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Russland kündigt Getreide-Abkommen auf – Litauen fordert Kriegsschiffe


Russland kündigt Abkommen auf
Litauen fordert Militärschutz für ukrainische Getreideschiffe

Von dpa, afp, reuters, jro

Aktualisiert am 30.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Angriff auf Schwarzmeerflotte: Diese Bilder sollen von den Drohnen selbst stammen. (Quelle: t-online)
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Nach Angriffen auf russische Schiffe auf der Krim kündigt Moskau das Getreideabkommen. Litauen schlägt vor, Kriegsschiffe als Begleitschutz zu schicken.

Der litauische Außenminister Gabrielus Ladsbergis hat militärische Begleitung für ukrainische Getreidetransporte gefordert. Zuvor hatte Russland ein Abkommen aufgekündigt, das Getreideexporte sicherstellen sollte. "Verhandlungen mit Russland funktionieren nicht. Putin bricht Vereinbarungen und erpresst uns alle. Wenn er weiterhin die Getreideexporte der Ukraine gefährdet, muss sich die freie Welt zusammenschließen, um die Schifffahrt mit Militäreskorten zu schützen. Lassen Sie uns die Erpressung umgehen", schrieb Landsbergis in der Nacht auf Sonntag auf Twitter.

Bei Drohnenangriffen auf der annektierten Halbinsel Krim ist nach russischen Angaben ein Kriegsschiff der Schwarzmeerflotte getroffen worden. Das Minenräumschiff "Iwan Golubez" und auch Anlagen in einer Bucht seien leicht beschädigt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Samstag mit.

Als Reaktion auf die Angriffe kündigte Russland am Samstagnachmittag das Abkommen zum Transport von ukrainischem Getreide einseitig auf, am Abend hat es die Vereinten Nationen darüber informiert. Grund seien die "Terroranschläge" in Sewastopol, so das Verteidigungsministerium. Ziel der Drohnenangriffe waren nach Angaben Moskaus auch Schiffe, die beim Schutz der Getreide-Konvois im Einsatz gewesen seien.

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Die ukrainische Regierung wies die russische Darstellung scharf zurück. Russland habe Angriffe auf eigene Einrichtungen erfunden. Der ukrainische Präsidentenberater Andrij Jermak sprach von "fingierten Terrorattacken".

Großbritannien weist Anschuldigungen zurück

Die Angriffe in Sewastopol seien unter Anleitung britischer Spezialisten in der Ukraine erfolgt, behauptete das Ministerium weiter. Diese Einheiten seien auch für die Anschläge auf die Ostsee-Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 im September verantwortlich, hieß es weiter – ebenfalls ohne dafür Beweise vorzulegen.

Die Regierung in London wies die Vorwürfe empört zurück. "Um von ihrem katastrophalen Umgang mit der illegalen Invasion in der Ukraine abzulenken, greift das russische Verteidigungsministerium auf die Verbreitung falscher Behauptungen epischen Ausmaßes zurück", erklärte das britische Verteidigungsministerium über Twitter. "Diese erfundene Geschichte sagt mehr über Streitigkeiten innerhalb der russischen Regierung aus als über den Westen."

Ohne eine Verbindung zu den Vorkommnissen auf der Krim zu ziehen, erklärte der russische Agrarminister Dmitri Patruschew ebenfalls am Samstag, sein Land sei bereit, arme Länder in den kommenden vier Monaten mit insgesamt 500.000 Tonnen Getreide zu versorgen. "In Anbetracht der diesjährigen Ernte ist die Russische Föderation vollumfänglich bereit, ukrainisches Getreide zu ersetzen und mit erschwinglichen Preisen alle daran interessierten Länder zu beliefern", sagte Patruschew.

Kiew verurteilt Entscheidung

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Entscheidung Moskaus kritisiert. Russland blockiere unter einem Vorwand die Transporte, "die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen bedeuten", schrieb Kuleba am Samstagabend auf Twitter. "Ich rufe alle Staaten auf, zu fordern, dass Russland seine "Hunger Games" stoppt und sich wieder an seine Verpflichtungen hält."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert eine scharfe Reaktion der Vereinten Nationen (UN) und der G20-Staaten. Russland verursache mit diesem Schritt Hungersnöte in Afrika, dem Nahen Osten und Südasien, sagt Selenskyj in einer Videobotschaft. Die rotierende Präsidentschaft der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) hat gegenwärtig Indonesien inne. Neben mehreren westlichen Ländern gehören unter anderem auch Russland und China der Gruppe an.

US-Präsident Joe Biden verurteilt den von Russland erklärte Rückzug aus dem Getreideabkommen. Der Schritt sei empörend, sagt Biden zu Journalisten.

UN: "Wir stehen mit den russischen Behörden in Kontakt"

Die UN erklärte in einer ersten Reaktion, dass sie trotz der von Russland verkündeten Aussetzung an dem Abkommen festhalten wolle. Man habe die Berichte wahrgenommen, aber die Hoffnung auf ein Fortbestehen des Deals noch nicht aufgegeben, erklärte ein UN-Sprecher am Samstag in New York.

"Wir stehen mit den russischen Behörden in dieser Sache in Kontakt", hieß es weiter. "Es ist unerlässlich, dass alle Seiten jegliche Handlungen unterlassen, die das Getreideabkommen gefährden, das eine entscheidende humanitäre Anstrengung ist, die eindeutig einen positiven Einfluss auf den Zugang zu Lebensmitteln für Millionen von Menschen weltweit hat."

Die Ukraine gehört ebenso wie Russland zu den weltweit größten Getreide-Exporteuren. Wegen des russischen Angriffskrieges waren monatelang alle Getreide-Exporte der Ukraine aus ihren Schwarzmeer-Häfen blockiert, was zu einer globalen Lebensmittelkrise beigetragen hat. Im Juli hatte Russland den Getreideausfuhren unter Vermittlung der UN und der Türkei zugestimmt. Im Gegenzug wurden Moskau Erleichterungen für die eigene Ausfuhr von Dünge- und Lebensmitteln zugesichert. Das Abkommen war bis zum 18. November befristet – zuletzt hatte sich die UN nach Gesprächen in Moskau optimistisch über eine mögliche Verlängerung geäußert.

Russland drohte schon seit Wochen mit einem möglichen Stopp des Getreidedeals, durch den seit Sommer wieder ukrainische Lebensmittel auf den Weltmarkt kommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beklagte bereits in den vergangenen Tagen, dass Russland die Durchfahrt der mit Getreide beladenen Schiffe blockiere. Er betonte die Bedeutung dieser Lieferungen für die Bekämpfung des Hungers in der Welt.
Obwohl der Krieg die Exporte weiter behindere, habe die Ukraine seit dem Inkrafttreten des Getreideabkommens fast acht Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Seeweg ausgeführt, hatte Selenskyj unlängst gesagt. 60 Prozent der Menge seien nach Afrika und Asien gegangen.

Wichtiger Stützpunkt der Schwarzmeerflotte getroffen

Zu dem Angriff auf der Krim erklärte das russische Ministerium: "Heute Morgen um 4.20 Uhr ist vom Kiewer Regime ein Terroranschlag auf die Schiffe der Schwarzmeerflotte verübt worden." Insgesamt hätten 16 Drohnen Sewastopol angegriffen, die meisten seien aber abgefangen worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Kiew äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten.

Die Ukraine hat immer wieder erklärt, die von Russland seit 2014 besetzte Krim zurückerobern zu wollen. Die Stadt Sewastopol auf der Halbinsel ist für Moskau wichtig als Basis der Schwarzmeerflotte. Immer wieder wird die Halbinsel auch von Explosionen erschüttert, für die Russland die Ukraine verantwortlich macht. Kiew schweigt dazu meist.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • twitter.com: Tweet von Landsbergis
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