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SPD rebelliert gegen Gabriels Griechenland-Kurs


"So ein Wischi-Waschi"
SPD rebelliert gegen Gabriels Griechenland-Kurs

Tim Braune, dpa

Aktualisiert am 12.07.2015Lesedauer: 3 Min.
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Wird zum Buhmann an der Parteibasis: SPD-Chef Sigmar GabrielVergrößern des Bildes
Wird zum Buhmann an der Parteibasis: SPD-Chef Sigmar Gabriel (Quelle: imago-images-bilder)

Als Sigmar Gabriel sich gegen Mitternacht auf seiner Facebook-Seite zu Wort meldet und mitteilt, über Schäubles Idee eines "Grexit" auf Zeit durchaus im Bilde zu sein, gibt es kein Halten mehr.

Zornig schleudern viele der dortigen "Freunde" dem Parteichef und Vizekanzler entgegen, er verrate SPD-Ideale, trete leichtfertig das große sozialdemokratische Europa-Erbe mit Füßen, um als harter Hund in der Griechenland-Krise Punkte zu sammeln. (Übrigens: Hier geht's zum Griechenland-Blog )

"Bezieh' einmal eine Position für mehr als drei Tage"

Gabriels Ansatz, der wie Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) die Griechen zwar im Euro halten will, aber nicht um jeden Preis, kommt nicht gut an in seiner Partei. "So ein Wischi-Waschi hätten weder Bebel noch Brandt noch Schumacher je von sich gegeben. Bezieh' einmal eine Position für mehr als drei Tage oder trete zurück", schreibt einer in Gabriels Kommentarleiste.

"Grexit auf Zeit? Lieber Sigmar, so langsam machst du mir Angst! Sorry, das hat NICHTS mit sozialdemokratischer Haltung zu tun", schreibt ein anderer.

Alles nur üble Stimmungsmache aus dem Netz gegen den SPD-Vorsitzenden? Keineswegs.

Es hängt nicht nur an Griechenland

Bei den Sozialdemokraten ist in den vergangenen Wochen und Monaten bis hinauf in die Führung der Unmut über Gabriel angeschwollen. Seine zahlreichen Alleingänge haben den Bonus weitgehend aufgezehrt, den sich Gabriel durch seine Verhandlungsführung beim Schmieden der großen Koalition mit der Union erworben hatte. Von der Diskussion mit Pegida-Leuten Anfang des Jahres in Dresden über den Kurswechsel bei der Vorratsdatenspeicherung bis nun, zur harten Griechenland-Linie.

Ein Strategiepapier Gabriels, mit dem er die SPD stärker in die Mitte rücken will, wird von seinen Gegnern gleich zu einem Rechtsruck erklärt. Jetzt reiben sich selbst Spitzengenossen feixend die Hände, wenn an der Basis über "Mister Zickzack" gespottet wird. Gabriels Autorität ist angekratzt.

Mit vollem Einsatz hat sich öffentlich bisher nur Fraktionschef Thomas Oppermann für Gabriel ins Zeug gelegt. Den SPD-Konvent zur Vorratsdatenspeicherung gewann der Parteichef nur knapp mit weniger als 60 Prozent. Dafür musste er quasi die Vertrauensfrage stellen, was er nicht beliebig oft wiederholen kann.

Bei Griechenland wird nun deutlich, dass die SPD Gefahr läuft, in alte Muster zu verfallen und den eigenen Vorsitzenden anzuschießen. Wie soll das erst werden, wenn Gabriel als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf 2017 zieht? Bei jedem scharfen Ton Gabriels in Richtung Athen schreien die Parteilinken auf: Griechenland quasi für fünf Jahre aus dem Euro zu werfen, wenn Athen keinen Reformen zustimme? Das geht nicht, meint Juso-Chefin Johanna Uekermann: "Als Europa-Partei darf die SPD einen solchen Vorschlag nicht mittragen."

Union soll nicht allein vom Griechenland-Frust profitieren

Dabei hat Gabriel in der Sache gute Argumente auf seiner Seite. Würden die Euro-Partner dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras ohne Gegenleistung neue Milliarden überweisen, könnte dies die Glaubwürdigkeit der Währungsgemeinschaft auf Dauer kaputt machen.

Auch will Gabriel mit seiner strikten Haltung gegenüber Athen verhindern, dass allein die Union vom Athen-Frust unter den Wählern profitiert. Dass Gabriel als Vize-Kanzler über Schäubles "Grexit"-Pläne vorab informiert war, ist eine Selbstverständlichkeit.

Beschäftigung mit sich selbst

In der SPD sind sie nun sauer auf Schäuble, der Gabriel mit dem "Grexit"-Vorstoß plump habe in Mithaftung nehmen wollen. So habe Gabriel das Papier zwar gekannt, zugestimmt habe er der Idee von fünf Jahren Euro-Pause für Athen aber keineswegs, versucht sein Umfeld, den Unmut in den eigenen Reihen zu dämpfen. Der Ärger über Schäuble könnte Gabriel helfen, die SPD-Reihen wieder stärker zu schließen.

Anfang kommender Woche gibt es erstmal eine kurze Berliner Auszeit für den Parteichef - von Montag bis Mittwochabend pflegt er in China Wirtschaftskontakte. Die ursprünglich auf fünf Tage angesetzte Reise wurde verkürzt - damit Gabriel für eine mögliche Griechenland-Sondersitzung des Bundestages am Donnerstag rechtzeitig wieder in der Hauptstadt wäre.

Während Griechenland und Europa in einer historischen Stunde in eine ungewisse Zukunft schauen, beschäftigen sich Teile der SPD mit sich selbst. Jemand aus der Parteispitze erinnert den eigenen Laden am Sonntag daran, dass der wahre politische Gegner doch nicht Sigmar Gabriel heiße - sondern Angela Merkel.

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