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SPD-Desaster: Neuanfang ohne Rücktritte? Eine Farce


Neuanfang mit Schulz?
Nach dem SPD-Wahldesaster muss es Rücktritte geben

Meinungt-online, Patrick Diekmann

Aktualisiert am 26.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Der unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verlässt im Willy-Brandt-Haus die Bühne. Einen Rücktritt schließt der SPD-Chef bislang auf.Vergrößern des BildesDer unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verlässt im Willy-Brandt-Haus die Bühne. Einen Rücktritt schließt der SPD-Chef bislang auf. (Quelle: dpa-bilder)
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Nach der Bundestagswahl diskutiert Deutschland über das starke Abschneiden der AfD und über eine mögliche "Jamaika-Koalition". Der rasante Niedergang der ehemaligen Volkspartei SPD und ihr enttäuschend schlechtes Ergebnis werden eher beiläufig zur Kenntnis genommen. SPD-Chef Schulz will einen Neuanfang in der Opposition, ohne personelle Veränderungen an der Spitze. Dies ist eine Farce.

Ein Kommentar von Patrick Diekmann

Die Sozialdemokratie in Deutschland steht vor einem Trümmerhaufen. Nach den Niederlagen bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, hat die SPD bei der Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis seit 1949 eingefahren. Spitzenkandidat und ehemaliger Hoffnungsträger Martin Schulz bekam noch weniger Stimmenanteile als Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier bei den zwei Wahlen zuvor. Im Willy-Brandt-Haus herrscht Katerstimmung. Aber noch am Wahlabend geht Schulz in die Offensive. Die SPD werde in die Opposition gehen, weil im Bundestag eine Oppositionspartei stärker sein müsse als die AfD. Die SPD wolle die Demokratie stabilisieren.

Verlust des Markenkerns

Diese Begründung ist unglaubwürdig, denn der Gang der SPD in die Opposition ist ein rein strategisches Manöver, das der Selbsterhaltung dient. Trotzdem ist es richtig, denn die Partei braucht einen Neuanfang. SPD-Chef Schulz hat dies erkannt, scheut sich aber vor den notwendigen Konsequenzen. Bevor es zu inhaltlichen Veränderungen kommen kann, müssen Politiker an der Spitze der SPD stehen, die diese Inhalte glaubwürdig vertreten können.

Die Sozialdemokratie setzte im Wahlkampf auf das Thema "soziale Gerechtigkeit". Dies war erfolglos, weil die Partei ihren Markenkern verloren hat. Linksdenkende junge Menschen und Akademiker finden ihre Heimat immer weniger in der SPD, sondern wählen vermehrt Grüne oder Linke. Das Profil einer Mitte-links-Partei ist nicht mehr zu erkennen – zu schwer wiegen das Erbe der HartzIV-Politik und der damit verbundene Vertrauensverlust. Die Berufung von Andrea Nahles zur Fraktionsvorsitzenden ist kein Neuanfang, sondern vermittelt der Bevölkerung das Bild des Postengeschachers unter Spitzenpolitikern.

Dabei ist die Situation für die Partei bedrohlich. Ohne ihren Markenkern droht die SPD weiter zu schrumpfen. Die Sozialisten in Frankreich sind ein mahnendes Vorbild für den Niedergang einer ehemaligen Volkspartei. Doch wie kann die Partei den Absturz stoppen? Zunächst muss erkannt werden, dass SPD und Union sich für die Bevölkerung deutlicher unterscheiden müssen, indem sie unterschiedliche Politik vertreten. Diese Erkenntnis hätten die Sozialdemokraten aber schon nach der Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 haben können. Steinmeier verlor damals krachend gegen Merkel, und die SPD musste Schwarz-Gelb die Regierungsarbeit überlassen. Für einen Neuanfang gingen die Sozialdemokraten in die Opposition, ohne personelle Neuaufstellung. Aus diesem Fehler hat die Partei bis heute nicht gelernt.

Schicksalswahl in Niedersachsen

Die jetzige Angriffslust von Schulz auf Merkel ist lediglich eine Vorwärtsverteidigung. Die SPD möchte gar nicht erst in die Verlegenheit kommen, Personaldebatten führen zu müssen. Jetzt diskutiert man darüber, ob die Ablehnung der Sondierungsgespräche mit der Union verantwortungslos gegenüber dem Land ist. Dieses Ablenkungsmanöver ist falsch und wird die Partei noch mehr in Existenznöte bringen. Gerade nach so einem Wahljahr und so vielen Niederlagen müssen auch Personaldebatten geführt werden.

Mit Inhalten wie Mindestlohn oder Mietpreisbremse hat die SPD ihr Profil geschärft. Aber es wird immer noch versäumt, diesem Profil mit einem personellen Neuanfang Ausdruck und Glaubwürdigkeit zu verleihen. Für die Menschen in Deutschland ist das Thema soziale Gerechtigkeit immer noch wichtig, aber viele Menschen fühlen sich gegenwärtig politisch heimatlos. Die SPD hat das Potential, wieder die Heimat für diese Wähler zu werden, aber dafür braucht es größere Veränderungen, personell und inhaltlich.

Die bevorstehende Landtagswahl in Niedersachsen könnte das Katastrophenjahr für die SPD komplettieren. Sollte sie auch hier die Regierung an die CDU abtreten müssen, ist das ein erneuter Appell an die Partei, endlich sichtbare Veränderungen herbeizuführen. Geht Niedersachsen verloren, ist es Zeit für Rücktritte.

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