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Neuer Millionen-Skandal im Verteidigungsministerium


Staatssekretäre umgehen Bundestag
Neuer Millionen-Skandal im Verteidigungsministerium

Matthias Gebauer, Spiegel Online

Aktualisiert am 20.02.2014Lesedauer: 3 Min.
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Ein unerschöpflicher Quell für Skandale und Affären: Der Eurofighter.Vergrößern des Bildes
Ein unerschöpflicher Quell für Skandale und Affären: Der Eurofighter. (Quelle: dpa-bilder)

Das Verteidigungsministerium hat wieder Ärger mit dem "Eurofighter": Ohne Zustimmung des Bundestags genehmigten zwei Staatssekretäre eine Zahlung von 55 Millionen Euro an die Industrie. Die Grünen sehen einen Bruch der Haushaltsregeln, Ministerin von der Leyen ist wütend.

Das Bundesverteidigungsministerium gerät wegen eines Rüstungsprojekts erneut in Erklärungsnot. Die Opposition erhebt schwere Vorwürfe gegen das Haus, weil das Ressort den zuständigen Ausschuss im Bundestag Ende 2013 nicht wie vorgeschrieben über die Freigabe von knapp 55 Millionen Euro für eine Ausgleichszahlung an die Industrie informiert und um die nötige Zustimmung gebeten hatte.

Tobias Lindner, Obmann im Haushaltsausschuss für die Grünen, warf den Verantwortlichen eine "bewusste Missachtung des Parlaments" vor. "Erneut hat das Ministerium eine millionenschwere Zahlung an die Rüstungsindustrie ohne Zustimmung des Bundestags vorgenommen", sagte Lindner Spiegel Online. "Das ist ein Bruch der Haushaltsregeln." Der Grünen-Politiker bemängelte, das Haus habe aus den Rüstungsskandalen nichts gelernt.

Hintergrund der Kritik ist eine millionenschwere Ausgleichszahlung an die Rüstungsschmiede MTU. Am vergangenen Freitag unterrichtete ein parlamentarischer Staatssekretär die Berichterstatter des Haushaltsausschusses nachträglich, dass man dem Hersteller von Flugzeugturbinen Ende Dezember knapp 55 Millionen Euro überwiesen hatte.

Seit dem "Euro Hawk"-Skandal hat sich kaum etwas gebessert

Grund für die Millionenzahlung ist die Verkleinerung der deutschen "Eurofighter"-Bestellung. Statt der zunächst geplanten 180 Kampfjets soll die Truppe nur noch 140 Flugzeuge bekommen, das war 2011 beschlossen worden. Der Industrie hatte man eine angemessene Entschädigung für das Eindampfen der Order zugesagt.

Die Zahlung an sich ist dabei unumstritten. Nach Verhandlungen mit MTU hatte die Bundeswehr sogar einen durchaus respektablen Kompromiss erzielt. Dem Turbinenhersteller entgeht durch die Verkleinerung ein Auftrag mit einem Volumen von rund 340 Millionen Euro, deswegen wollte man zunächst mehr als 100 Millionen Euro vom Verteidigungsministerium, ließ sich aber letztlich auf knapp 55 Millionen herunterhandeln.

Allerdings informierte das Ministerium entgegen der geltenden Regeln den Bundestag zunächst nicht über die Millionenzahlung an die Industrie. Laut den Haushaltsregeln muss das Ministerium jedoch jede Einzelausgabe von mehr als 25 Millionen Euro vom Haushaltsausschuss genehmigen lassen.

Der Verantwortliche ließ wenig Schuldbewusstsein erkennen. Das Parlament, so Staatssekretär Stéphane Beemelmans am Dienstag, habe er nicht informieren können, da der Ausschuss Mitte Dezember noch gar nicht eingesetzt war. Stattdessen wies er an, die Überweisung vorzunehmen, den Ausschuss aber erst nach seiner Konstituierung zu informieren und nachträglich um Zustimmung zu bitten.

Warum der extra für die lange Übergangszeit zwischen der Bundestagswahl und der Bildung der Großen Koalition eingesetzte Hauptausschuss nicht informiert wurde, blieb unklar. An diesem Mittwoch soll Staatssekretär Beemelmans erneut vor dem Haushaltsausschuss erscheinen. Offenbar war eine Motivation für die Hauruck-Aktion, dass man den günstigen Deal unbedingt noch 2013 abschließen wollte.

Die Details des Vorgangs werfen auch ein Schlaglicht auf die Zustände im Wehrressort, die sich offenbar seit dem "Euro Hawk"-Skandal kaum gebessert haben. So räumte Beemelmans ein, dass im Dezember auch die Hausleitung nicht über die Millionenzahlung informiert worden war.

"Stinksaure Ministerin"

Er und sein damaliger Staatssekretärskollege Rüdiger Wolf entschieden stattdessen am 17. und 18. Dezember allein - weder der amtierende Minister Thomas de Maizière noch seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen erfuhren von dem teuren Trostpflaster für MTU.

Die neue Ministerin, just am 17. Dezember als neue Chefin im Verteidigungsministerium vereidigt, ist wenig erfreut über das eigenmächtige Vorgehen. Nachdem von der Leyen in den letzten Tagen ausgewählte Koalitionspolitiker über den Vorgang in Kenntnis setzte, berichteten Teilnehmer der kleinen Runde vom Auftritt "einer stinksauren Ministerin".

Im Ministerium wollte man zu dem Vorfall zunächst nicht viel sagen, die Ausgleichszahlung an MTU wurde jedoch bestätigt. Wie es intern zu der Freigabe gekommen und warum die Hausleitung nicht eingebunden worden sei, solle nun in die laufenden Prüfungsprozess aller Rüstungsprojekte einfließen, hieß es.

Für Mittwochabend hat die Ministerin nach Angaben aus Koalitionskreisen alle Verantwortlichen aus ihrem Haus zu einem sogenannten Rüstungs-Board eingeladen. Bei einer Art Kassensturz sollen dann alle größeren Projekte der Bundeswehr inklusive der bestehenden Risiken und möglichen Mehrkosten durchgesprochen werden. Das Thema "Eurofighter" gehört zweifelsfrei zu dieser Liste der 15 Großbaustellen.

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