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Profiler zur Polizeigewalt in USA: Es steckt nicht immer Rassismus dahinter


Tödlicher Polizei-Rassismus in den USA?
Deutscher Profiler: "Aus meiner Sicht täuscht der Eindruck"

ckr, t-online.de

Aktualisiert am 12.07.2016Lesedauer: 4 Min.
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Vergangenen Freitag in Baton Rouge: Polizisten haben einen schwarzen Verdächtigen nieder gerungen - und erschießen ihn kurz darauf.Vergrößern des Bildes
Vergangenen Freitag in Baton Rouge: Polizisten haben einen schwarzen Verdächtigen nieder gerungen - und erschießen ihn kurz darauf. (Quelle: dpa-bilder)

Gerade haben uns erneut Handyvideos aus den USA schockiert, in denen Schwarze aus scheinbar nichtigem oder gar keinem Anlass von der Polizei erschossen werden. Auch die Zahlen (siehe Grafik) scheinen eine klare Sprache zu sprechen: Die US-Polizei geht rassistisch gegen Schwarze vor.

Herr Gallwitz, US-Polizisten scheinen Schwarze unter dem kleinsten Vorwand zu erschießen. Stimmt das so oder täuscht dieser Eindruck?

Aus meiner Sicht täuscht der Eindruck. Man muss natürlich auch schauen, wie groß die Beteiligung an Straftaten ist oder die Auffälligkeit gegenüber der Polizei. Dann muss man schauen, ob es wirklich so ist, dass Menschen, die auffällig werden je nach Hautfarbe unterschiedlich behandelt werden.

Sie sagen, Sie werden nicht unterschiedlich behandelt?

Ich habe nicht den Eindruck, dass es systematische Zahlen gibt. Ich habe eher den Eindruck, dass es Auffälligkeiten gibt, wenn man die Kaukasier (Weiße, Anm.), die Hispanics und die Schwarzen nimmt. Wenn eine Gruppe davon häufiger auffällig ist oder unter dem Verdacht steht, häufiger Straftaten zu begehen, dann ist klar, dass diese Gruppe auch mehr Polizeikontakte hat.

Die Zahlen gibt es aber: über ein Viertel derer, die die Polizei erschießt, sind Schwarze – bei einem Bevölkerungsanteil von 13 Prozent.

Sie haben aber keine Zahlen, wie sich der Anfangsverdacht auf eine Straftat nach Hauptfarben aufteilt. Das ist das, was ich meine.

Auf einem Video vom vergangenen Jahr schießt ein Polizist einem fliehenden Verdächtigen in den Rücken und tötet ihn damit. Das scheint oft vorzukommen.

Ich gehe davon aus, dass so etwas auf der ganzen Welt schon mal vorgekommen ist. Nur gab es da niemanden in der Nähe, der das aufgezeichnet hat. Das ist sicher nicht akzeptabel. Aber nur, weil es in den USA Körperkameras bei Polizisten und Handykameras allgegenwärtig sind, heißt das nicht, dass es nur ein Problem dieses Landes ist.


(Mehr interessante Grafiken gibt es bei Statista.com)

Kameras gibt es überall. Auch in Deutschland beispielsweise.

Ja, das sehen wir ja bei Unfällen auf der Autobahn, wenn Schwerverletzte gefilmt werden.

Es gibt also auch woanders viele Kameras. Trotzdem hat man beispielsweise in Europa nicht das Gefühl, dass ganz besonders eine Minderheit von tödlicher Polizeigewalt betroffen ist.

Gut, aber wenn sie die Autonomen Linken nehmen, beispielsweise gestern bei den Auseinandersetzungen in Berlin, kenne ich keine solchen Aufnahmen.

Mit anderen Worten: Sie sehen kein Rassismus-Problem in der amerikanischen Polizei?

Es gibt mit Sicherheit ein Rassismusproblem – wahrscheinlich gibt es das weltweit. In manchen Ländern ist es stärker, in anderen schwächer. Aber ich wehre mich dagegen, nur nach den Verletzungen zu urteilen – und nicht auch nach dem Tatverdachtsaufkommen.

Gibt es in den USA nicht eine viel höhere Gewaltbereitschaft – auch von Seiten der Polizei?

Es gibt dort sicher Gegenden, wo sich Polizisten Sorgen machen, wenn sie auf Streife gehen müssen. Die Angst ist natürlich höher, weil dort viel mehr Waffen im Umlauf sind. Da ist die Schwelle, Waffen einzusetzen niedriger - sowohl bei den „Guten“, als auch bei den „Bösen“.

Sie selbst haben in Texas mit US-Polizisten zusammengearbeitet. Wie stehen die zum hohen Waffenaufkommen in ihrem Land?

Ich habe mit der Landespolizei in Texas zusammengearbeitet. Da gibt es das Problem überall: Schon bei Autofahrern aber auch bei allen anderen, weiß man nie, ob nicht plötzlich eine Waffe zum Vorschein kommt.

Wie stehen Polizisten zu dieser hohen Verteilung von Waffen?

Das ist eben Teil des Preises aus der Entstehung der Vereinigten Staaten, wo man für seine eigene Sicherheit sorgen musste.

Klar, aber wie ist es heute – der Unabhängigkeitskampf und die Indianerkriege sind ja nun vorbei.

In vielen Landesteilen gibt es Gebiete, wo die Polizei Stunden braucht, um vor Ort zu sein. Das heißt, wenn es in Ihrer Gegend im Umkreis von 50 Kilometern keine Polizeidienststelle gibt, dann wären Sie wahrscheinlich sehr enttäuscht, wenn man Ihnen das Recht nehmen würde, sich selbst zu verteidigen. In den meisten Bundesstaaten muss man seine Waffen ja mittlerweile registrieren lassen. Das eigentliche Problem sind aber die illegalen Waffen.

Wenn wir uns die Polizistenmorde von Dallas ansehen: Würden Sie aus der Sicht des Profilers sagen, das war ein besonderer Täter, oder könnte es viele von dieser Sorte geben?

Nach dem wenigen, was wir wissen, war das ein psychisch kranker Einzeltäter. Ob der vor seinem Militäreinsatz schon psychisch krank war, kann man bisher noch nicht sagen. Er war natürlich zufällig schwarz und hat sich zum Ziel gesetzt, weiße Polizeioffiziere zu bekämpfen. Aber seine psychische Erkrankung spielt eine deutliche Rolle.

Ist es vorstellbar, dass so etwas in Zukunft öfter vorkommt?

So etwas kommt in verschiedenen Straftaten-Bereichen hin und wieder vor. Es ist aber extrem selten – ähnlich wie bei Amokläufen. Natürlich gibt es immer die Gefahr, dass es zu einer Destabilisierung von Menschen kommt, die randständig gesund oder krank sind. Und ein winziger Teil davon hat Zugang zu Waffen. Das, was in den Medien berichtet wird, beunruhigt natürlich viele. Aber wir sprechen hier letztlich von einem homöopathisch kleinen Bereich.

Die Fragen stellte Christian Kreutzer

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