärgert sich Dominic Musa Schmitz. Der Ex-Salafist, der Jahre an der Seite Vogels verbrachte und sich heute vom Radikalismus losgesagt hat, kennt den Kölner Prediger besser als viele andere (hier zum Schmitz-Interview auf t-online.de). An dessen triumphierender Reaktion auf Facebook, so Schmitz, könne man lediglich ablesen, wie einfach gestrickt Vogel in Wahrheit sei.

"Dieses Todesurteil macht ihn nicht besser", warnt Schmitz. "Vogel bleibt ein geistiger Brandstifter." Auch wenn die Methoden andere seien: Vogel und der IS verfolgten dasselbe Ziel, eine ultra-islamistische Gesellschaft in Deutschland aufzubauen.

Selbst der Al-Kaida-Chef ist ein Feind

Derweil reiben sich viele verwundert die Augen: Warum ausgerechnet er, der die super-reaktionäre Variante islamischen Glaubens vertritt? Und warum stehen mit ihm Leute wie der radikale britische Prediger Bilal Philipps und - nicht zuletzt - die weltumspannende Gemeinschaft der konservativen Moslembrüder auf der Todesliste?

Selbst Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri wird genannt und mit ihm die afghanischen Taliban. Sie alle hat der IS zu Abtrünnigen erklärt. Sollten alle diese Leute nicht eher verbrüdert sein?

"Kein Heuchler, sondern ein Abtrünniger"

Es ist ein riesiger Rundumschlag, den der IS da wieder zu landen versucht: Als hätte er nicht schon genug Feinde, bricht er jetzt praktisch die Brücken zu allen Gruppen außerhalb seiner Organisation ab.

In seinem monatlich erscheinenden Online-Magazin "Dabiq" heißt es über alle, die nicht seiner ultra-radikalen Linie folgen, sie seien die "Imame der Ungläubigen". Der Vorwurf: Sie leben im Westen oder unter nicht-islamistischen Herrschern wie in Ägypten - ohne sie mit Feuer und Schwert zu bekämpfen.

Das macht sie zu "Kuffar" - Ungläubigen. "Eine Person, die sich selbst Muslim nennt, aber sich des Kufr (Unglaubens) schuldig macht, ist kein Heuchler – wie einige irrtümlicherweise glauben – sondern ein Abtrünniger." Das Urteil: Todesstrafe.

"Haltet Euch davon fern"

Hier wird es Zeit, kurz einen genaueren Blick auf die Islamisten-Szene zu werfen: Sie ist ungefähr so weitläufig wie beispielsweise das Spektrum sozialistischer Parteien: Dieses reicht vom Steinzeit-Kommunismus des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un bis in die deutsche SPD. Gemeinsamkeiten: eigentlich keine.

Ebenso ist es mit dem Islamismus. Beispiel Pierre Vogel: Der ist zwar ein ultra-konservativer Imam. Allerdings warnt er seine Anhänger vor dem IS, vor der Teilnahme an Anschlägen, vor dem Terrorismus insgesamt: "Haltet Euch davon fern", so Vogel in einer seiner Predigten. "Und wenn Ihr wisst, dass jemand so etwas vorhat, dann haltet ihn auf."

Zudem ruft Vogel immer wieder dazu auf, sich an die deutschen Gesetze zu halten. Sein Ziel, Deutschland in einen muslimischen Staat umzuwandeln, will er auf legalem Wege erreichen. Das ändert nichts daran, dass immer wieder Teile seiner Anhängerschaft in Richtung Terror abdriften und nach Syrien reisen, um den IS im Kampf zu unterstützen.

Vorwurf an die Moslembrüder: Freundschaft mit Christen

Noch mal anders gelagert ist der Fall der Moslembrüder: Die vertreten zwar sittlich gesehen eine teils sehr konservative Variante des Islam. Im Gegensatz zu den afghanischen Taliban, die schlichtweg alles ablehnen, was die moderne Welt mit sich bringt, stehen die Moslembrüder den Möglichkeiten der Moderne aber offen gegenüber.

Computerkurse für alle, Frauen in Führungspositionen, Machtergreifung durch Wahlen - das ist für die meisten Ableger der ursprünglich ägyptischen Moslembrüder selbstverständlich.

Der Vorwurf des IS an die ägyptische Bruderschaft: Sie wollen die ägyptischen Christen rechtlich gleichstellen. Sie sind "unsere Brüder im Kampf um den nationalen Fortschritt", heißt es bei den Brüdern. "In Wahrheit sind sie Brüder im Unglauben", giftet Dabiq.

Wenn Jesus wieder zur Erde hinabsteigt

Strategisch folgt der IS mit dem Aufruf seiner bekannten Linie, die man getrost als "islamo-faschistisch" bezeichnen darf: Wer nicht genau auf unserer Linie liegt, ist des Todes.

Die afghanischen Taliban - und der von ihnen beschützte und versteckte Al-Kaida-Chef Al-Sawahiri - haben vor allem den Fehler begangen, dem IS die Gefolgschaft zu verweigern - auch ein klarer Fall von Unglauben.

"Dabiq" erscheint einmal monatlich auf Englisch und in moderner Hochglanz-Optik. Hinter dem Namen verbirgt sich eine eigene Geschichte: Im nord-syrischen Dorf Dabiq wird nach einer bestimmten Auslegung des Koran, an die die IS-Führer glauben, der Weltuntergang beginnen - unter anderem mit einer großen Schlacht und der Wiederkunft von Jesus Christus.

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