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Bundestagswahl 2017: Schulz´ größte Fehler im TV-Duell


Experten-Analyse
Schulz´ größte Fehler im TV-Duell

dpa, t-online, Stefan Rook

Aktualisiert am 04.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Martin Schulz konnte im TV-Duell mit Angela Merkel nicht entscheidend punkten.Vergrößern des BildesMartin Schulz konnte im TV-Duell mit Angela Merkel nicht entscheidend punkten. (Quelle: dpa-bilder)
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Angespannt wirken beide. Jedenfalls am Anfang. Angela Merkel atmet tief durch, sie bemüht sich zu lächeln, presst aber die Lippen aufeinander. Martin Schulz nimmt schon einmal sein Schlusswort vorweg. Am Ende hat Schulz das TV-Duell verloren. Umfragen von ARD und ZDF sehen Merkel klar vorne. Was hat Schulz falsch gemacht?

Es war wohl die letzte Chance für Martin Schulz im Wahlkampf deutlich Boden auf Angela Merkel gutzumachen. Gelungen ist ihm das nicht, die Kanzlerin ging als Siegerin aus dem Duell hervor. In den Blitzumfragen, die ARD und ZDF kurz nach dem Duell veröffentlichen, hat die Kanzlerin gewonnen. Nach ARD-Zahlen liegt die CDU-Vorsitzende mit 55 zu 35 Prozent vorne. Im ZDF geht sie mit einem 32:29 nach Hause. Schulz sind einige Fehler unterlaufen, ist sich Politik- und Kommunikationsberater Richard Schütze sicher: "Schulz hat den Fehler gemacht, dass er auf Augenhöhe mit Merkel kommen wollte. Für den Wähler stellt sich dann aber die Frage: Warum wähle ich nicht das Original?"

Merkel betreibt durchgängige Deeskalationsstrategie

Merkel dagegen blieb sich im TV-Duell treu. Sie argumentierte detailgenau und wehrte sich gegen zugespitzte Positionen, "nur weil wir im Wahlkampf meinen, uns übertreffen zu müssen". Schläferte sie die Nation ein, ist sie die "All-inclusive-Kanzlerin" der Beliebigkeit? Schütze meint: "Frau Merkel hat ihre abgewogene Linie durchgehalten und eine durchgängige Deeskalationsstrategie betrieben. Sie hat sich nicht provozieren lassen und Schulz‘ Fehdehandschuh nicht aufgenommen."

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Der Sozialdemokrat – hellblauer Anzug mit blauer Krawatte – fordert kämpferisch "klare Kante" und bezieht sie auch. Er fordert den sofortigen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen, weil das die einzige Sprache sei, die der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verstehe. Das sei, so Schütze, ein Versuch gewesen "mit Slogans wie 'jetzt ist Schluss' und 'in der Türkei findet ein Gegenputsch statt' zu emotionalisieren. Diese Slogans haben aber nicht wirklich gezogen“.

Merkel, die noch nie für einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union war, mahnt zur Besonnenheit. Das könne nicht Deutschland allein, sondern müsse die gesamte EU entscheiden. Außerdem sei noch am Freitag Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ihrer Meinung gewesen - damit legt sie den Finger in die Wunde, wer denn bei den Genossen das Sagen hat?

"Ironie funktioniert nicht in der Debatte"

Zwischendurch verspottet Schulz Merkels Zusicherung, es werde keine Rente mit 70 geben. "Frau Merkel à la bonheur! Ganz toll!", ruft er und hält der CDU-Chefin indirekt vor, zu lügen. Sie habe vor vier Jahren ja auch die Maut verneint und dann sei diese doch beschlossen worden. Hier hat Schulz einen rhetorischen Fehler begangen, ist sich Schütze sicher: "Bei diesen Diskussionen kann man nicht mit hintergründigem Humor kommen. Ironie funktioniert nicht in der Debatte. Das versteht das Publikum nicht."

Einmal verliert Schulz ziemlich den Faden. Gehört der Islam zu Deutschland? Er sucht nach Worten. Um sich zu retten, sagt er ein Zitat auf, das er sich eigentlich für seine Schlussansprache aufheben wollte, wie er hervorpresst. "Jenseits von richtig oder falsch, gibt es einen Ort, an dem treffen wir uns", zitiert Schulz einen schiitischen Philosophen. Man dürfe nicht eine ganze Religion verhaften für die terroristischen Taten einer kleinen Minderheit.

Soziale Gerechtigkeit wird zum "Rohrkrepierer" für Schulz

Rund 45 Minuten lang – die Hälfte der Debattenzeit – wurde über Außenpolitik gesprochen. Schulz hat jedoch überhaupt kein Amt, außer den Parteivorsitz. Schütze meint: "Kaum ein deutscher Wahlkampf ist so von der Außenpolitik dominiert worden." Schulz´ Stärke ist jedoch eine andere so Schütze: "Sein Thema ist soziale Gerechtigkeit und darum ging es nur wenige Minuten in der Debatte. Das Thema konnte er nicht auswalzen." Schütze geht noch weiter: "Das ganze Thema soziale Gerechtigkeit war der Rohrkrepierer für Schulz. Merkel musste immer nur sagen: Danke, das machen wir auch schon."

Für die berühmten letzten Worte an die Zuschauer hat er eine Minute. In 60 Sekunden verdiene eine Krankenschwester weniger als 40 Cent, ein Manager aber 30 Euro. Schulz versucht noch einmal bei seinem Kernthema der sozialen Gerechtigkeit zu punkten. Viel sei in Bewegung. Deutschland brauche den Mut zum Aufbruch. Man müsse Zukunft gestalten und nicht Vergangenheit verwalten, ein Hieb gegen die Dauerkanzlerin. "Ich bitte Sie um Vertrauen", sagt Schulz, da sind 60 Sekunden schon rum.

"Mutti macht das schon"

Merkel sprach vor vier Jahren mit treuem Augenaufschlag ihren inzwischen legendären Satz "Sie kennen mich" in die Kamera. Diesmal sagt sie, dass sie für und mit den Bürgern gemeinsam arbeiten will. Dann kommt ihr seit der Flüchtlingskrise berühmt-berüchtigter "Wir-schaffen-das-Satz": "Ich glaube, dass wir das gemeinsam schaffen können." Und dann: "Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend." Damit übernimmt sie ganz zum Schluss die Regie und beendet noch vor den Moderatoren das Duell. Ein cleverer Schachzug von Merkel meint Schütze: "Sie sagt ‚Gute Nacht‘, Sie können schlafen gehen, Mutti macht das schon."

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