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Betrugsfälle in Russland: Wie sauber war die Wiederwahl von Putin?


Putins Wiederwahl
Beobachter melden dreiste Betrugsfälle


Aktualisiert am 19.03.2018Lesedauer: 3 Min.
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Beim Mogeln erwischt: In einem Wahllokal in Ljuberzy steckt eine Mitarbeiterin bündelweise Stimmzettel in die Urne.Vergrößern des Bildes
Beim Mogeln erwischt: In einem Wahllokal in Ljuberzy steckt eine Mitarbeiterin bündelweise Stimmzettel in die Urne. (Quelle: Golos/Facebook)

Manipulierte Listen, verordnete Sammelabstimmungen und Wahlhelfer, die Urnen mit Stimmzetteln "auffüllen": Beobachter melden nach der Wahl in Russland Tausende Zwischenfälle. Eine Übersicht.

Wie sauber war die Wahl in Russland? Beobachter haben bei dem Urnengang am Sonntag Tausende Unregelmäßigkeiten registriert. Sie berichten von Wähler-Einschüchterungen, von aufgefüllten Urnen, von bedrängten Wahlbeobachtern und so genannten "Karussell"-Abstimmungen, bei denen Personen mehrmals hintereinander ihre Stimme abgaben.

Bilder von Überwachungskameras und Berichte von Reportern nähren diesen Verdacht. So hat etwa die Nichtregierungsorganisation Golos (Bewegung zum Schutz der Wählerrechte) zahlreiche Fälle mutmaßlicher Manipulationen zusammengetragen. Am Wahltag erhielt die Gruppe nach eigenen Angaben weit über 3000 Hinweise, die meisten aus Moskau und Umgebung sowie aus St. Petersburg, aber auch aus entlegeneren Regionen wie Stawropol, Tjumen, Baschkortostan oder Tatarstan.

Die meisten Beschwerden betrafen das Prozedere in den Wahllokalen, Behinderung von Wahlbeobachtern, örtlichen Wahlhelfern und Journalisten, Zwangsabstimmungen und Verstöße gegen das Wahlgeheimnis. Vielfach vermissten Wähler auf den Wahllisten ihre Namen. In ihrem Fazit hebt Golos aber auch positive Entwicklungen hervor.

Von Überwachungskameras überführt

Für viel Aufsehen sorgte ein Vorfall in einem Wahllokal in Ljuberzy vor den Toren von Moskau. Wahlhelfer sollen dort mehrfach ganze Bündel von ausgefüllten Wahlzetteln in die versiegelten Urnen geworfen haben. Die Helfer versuchten noch, dabei möglichst unauffällig vorzugehen und den Schwindel vor anderen Wählern zu verbergen. Doch was sie offenbar nicht ahnten: Eine Überwachungskamera fing die Szene ein.

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Ein anderes Video aus der Teilrepublik Karatschai-Tscherkessien im Nordkaukasus zeigt einen Polizisten, der einen kleinen Stapel ausgefüllter Wahlzettel in eine Urne stopfen will. Eine Wahlbeobachterin verfolgt die Szene, nimmt dem Polizisten die Zettel ab und hält sie in die Luft.

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Fälle von Einwürfen offenbar ganzer Bündel von Wahlzetteln wurden auch aus Dagestan, Tschetschenien und Primorje gemeldet.

Andere Videos zeigen, wie vor allem Staatsbedienstete sich in großer Zahl zu gemeinschaftlichen Abstimmungen sammelten. In Belogorsk etwa standen Hunderte Soldaten in Uniform in einer langen Schlange vor einem Wahllokal.

Reuters-Reporter befragten über das ganze Land verteilt Wähler vor Wahllokalen. Viele hätten angegeben, ihre Chefs oder Vorgesetzten hätten sie zur Stimmabgabe verpflichtet. Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, der zu der Wahl nicht zugelassen war, hat in einem Video eine Auswahl dokumentierter Fälle mutmaßlicher Fälschungen zusammengetragen.

Lokale Wahlkommission suspendiert

Der Vorfall in Ljuberzy hat inzwischen zu Konsequenzen geführt. Laut Golos wurden die Wahlhelfer nach Hinweisen von der Zentralen Wahlbehörde (CEC) suspendiert, das Auszählungsergebnis in dem Wahllokal für ungültig erklärt. In der Region Wladimir, östlich von Moskau, wurde der Leiter eines Wahlbüros seines Amtes enthoben, nachdem ein Beobachter bei Öffnung des Wahlbüros festgestellt hatte, dass bereits 46 Stimmzettel in der Urne lagen.

Die Organisation Golos erklärte, im Vergleich zu früheren Abstimmungen habe die Zusammenarbeit zwischen unabhängigen Beobachtern und der Wahlkommission diesmal besser geklappt. Die Kommission hätte ernsthaft versucht, auf Betrugsmeldungen rasch zu reagieren. Auch seinen die Wahllisten diesmal deutlich effektiver von so genannten "toten Seelen", also etwa Namen von Verstorbenen, bereinigt worden. Zugleich mahnten die Beobachter den Kreml mit Nachdruck an, die komplizierte Wahlregistrierung in Russland zu reformieren, da sie zu vielen Unregelmäßigkeiten geführt hätte.

Die Leiterin der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, erklärte laut Reuters, sämtliche Verdachtsfälle würden "ausgemerzt". Zugleich sagte sie, Vorwürfe des flächendeckenden Wahlbetrugs sollten Russland diskredierten.

OSZE: "Auswahl ohne echten Wettbewerb"

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bemängelte vor allem den fehlenden Wettbewerb bei der Präsidentenwahl. Zwar habe die zentrale Wahlkommission die Abstimmung "effizient und offen" verwaltet, doch hätten "Beschränkungen der Grundfreiheiten der Versammlung, Vereinigung und Meinungsäußerung, sowie der Kandidatenregistrierung...dazu geführt, dass echter Wettbewerb fehlte".

"Eine Auswahl ohne echten Wettbewerb ist leider keine echte Auswahl", sagte Michael Georg Link, Leiter der Beobachtermission der OSZE in Moskau. "Wenn die gesetzlichen Umstände viele grundlegende Freiheiten einschränken und das Ergebnis nicht angezweifelt wird, verlieren Wahlen ihren Zweck, die Menschen zu ermächtigen, ihre Anführer zu wählen."

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