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Vatikan: Malteser ziehen gegen den Papst Franziskus ins Feld


Macht, Intrigen und Kondome
Malteser ziehen gegen den Papst ins Feld

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 13.01.2017Lesedauer: 3 Min.
Robert Matthew Festing, Großmeister der Malteser, bei einer privaten Audienz im Vatikan mit Papst Franziskus.Vergrößern des BildesRobert Matthew Festing, Großmeister der Malteser, bei einer privaten Audienz im Vatikan mit Papst Franziskus. (Quelle: dpa-bilder)
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Es klingt wie der Plot eines neuen Dan-Brown-Thrillers: Ein tausend Jahre alter Orden ist in Aufruhr. Es geht um Kondome, Intrigen, einen rebellischen deutschen Adeligen und um den Kampf konservativer Kräfte gegen die progressiven Ideen des Kirchenoberhaupts.

Gehorsam wird bei den Maltesern groß geschrieben. Rebellion duldet der katholische Ritterorden nicht. Doch was derzeit in der Führungsetage los ist, ist für den Orden mit seiner fast tausendjährigen Geschichte und seinen weltweiten Hilfsorganisationen ein Skandal. Der Streit hat sogar seinen Weg bis zu Papst Franziskus gefunden - dessen konservative Gegner versuchen offenbar, sich auch mit Hilfe der Führungsspitze des Ordens in Stellung zu bringen.

Deutscher verteilt Kondome - und wird entlassen

Der Aufruhr nahm seinen Anfang mit der Entlassung des Großkanzlers der Malteser, dem Deutschen Albrecht von Boeselager. Der hatte seit 2014 das Amt inne, das einem Außenminister entspricht. Boeselager wurde offenbar unter anderem ein jahrelang zurückliegender Kondomstreit zum Verhängnis. Die Hilfsorganisation des Ordens - der sich als eine der ältesten Institutionen der christlichen Zivilisation nennt - hatte in Myanmar Kondome verteilt, obwohl die katholische Kirche Verhütungsmittel ablehnt. Offenbar zuviel Revolte für den konservativen Orden.

Im Dezember wurde Boeselager des Amtes enthoben - seitdem kämpft er erbittert gegen seine Entlassung. Der deutsche Adelige will sich nicht als Galionsfigur der Kondomverteiler sehen. Es sei "absurd" anzunehmen, dass er sich gegen die Sexual- und Familienlehre der Kirche stelle, heißt es in einem Schreiben Boeselagers. Viele halte es allerdings für ausgemachten Unsinn, dass der Kondomstreit der wirkliche Grund für die Entlassung war.

Malteser verweigern Zusammenarbeit mit dem Vatikan

Fest steht, dass ordentlich Zündstoff in der Sache liegt. Der oberste Chef der Malteser, Großmeister Robert Matthew Festing, macht aus seiner Empörung über Boeselager keinen Hehl. Es sei für "jedes Mitglied des Ordens eine Schande", sich gegen das Kommando des Großmeisters zu stellen, hieß es in einer Erklärung. Doch der Deutsche gibt nicht auf. Diese Woche wurde bekannt, dass er bei einem Ordenstribunal Widerspruch gegen die Entlassung eingelegt hat.

Um die Sache "friedlich" zu regeln, so der Vatikan, und um die wahren Hintergründe der Entlassung zu erfahren, hat der Papst sogar eine Untersuchungskommission eingesetzt. Das aber ließ die Lage eskalieren. In einer Mitteilung des Ordens heißt es: Angesichts der "rechtlichen Irrelevanz" der Kommission habe der souveräne Orden beschlossen, nicht mit ihr zusammenzuarbeiten. Die Führung eines katholischen Ordens zieht offen gegen den Papst ins Feld: Für Beobachter ein unerhörter Vorgang.

Papst-Gegner Burke mischt kräftig mit

Der Streit steht nicht zuletzt für die immer stärker werdende Opposition gegen Franziskus und dessen Modernisierungskurs. Denn in die Debatte ist der konservative US-Kardinal Raymond Burke verstrickt, einer der heftigsten Kritiker von Franziskus und zugleich Kardinalpatron für die Malteser. Er soll bei der Entlassung von Boeselagers dabei gewesen sein und eine gewisse Rolle gespielt haben. Im Vatikan zirkuliert die Vermutung, dass er ein Interesse daran habe, den Orden gegen Franziskus zu positionieren.

Dass Burke kein Freund des Papstes ist, ist bekannt. Franziskus hatte den Amerikaner 2014 vom wichtigen Amt des Leiters des obersten Gerichtshofs entfernt. "Um andernorts weniger Schaden anzurichten", wie es in Vatikankreisen heißt. Burke gehört neben den deutschen Kardinälen Joachim Meisner und Walter Brandmüller und dem Italiener Carlo Caffarra auch zu jenen vier Kardinälen, die im vergangenen Jahr einen offenen Brief an Franziskus geschrieben hatten, um vom Oberhaupt der Katholiken mehr Aufklärung über dessen Familienschreiben "Amoris Laetitia" zu verlangen.

In "Amoris Laetitia" schreibt der Papst ungewohnt offen über menschliche Sexualität und Erotik, die "keineswegs als ein geduldetes Übel oder als eine Last" verstanden werden dürften. Zudem fordert er von seiner Kirche mehr Respekt gegenüber Homosexuellen, wenngleich er eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen mit der Ehe ablehnt.

Der offene Brief war als noch nie da gewesener Affront gegen den Pontifex gewertet worden. Mit dem Streit im Malteserorden ist der Aufruhr im Vatikan nun um ein Kapitel reicher.

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