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Hochwasser wird heftiger und häufiger: Die Gefahr hat zugenommen


Wintereinbruch während Hochwasser
"Da hat ein Mensch keine große Überlebenschance"

InterviewVon Amir Selim

Aktualisiert am 08.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Hochwasser: Klimaexperte warnt vor Wintereinbruch. (Quelle: t-online)

Das Hochwasser hält Deutschland weiterhin auf Trab. Nun könnte der Wintereinbruch die Situation erschweren, sagt der frühere THW-Präsident Albrecht Broemme.

Erst sehr viel Regen, nun auch noch Kälte und Schnee: Die Hochwasserlage bleibt angespannt. Die aktuellen Ereignisse lesen Sie hier. Das macht die Situation für die Helfer nicht einfacher, sagt Katastrophenschutz-Experte Albrecht Broemme. Doch nicht nur das ist ein Problem, erklärt er im Interview.

t-online: Wie beeinflusst der Wintereinbruch die Hochwasserlage?

Albrecht Broemme: Das hängt davon ab, wie viel Schnee fällt. Wenn der Schnee abtaut, führt das zu einem weiteren Hochwasseranstieg. Selbst wenn es weniger regnet. Für die Helfer ist es viel anstrengender, bei Kälte zu arbeiten. Dann nützen auch die dicksten Handschuhe und die wärmsten Klamotten nichts. Man fängt an zu frieren und braucht warme Getränke wie Tee, Kaffee oder Suppen. Das sind für mich die wichtigsten Aspekte, die bei Kälte eine Rolle spielen, von den Betroffenen ganz zu schweigen. Ob zum Beispiel die Heizung noch funktioniert. Das ist alles nicht berechenbar, unangenehm und schwierig.

Können die Gewässer durch die Kälte gefrieren?

Die Kälte ist nicht tief und lang genug. Die Überflutungen sind nur zum Teil stehendes Gewässer, aber auch relativ stark fließendes Gewässer. Da ist ein Zufrieren de facto nicht möglich.

Albrecht Broemme: Er kritisiert die fehlende Erfahrung im Hochwasserschutz.
Albrecht Broemme: Er kritisiert die fehlende Erfahrung im Hochwasserschutz. (Quelle: privat)

Zur Person

Albrecht Broemme (70) ist seit 1970 haupt- und ehrenamtlich im Katastrophenschutz tätig. Er war ab Mitte 1992 Leiter der Berliner Feuerwehr und von April 2006 bis Ende 2019 Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Seit Juli 2018 ist er ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit (ZOES).

Wird die Glätte die Arbeiten und die Hilfen erschweren?

Das kann natürlich kommen. Da muss man noch besser aufpassen, nicht ins Wasser zu rutschen. Bei so einer Kälte hat ein Mensch keine große Überlebenschance, wenn er nicht gleich wieder rausgezogen wird. Ich kann nur hoffen, dass jeder das weiß.

Wie schätzen Sie die allgemeine Hochwasserlage in Deutschland ein?

Dieses Hochwasser ist nicht durch wahnsinnig schnell ansteigende Pegelstände gekennzeichnet, ebenso nicht durch besonders hohe Pegelstände, sondern durch langanhaltende, relativ hohe Pegelstände. Die Böden sind befeuchtet und können im Moment kaum noch Regen aufnehmen. Die Deiche sind durchweicht und können vermutlich nicht mehr zwei, drei Tage lang einem großen Druck standhalten. Dann ist Schluss.

Heißt das für Sie, dass sich die Lage noch weiter verschlimmert?

Ich rechne mit dem ein oder anderen Deichbruch, der sich sehr schnell vergrößern kann. Wenn ein Deich erst mal so eine Sickerstelle hat, die man nicht gleich in den Griff bekommt, dann wird das sehr schnell ein großes Loch. Das haben wir schon oft genug erlebt und deswegen ist es auch wichtig und richtig, dass vorsorglich einige Menschen die Häuser verlassen mussten, um nicht im Notfall nachts mit dem Hubschrauber evakuiert werden zu müssen.

Ist Deutschland beim Hochwasser gut ausgestattet?

Die Ausstattung bei den anerkannten Hilfsorganisationen einschließlich Feuerwehr und Technischem Hilfswerk ist gut. Die Vorbereitung der zuständigen Stellen ist zum Teil schlecht. Der Zustand der Deiche ist an einigen Stellen bedenklich. Interessanterweise hat man in Ostdeutschland nach den dortigen Fluten in den letzten zehn Jahren viel in die Deiche investiert. Das hat man an anderer Stelle offensichtlich nicht gemacht. Und das rächt sich jetzt natürlich. Was sich auch rächt, ist die fehlende Erfahrung im Umgang mit so weichen Deichen.

Worauf führen Sie diese fehlende Erfahrung zurück?

Das ist das übliche Thema der Hochwasserdemenz. Man hat in manchen Regionen lange kein Hochwasser gehabt. Woanders gibt es die Erfahrung. Das THW hat auch international Erfahrung. Aber das zählt ja alles nicht. Jeder muss immer seine Erfahrung selbst machen. Darüber bin ich mehr als enttäuscht.

Herr Broemme, vielen Dank für dieses Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Albrecht Broemme
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