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Jamaika-Aus bei "Anne Will": "Dieses Geschacher ist schlecht für Deutschland"


Jamaika-Aus bei "Anne Will"
"Dieses Geschacher ist schlecht für Deutschland"

t-online, David Heisig

27.11.2017Lesedauer: 4 Min.
Fordert ein Ende des "Geschachers": NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).Vergrößern des BildesFordert ein Ende des "Geschachers": NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). (Quelle: Dietmar Gust/NDR/dpa-bilder)
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Minderheitsregierung, Jamaika-Neustart oder Große Koalition? Anne Will wollte mit ihrer Talkrunde über die Ziele für den Regierungszug sprechen. Die Diskutanten wollten aber lieber im Kreis fahren.

Die Gäste

  • Katrin Göring-Eckardt (B‘90/Die Grünen), Vorsitzende der Bundestagsfraktion
  • Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen
  • Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident in Niedersachsen
  • Ulrich Battis, Staatsrechtler

Das Thema

So hatte sich das Will nicht vorgestellt: In der letzten Sendung noch fest mit der Jamaika-Hochzeit rechnen und in der aktuellen nun erst einmal Polterabend mit Scherbenhaufen feiern – sogar mit unklarer Besetzung für Braut und Bräutigam. Die Ex CDU will Weil für seine SPD nicht so einfach zurücknehmen. Laschet konterte, "dieses Geschacher ist schlecht für Deutschland", für Europa. Als Stichwort fiel der Brexit. Es brauche eine stabile Lage. Will hakte sofort ein: Doch wieder eine Große Koalition? Er habe von vielen in der Union diese Einschätzung gehört, so Laschet. Ob die Union sich das mit der Kooperationsbereitschaft der Sozialdemokraten nicht zu einfach vorstelle, stichelte Will weiter.

Kern der Diskussion

Laschet lavierte herum. Es sei nicht an der Zeit für Parteitaktik. Battis nahm Druck aus dem Kessel. Immerhin gebe es eine geschäftsführende Bundesregierung, somit keine Staatskrise, so der Staatsrechtler. Weil betonte das klare Votum der Wähler nach der Bundestagswahl. Die Oppositionsrolle müsse sein, um seine Partei zu erneuern. Das wolle die Basis. Es machte aber auch das Dilemma der Sozialdemokraten klar: Mitregieren ist nämlich nicht schlecht. Vor allem, wenn die Erklärung, warum man es nicht tun kann, einem trotz vehementen Insistierens die anderen nicht mehr abkaufen.

So musste Weil zugeben, dass auch er stabile Verhältnisse wolle, er sich eine Minderheitsregierung nicht vorstellen könne. Dann bliebe doch nur eine GroKo, konterte Will. Weil nannte es "Bedarf für Vereinbarungen". Ob so viel Taktierens konnte Battis nur den Kopf schütteln. "Eine Minderheitsregierung wäre die große Stunde des Parlaments", so der Jurist. Mehrheiten müsse man schon jetzt besorgen. Etwa bei Gesetzesinitiativen im Bundesrat.

Aufreger des Abends

Dennoch wollte Will von Laschet wissen, welche Erkenntnisse aus der Jamaika-Sondierung die Union in eventuelle Gespräche über eine Große Koalition mit nähme. Das Parteiprogramm sei Verhandlungsbasis. Weil schien sich daran irgendwie zu stören. Vor allem am Thema Flüchtlinge. Der Union müsse klar sein, dass die Seehofer-Flüchtlingsobergrenze mit der SPD nicht zu machen sei. Die Unionspläne seien verfassungswidrig. Laschet reagierte pikiert, Göring-Eckhardt schien ihm als Jamaika-Mitleidende irgendwie beispringen zu wollen.

Unklar blieb, auf was Laschet Bezug nahm. Das eigene Parteiprogramm oder die Jamaika-Ergebnisse. Es gelte Art. 16a Grundgesetz. Ein noch zu findendes Einwanderungsgesetz berechne dann die Grenze der Integrationsfähigkeit auf um die 200.000. Weil legte nach: Für ihn gelte das Grundrecht auf Asyl in Kombination mit einem geregelten System. Will wollte ihn nicht so einfach davon kommen lassen. Also wäre die SPD zu einer Begrenzung bereit, fragte sie. Weil wich aus.

Will-Momente

Will setzte in ihrer charmant-schelmischen Art manchen Stich. Etwa als sie Göring-Eckhardt in Anspielung auf deren Rede beim Grünen-Parteitag unter die Nase rieb, Bienen und Schmetterlinge hätten direkt einen Ansprechpartner in der Minderheitsregierung.

Sie reizte auch gut. Etwa als sie von Weil hören wollte, wie sein Parteichef Schulz von der immer höher wachsenden Anti-GroKo-Palme herunterkommen wolle, ohne dass die alte Tante SPD ihr Gesicht verliert. Weil konnte nur antworten, er säße "ja mit Gesicht" vor Will. Die Spontan-Entscheidung für die Opposition am Tag der Bundestagswahl ließ er an dieser Stelle dezent unter den Tisch fallen.

Will enttarnte in der Fragestellung an alle drei Politiker etwas, was der geneigte Beobachter schon länger befürchtet: Die Regierungsbildung dreht sich im Kreis. Vorangestellt sind Partei-Befindlichkeiten, man versucht – wie die Kanzlerin selbst betonte – irgendwelche losen Enden zusammenzubinden.

Höhepunkt der Sendung

Hatte man zu Beginn der Runde noch das Gefühl, es könne sich eine Diskussion mit einem Mehrwert entwickeln, wurde man spätestens mit Aufkochen der Flüchtlingsthematik eines Besseren belehrt. Als sollten die Sondierungen bei Will fortgeführt werden. Zum Glück für den Erkenntnisgewinn eines jeden, der sich die 60 Minuten anschaute, saß da noch Battis in der Runde.

Er kompensierte das aufgeregte Gackern mit ruhiger Erkenntnis, versuchte Alternativen aufzuzeigen. Und? Er brachte witzige Spitzen. Etwa mit dem Hinweis, der Bundespräsident solle "die ungezogenen Kinder" zur Regierungsbildung ermahnen. "Das ist jetzt alles ein bisschen grober Pinsel", kanzelte er Göring-Eckardt ab, als die das düstere Bild vom Rechtsruck im Bundestag malte und ihre Partei als "härteste Opposition ever" zu proklamieren versuchte.

Tiefpunkt und was bleibt

Leider schaffte es das Duo Will-Battis nicht, aus der Diskussion die Punkte zu extrahieren, deren Weiterspinnen zu neuen Erkenntnissen hätten führen können. Spannend wäre zum Beispiel das reibende Nachdenken gewesen, wie sich die Protagonisten, wenn es hart auf hart kommt, die Mehrheitsbeschaffung in der Minderheitsregierung vorstellen. Die Grüne, der Rote und der Schwarze wollten sich lieber im Kreis drehen. Mal im Ringelpietz-mit-Anfassen-Modus wie nah man sich doch im politischen Geiste ist. Mal im Fangenspielen mit Axt-Schwingen, warum die Haltung des anderen in die Politik-Hölle führt. Am Ende brachte Will doch noch was Zukunftsträchtiges: Ob Deutschland bis Jahresende eine Bundesregierung habe? Göring-Eckhardt war sich sicher, dass "wir Weihnachten am Jahresende haben".

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