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Wladimir Putin: OP, Krebs, Parkinson? Das ist über seinen Gesundheitszustand bekannt


Gerüchte um OP mitten im Krieg
Putins Krankenakte bleibt ein großes Geheimnis

Von Liesa Wölm

Aktualisiert am 25.05.2022Lesedauer: 6 Min.
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Wladimir Putin: Der Kreml dementiert seit Jahren angebliche Erkrankungen des Präsidenten.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Der Kreml dementiert seit Jahren angebliche Erkrankungen des Präsidenten. (Quelle: Itar-Tass/imago-images-bilder)

Seit Jahren wird über den Gesundheitszustand des russischen Präsidenten spekuliert. Auch inmitten des Angriffskrieges machen sich immer wieder Gerüchte breit – etwa um eine Operation oder eine Krebserkrankung.

Bilder, die ihn oberkörperfrei beim Angeln in Sibirien zeigen oder reitend auf einem Pferd, gehen seit Jahren um die Welt. Sie sollen vor allem eins demonstrieren: Wladimir Putin ist ein starker und – noch viel wichtiger – gesunder Mann. Nicht erst seit dem Krieg gegen die Ukraine halten sich jedoch hartnäckig Gerüchte über eine ernsthafte Erkrankung des russischen Präsidenten.

Gerücht 1: Putin hat sich einer Operation unterzogen

Neuestes Beispiel: Putin soll sich am 17. Mai einer Operation unterzogen haben. Dies berichteten angebliche Kremlinsider auf dem Telegram-Kanal "General SVR". Der Account soll von einem ehemaligen russischen Auslandsgeheimdienstmitarbeiter betrieben werden, der sich Viktor Mikhailovich nennt, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Rund 290.000 Menschen folgen dem Kanal.

Mikhailovich hatte bereits Anfang Mai mitgeteilt, dass Putins Ärzte darauf bestünden, dass er in naher Zukunft operiert werde. Nun soll die OP stattgefunden haben. Zur Art des Eingriffs gab es keine Details, doch noch drei Tage später sei Putin angeblich zu schwach gewesen, um an Sitzungen des Sicherheitsrates teilzunehmen. In der Nacht zum 21. Mai habe sich sein Zustand noch einmal verschlechtert und erst am nächsten Morgen stabilisiert.

Nikolai Patruschew, der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, soll in der Zeit die Amtsgeschäfte übernommen haben. Er war von 1999 bis 2008 Leiter des russischen Geheimdienstes FSB. Mikhailovich berichtete, Putin betrachte Patruschew als "die einzige wirklich vertrauenswürdige Person und den einzigen Freund im System der Macht".

Und er urteilte: Patruschew sei die "denkbar schlechteste Option für einen Nachfolger". In dem Video sagte er: "Patruschew ist ein absoluter Schurke." Er sei nicht besser als Putin. Der britischen "Daily Mail" zufolge gilt der 70-Jährige als einer der wichtigsten Architekten der bisherigen Kriegsstrategie – und als der Mann, der Putin davon überzeugt hat, dass es in Kiew von Neonazis wimmeln soll.

Bereits vor dem Eingriff sei jedoch klar gewesen, dass der Kremlchef die Verantwortung nicht länger als zwei oder drei Tage abgeben würde. "Es ist unwahrscheinlich, dass Putin bereit ist, die Macht für einen längeren Zeitraum abzugeben", sagte ein Sprecher von "General SVR" in einem Anfang Mai veröffentlichten Video, auf das sich mehrere internationale Medien beriefen.

Nun soll die Operation zwar erfolgt sein, aber die Abwesenheit des Kremlchefs hatte keine weitreichenden Folgen. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine geht unvermindert weiter.

Gerücht 2: Hinweise auf Krebserkrankung

Das Video von "General SVR" folgte auf einen Bericht des russischen Investigativnetzwerkes "Proekt" aus dem April, das sich intensiv mit Putins Gesundheitszustand auseinandergesetzt hat. Das Medium stützt seine Recherchen auf öffentlich zugängliche Daten sowie Informationen verschiedener Krankenhäuser.

Demnach gebe es mehrere Hinweise darauf, dass der russische Präsident gesundheitliche Probleme habe: Ein Onkologe namens Evgeny Selivanov soll Putin innerhalb von vier Jahren Dutzende Male in seinem Ferienhaus in Sotschi besucht haben. Selivanov soll auch bei Putin gewesen sein, als dieser im Jahr 2017 zeitweise aus der Öffentlichkeit verschwunden war. Noch häufiger seien die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte Igor Esakow und Alexej Schcheglow zum Kremlchef gereist. Gemeinsam seien sie mindestens 18 Mal zusammen in Sotschi gewesen.

"Proekt" ist ein gemeinnütziges Onlineportal russischer Journalisten, das sich auf investigative Recherchen und Reportagen spezialisiert hat. Gegründet wurde es vom ehemaligen Chefredakteur des Nachrichtenportals RBS, Roman Badanin, nachdem dessen Chefredaktion im Jahr 2016 aufgelöst worden war. Den Leserinnen und Lesern sollen "die verborgenen und wichtigen Dinge" dargelegt werden, "weil es in Russland fast keine Medien mehr gibt, die sich mit komplexen und gefährlichen Themen beschäftigen", so das Portal.

Zudem soll sich der Kremlchef im vergangenen Herbst heimlich einer Operation unterzogen haben, die mit einer Schilddrüsenerkrankung im Zusammenhang stehen soll. Schilddrüsenerkrankungen, auch Schilddrüsenkrebs, werden zumeist von HNO-Ärzten diagnostiziert, schreibt "Proekt" unter Berufung auf den israelischen Experten Michael Fremderman.

Im Juli 2020 habe sich Putin zudem mit Ivan Dedow, dem Chef des Nationalen Forschungszentrums, über Schilddrüsenkrebs und hormonelle Folgemedikation unterhalten. "General SVR" behauptete Berichten zufolge bereits im November 2020, dass Putin Darm- beziehungsweise Unterleibskrebs habe. Im Zusammenhang mit der angeblichen Schilddrüsenerkrankung berichteten mehrere Medien außerdem von einem "Steroid-Wahn", ausgelöst durch Schilddrüsenhormone.

Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanov hält die Gerüchte um eine Krebserkrankung des Kremlchefs für zutreffend: "Ja, wir bestätigen diese Informationen voll und ganz. Er hat mehrere schwere Krankheiten, eine davon ist Krebs", sagte Budanov der Zeitung "Ukrainska pravda" Ende Mai.

Gerücht 3: Videos befeuern Parkinson-Verdacht

Aufnahmen von Putin während Treffen mit dem russischen Verteidigungsminister Sergej Shoigu und dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor wenigen Wochen heizten die Gerüchte um eine weitere mögliche Erkrankung des Präsidenten an: Er soll Symptome haben, die auf eine Parkinsonerkrankung hinweisen könnten. In einem Video ist zu sehen, wie der Kremlchef sich mit seiner rechten Hand fest an den Tisch klammert, zudem wippt sein rechtes Bein.

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Beim Treffen mit Lukaschenko ist zu sehen, wie Putins Daumen unkontrolliert zittert.

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Die Aufnahmen gelten für manch einen als Bestätigung für eine angebliche Parkinsonerkrankung Putins. So schrieb etwa Louise Mensch, eine ehemalige Abgeordnete der britischen konservativen Partei, zum Video des Kremlchefs mit dem russischen Außenminister: "Putin hat Parkinson." Auch Medien griffen die Behauptung auf und beurteilten mithilfe von Expertinnen und Experten die Symptome.

Die britische "Daily Mail" analysierte ein Video von Putin bei der Ostermesse in Moskau, bei der der Kremlchef nervös auf seiner Lippe und der Innenseite des Mundes herumgekaut habe. Dies könne auf einen trockenen Mund hinweisen, der wiederum ein Symptom einer Parkinsonserkrankung sei.

John Hardy, Neurogenetiker am UK Dementia Research Institute, sagte der Deutschen Welle (DW) bezüglich des Videos mit Shoigu allerdings, es gebe bei Putin keine Anzeichen für Parkinsonismus. Der Präsident habe nicht gut ausgesehen, aber es sei keine Parkinsonserkrankung. Ray Chadhuri, ein Neurologe an der Universität London, stimmte dieser Einschätzung zu: "Wenn ich mir den kurzen Clip ansehe, kann ich keinen Hinweis auf Parkinsonismus bei Putin finden", sagte Chadhuri der DW.


Caroline Rassell, Geschäftsführerin von Parkinson's UK, sagte dem Medium, Parkinson sei eine komplexe Krankheit mit mehr als 40 Symptomen, die von körperlichen bis hin zu geistigen Beschwerden reichten, und es sei daher unmöglich, eine Diagnose anhand eines zwölfminütigen Videoclips zu stellen.

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Kreml dementiert Gerüchte

Der Kreml dementiert Berichte über Putins angebliche Erkrankungen seit Jahren. Kremlsprecher Dmitri Peskow soll in einem Interview mit dem inzwischen eingestellten russischen Radiosender Echo Moskau gesagt haben, Putin habe keine Krebserkrankung. Im vergangenen Frühjahr sagte er der russischen Nachrichtenagentur Tass, dem Präsidenten gehe es "exzellent".

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hingegen wich der Frage zu Putins Gesundheitszustand im italienischen Magazin "Zona Bianca" vor wenigen Wochen aus: "Fragen Sie doch die Staats- und Regierungschefs, die ihn in letzter Zeit gesehen haben", sagte er.

Das Investigativmedium "Proekt" verweist in seinem Bericht auch auf die Geschichte der Verschleierung gesundheitlicher Probleme Putins. So sei der Präsident 2012 vom Pferd gefallen. Wenig später sei der Kremlchef bei einer Veranstaltung mit einem humpelnden Bein gesehen worden. Die Verbreitung von Videos des Auftritts sollte unterbunden werden, lediglich Fotos von dem Termin sollten öffentlich gemacht werden. Dies scheiterte jedoch:

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Putin selbst gab 2021 in einem Interview zu, beim Training einmal vom Pferd gefallen zu sein. "Das Pferd hielt vor einer Absperrung an und ich machte buchstäblich einen Purzelbaum", sagte er der russischen Nachrichtenagentur Tass. Wann sich der Vorfall ereignete, sagte er jedoch nicht. Mehreren Berichten zufolge soll Putin aufgrund seines Hobbys außerdem Rückenprobleme haben, die nicht näher definiert wurden. Mindestens zweimal soll Putin sich einer Operation oder einem anderen schwerwiegenden Eingriff an der Wirbelsäule unterzogen haben, berichtete "Proekt".

Das Investigativnetzwerk erwähnt in seinem Bericht zudem Phasen, in denen Putin zeitweise von der Bildfläche verschwand:

  • Im November 2012 soll der Kreml zeitweise alle Geschäftsreisen und Veranstaltungen Putins abgesagt haben. Manche Treffen seien im Vorhinein aufgezeichnet worden.
  • Im März 2015 soll Putin zehn Tage nicht gesehen worden sein, alle Treffen sollen vorher aufgezeichnet worden sein.
  • Im November 2016 sei Putin eine Woche von der Bildfläche verschwunden. Elf Ärzte seien aus Moskau nach Sotschi gereist, darunter eine Gruppe aus Neurochirurgen, eine Krankenschwester und ein Physiotherapeut.
  • Im August 2017 soll der Kreml eine Woche lang voraufgezeichnete Aufnahmen des Präsidenten veröffentlicht haben.
  • Im Februar 2018 sagte Putin dem Bericht zufolge Veranstaltungen an drei Tagen ab, laut des Kremlsprechers wegen einer Erkältung.
  • Im September 2021 soll Putin sich als Corona-Vorsichtsmaßnahme zwei Wochen in Selbstisolation begeben haben.

Putins fragwürdige Methoden

"Proekt" berichtet außerdem davon, dass Putin auf fragwürdige Verfahren zurückgreife, die seiner Gesundheit dienen sollen. Demnach bade der Präsident im Blut von Hirschgeweihen, die den Tieren bei lebendigem Leibe abgehackt würden. Die "Geweihbäder" seien eine alternative Therapie in der russischen Region Altai, die an Kasachstan und die Mongolei grenzt.

Demnach sollten die Bäder das Herz-Kreislauf-System verbessern und die Haut verjüngen, berichtete "Proekt". "Tierschützer vergleichen die Erfahrung der Tiere mit der Folter, die das Ziehen der Fingernägel eines Menschen darstellt", so die Journalisten. Verteidigungsminister Shoigu habe Putin auf die Bäder gebracht. Für die Wirkung des Geweihblutes gebe es allerdings keine wissenschaftlichen Beweise.

Auf Reisen werde der Kremlchef dem Bericht zufolge seit 2016 immer von mindestens fünf Ärzten begleitet. 2019 seien es durchschnittlich sogar neun gewesen. Zu der Gefolgschaft gehörten demnach unter anderem Putins Tochter Maria Woronzowa, die Medizin an der Moskauer Staatsuniversität studiert hat, sein Cousin und Chirurg Jewgeni Putin sowie Dimitri Werbow, einst am Moskauer Zentralkrankenhaus angestellt und inzwischen Leiter für medizinische Angelegenheiten am Kreml.

Welcher Arzt den Kremlherrscher aber wie behandelt, bleibt das wohl am besten gehütete Geheimnis Russlands.

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