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Russland sperrt Verweigerer in Gefängnisse: "Erschießen euch und werfen euch in Massengrab"


Verweigerer in der russischen Armee
"Wir erschießen euch und werfen euch in ein Massengrab"

Von t-online, mk

Aktualisiert am 14.11.2022Lesedauer: 3 Min.
imago images 193739110Vergrößern des BildesRussische Reservisten in Kaliningrad: Deserteure müssen offenbar mit harten Strafen rechnen. (Symbolbild) (Quelle: IMAGO/Vitaly Nevar)
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Die russische Armee unterhält offenbar ein Netz aus illegalen Geheimgefängnissen für Deserteure. Angehörige berichten über unmenschliche Zustände.

Eigentlich dürften sie gar nicht an der Front eingesetzt werden, aber die Rechte der frisch mobilisierten Soldaten interessieren die russische Armee offenbar kaum. Die Männer werden als "Kanonenfutter" gegen ukrainische Stellungen geschickt, oft ohne richtige Ausbildung und Bewaffnung. Und wer sich gegen diese Behandlung wehrt, landet mit anderen Verweigerern in dunklen Kellerverliesen, wie das unabhängige russische Portal "Astra" aufgedeckt hat.

Schon Ende Oktober berichtete "Astra" über mobilisierte Soldaten im besetzten Donbass, die von ihren eigenen Kommandeuren gefangen gehalten würden, weil sie sich geweigert hätten zu kämpfen. Nun wird berichtet, dass die russische Armee im Osten der Ukraine ein regelrechtes Netzwerk aus Kellergefängnissen für eigene Soldaten errichtet hat. "Astra" konnte nach eigenen Angaben 7 Verliese und 60 Gefangene identifizieren, geht allerdings von weiteren Inhaftierten aus. Allein 43 mobilisierte Soldaten sollen im Ort Sajzewe in der Region Luhansk gefangen gehalten werden.

"Sie wurden zum Sterben dorthin geschickt"

Aus Gesprächen mit Angehörigen hat "Astra" das Schicksal der Männer rekonstruiert. Ihre Einheit soll am 20. Oktober an die hart umkämpfte Front zwischen Swatowe und Kreminna in Luhansk geschickt worden sein. Dort hätten ihre Kommandeure die Männer verlassen, ohne Nahrung und Wasser, ohne Munition oder Kommunikationsmittel. "Sie aßen, was sie fanden, und tranken aus Pfützen", berichtet der Sohn von einem der Männer "Astra". "Nichts wurde ihnen geschickt, sie wurden dort einfach zum Sterben hingeschickt."

Die ukrainische Artillerie habe die Stellung der Russen schwer unter Beschuss genommen und viele von ihnen getötet oder verwundet. Am 28. Oktober habe sich der Rest der Einheit zu Fuß auf den Weg in das 60 Kilometer entfernte, von den Russen gehaltene Starobilsk gemacht. Dort seien die Männer in einen Bus gestiegen, den ihre Verwandten angemietet hätten, um sie zurück nach Russland zu bringen.

"Das ist die Vernichtung unserer Männer"

Am Grenzübergang Tschertkowo in Russland seien sie jedoch aufgehalten und in zwei Autos mit der Aufschrift "Büro des Militärkommandanten" zurück nach Starobilsk gefahren worden, wo sie die Nacht ohne jede Versorgung in einem Hangar verbracht hätten, schreibt "Astra". Am 3. November seien sie ohne weitere Erklärung nach Sajzewe gebracht worden, wo sie von bewaffneten Polizisten mit Warnschüssen in Empfang genommen worden seien. "Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten", zitiert "Astra" den Sohn eines der Männer. "Sie gehen entweder in den Tod oder ins Gefängnis. Das ist die Vernichtung unserer Männer, nicht einmal durch den Feind, sondern durch unsere eigenen Offiziere!" Seit dem 3. November habe der Mann nichts mehr von seinem Vater gehört.

Wie es den Männern seither ergangen sein könnte, zeigt ein "Astra"-Bericht über eine andere Gruppe von Gefangenen. Nach Angaben von Verwandten soll es sich um 81 Männer handeln. Diese seien zunächst in einem Keller in Perewalsk nahe der Regionalhauptstadt Luhansk eingesperrt und dann an einen unbekannten Ort gebracht worden. "Die meisten der illegal festgehaltenen Männer wurden getäuscht, bedroht und unter Folter in das neue Lager für Verweigerer gebracht, deren Standort unbekannt ist", berichtete das Portal am 5. November unter Berufung auf die Angehörigen.

"Sie werden als Verräter beschimpft"

"Mein Mann und 80 andere sitzen in diesem Keller", zitiert der Bericht die Ehefrau eines der Männer. "Sie werden geschlagen und bekommen kaum etwas zu essen. Sie mussten sich nackt ausziehen und ihre Handys abgeben, aber einer konnte sein Telefon irgendwie behalten. Sie sollen als Kanonenfutter an die Front geschickt werden, aber sie weigern sich." Mehrere andere Angehörige berichten von einer Drohung des Kommandeurs gegen die Gefangenen: "Wir erschießen euch, werfen euch in ein Massengrab und erzählen euren Verwandten, dass ihr vermisst würdet."

Von Geheimgefängnissen für Verweigerer berichtet auch das unabhängige russische Portal "The Insider". 21 mobilisierte Soldaten würden in einem Keller im Dorf Zavitne Bazhannya in der Region Donezk festgehalten, schreibt das Portal unter Berufung auf Frauen und Mütter der Männer. Trotz wiederholter Ansprachen durch Vorgesetzte würden die Männer den Einsatz an der Front verweigern. Die Frauen eines der Gefangenen erzählt demnach, sie habe seit dem 4. November keinen Kontakt mehr zu ihrem Mann.

"Sie bekommen keine Hygieneartikel und niemand sagt ihnen, warum sie überhaupt festgehalten werden", zitiert "The Insider" die Frau. "Sie werden als Verräter beschimpft und mit Hinrichtung bedroht. Wir haben uns schon an die Behörden gewandt und Anzeigen erstattet, aber von den Strafverfolgungsbehörden kam keinerlei Reaktion."

Verwendete Quellen
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