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Drohnenangriffe auf den Kreml: Das könnte einer Schlüsselfigur den Job kosten


Drohnen-Attacke auf den Kreml
Das könnte eine Schlüsselfigur den Job kosten

  • David Schafbuch
Von David Schafbuch

Aktualisiert am 04.05.2023Lesedauer: 4 Min.
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Angriff auf den Kreml? Videos sollen die Drohnenattacke zeigen. (Quelle: t-online)

Hat die Ukraine einen Anschlag auf Wladimir Putin geplant? Noch sind viele Fragen offen. Doch besonders ein Putin-Vertrauter steht nun schlecht da.

Es ist nur eine kurze Meldung mit fünf Absätzen. Doch sie sorgten nicht nur in Russland für Aufsehen: Am Mittwochnachmittag teilte der Kreml mit, dass es einen Angriff von zwei Drohnen auf die Residenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin gab. Verantwortlich machte die Vertretung des Präsidenten die Ukraine.

Doch wie genau soll der Angriff abgelaufen sein – und ist ein solcher Anschlag durch die Ukraine realistisch? t-online gibt die wichtigsten Antworten:

Was wirft Russland der Ukraine konkret vor?

Am Mittwochnachmittag veröffentlichte der Kreml eine Mitteilung über den angeblichen Anschlag: Das "Kiewer Regime" habe in der Nacht versucht, die Kreml-Residenz von Wladimir Putin anzugreifen.

Der angebliche Angriff soll dabei von zwei Drohnen ausgeführt worden sein. Die russische Flugabwehr soll sie allerdings zum Absturz gebracht haben. Moskau wertete den Vorfall als ein geplantes Attentat auf den Präsidenten und sprach von einem "Terroranschlag". Es gebe allerdings keine Opfer oder erkennbare Schäden. Der Kreml behalte sich zudem vor, Vergeltungsmaßnahmen auszuführen. Der Vorfall ereignete sich kurz vor den Feierlichkeiten am 9. Mai, an dem Russland traditionell den Sieg der Sowjetunion über Deutschland im Zweiten Weltkrieg feiert.

Putin selbst soll sich allerdings laut seinem Sprecher Dmitri Peskow nicht im Kreml aufgehalten haben, sondern in seinem Anwesen Nowo-Ogarjowo, das sich im Westen vor den Toren der Hauptstadt befindet. Im Netz kursieren auch mehrere Videos, die den mutmaßlichen Angriff zeigen sollen.

Auf den Aufnahmen ist auch zu sehen, dass vor der Explosion sich auf dem Kuppeldach zwei Personen aufhalten sollen. Unabhängig überprüfen ließen sich alle genannten Angaben nicht. Als Reaktion verhängte der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin ein Verbot von Drohnenflügen in Moskau.

Video | Video soll Drohnen über Kreml zeigen
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Quelle: t-online

Die Ukraine wies jegliche Verantwortung von sich. "Wir greifen weder Putin noch Moskau an, wir kämpfen auf dem eigenen Territorium und verteidigen unsere Dörfer und Städte", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Moskau denke sich so etwas aus, da Russland den vor etwas mehr als 14 Monaten begonnenen Krieg gegen die Ukraine bereits verloren habe. Der Kreml versuche so, seine Soldaten für den Krieg gegen Kiew zu motivieren.

In einer ersten Reaktion der USA teilte US-Außenminister Antony Blinken mit, man könne den Angriff nicht bestätigen. "Wir wissen es einfach nicht", sagte Blinken der US-Zeitung "Washington Post."

Was ist über das Gebäude aus den Videos bekannt?

Die Kuppel, die auf den Videos zu sehen ist, gehört zum russischen Senatspalast. Es ist die offizielle Residenz des russischen Präsidenten, in der Vergangenheit war es auch die Residenz von Lenin. In dem Gebäude befindet sich heute etwa Putins Büro, das Sitzungsgebäude des nationalen Sicherheitsrats oder die Bibliothek des Präsidenten.

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Putin empfängt dort auch internationale Gäste: In dem Palast befindet sich der Raum mit dem mittlerweile berühmten langen Tisch, an dem vor Beginn der russischen Invasion auch Bundeskanzler Olaf Scholz saß.

Ist die Ukraine zu einem solchen Anschlag fähig?

Grundsätzlich gab es seit der russischen Invasion in der Ukraine schon mehrere Vorfälle auf russischem Boden: Die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation "Armed Conflict Location & Event Data Project" (ACLED), die die "Frankfurt Allgemeine Zeitung" kürzlich zitierte, listete seit dem 21. April 2022 insgesamt 602 solcher "Ereignisse". Mehr dazu lesen Sie hier.

Hauptsächlich betroffen sind allerdings Regionen, die sich im ukrainischen Grenzgebiet befinden. In Brjansk, Kursk und Belgorod werden immer wieder Angriffe vermeldet. Dort brannte etwa schon kurz nach Kriegsbeginn ein großes Öllager.

Allerdings gibt es auch Vorfälle, die weiter im russischen Inland passierten und mutmaßlich auf das Konto der Ukraine gehen könnten: Ende Dezember meldete die russische Armee einen Drohnenangriff auf den Militärflugplatz Engels-2, der hunderte Kilometer östlich der Ukraine liegt. Die Ukraine kommentiert die Vorfälle allerdings in der Regel nicht.

Ob die Ukraine Drohnen besitzt, die über solch große Reichweiten Angriffe durchführen kann, ist unklar. Offiziell ist die Armee etwa in Besitz der türkischen Kampfdrohne Bayraktar TB-2. Die besitzt allerdings eine maximale Reichweite von 300 Kilometern. Das reicht nicht aus, um aus dem äußersten ukrainischen Grenzgebiet etwa Moskau zu erreichen.

Hätte die russische Flugabwehr die Drohnen nicht schon früher bemerken müssen?

Bekannt ist jedenfalls, dass der Kreml mit zahlreichen Systemen geschützt wird, auch durch Luftabwehr. Moskau sei von Radarsystemen und Luftabwehrraketen umgeben, schreibt der Historiker und Russlandexperte Mark Galeotti zu den Vorfällen im britischen "Spectator." Im Umfeld des Kreml soll sogenanntes "GPS-Spoofing" genutzt werden, wodurch Navigationssysteme verrückt spielen und nicht mehr den exakten Standort angeben können. Außerdem besitze der Sicherheitsdienst dort Systeme, die Kommandosignale von Drohnen stören können.

In Januar wurde zudem berichtet, dass die Flugabwehr in Moskau verstärkt wurde. Der britische Guardian hatte etwa im Januar darüber berichtet, dass neue Flugabwehrsysteme auf den Dächern über der Hauptstadt gesichtet wurden. Es soll sich dabei um das System Panzir handeln, dass etwa auf kurzer und mittlerer Distanz Flugzeuge, Hubschrauber oder Marschflugkörper abfangen kann. Russische Medien berichteten zusätzlich davon, dass in der Hauptstadt auch die Langstreckenraketen S-400 installiert wurden.

"In erster Linie hat der Vorfall die Schwäche der russischen Luftverteidigung demonstriert", kommentierte der russische Politologe Abbas Galjamow das Geschehen. Deshalb glaube er nicht an eine so genannte "False-Flag"-Aktion, die der Kreml selbst inszeniert habe. Wenn überhaupt, dann könne es sich seiner Einschätzung nach höchstens um eine Inszenierung durch russische Hardliner handeln, die Putin so überzeugen wollten, der Ukraine nun offiziell den Krieg zu erklären. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew reagiert auf den Vorfall damit, dass jetzt keine andere Möglichkeit gebe, als die "physische Eliminierung" des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Ähnlich wie Galjamow sieht es Russlandexperte Galeotti und zieht Parallelen zum Flug von Mathias Rust: Der Deutsche war 1987 ungehindert mit einem Flugzeug in der Nähe des Kreml gelandet. Im Anschluss wurden zahlreiche Posten beim Militär ausgetauscht. "Möglicherweise wird dies zur Entlassung von Verteidigungsminister Sergej Schoigu führen", mutmaßt Galeotti.

Verwendete Quellen
  • kremlin.ru: "Сообщение пресс-службы Президента" (russisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • baykartech.com: "Bayraktar TB2" (englisch)
  • theguardian.com: "Defensive missile systems erected on Moscow rooftops" (englisch)
  • spectator.co.uk: "What’s the truth about the Kremlin drone attack?" (englisch)
  • foreingpolicy.com: "Russia Is Tricking GPS to Protect Putin" (englisch)
  • moscow.org: "СЕНАТ" (russisch)
  • tours.kremlin.ru: Digitale Führung durch den Senatspalast
  • twitter.com: "Tweet von @Podolyak_M" (englisch)
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